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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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Tisch. Er sprach ein mächtig gutes Englisch mit tief brummender Bassstimme, aber in seiner Frage schwang eine gewisse Respektlosigkeit mit.
    Ich wurde deshalb arg nervös und begann, lauter Unsinn zu erzählen. «Ja, Signore, Engländerinnen lieben es zu backen. Habt Ihr noch nie von ihrer exzentrischen Art gehört? Denkt Euch, die besten Damen unseres Landes vertreiben sich damit die Zeit.»
    Er hob die Nase und schnupperte. «Ich fürchte, Ihr lasst gerade den Kuchen verbrennen, Mylady. Ich werde ihn für Euch retten.»
    Und ehe ich überhaupt zum Ofen gelangen konnte, war er schon da, nahm ein Geschirrtuch und zog meine erste Feigenpastete aus dem Ofen. Sie hatte rundum an der gekräuselten Kruste etwas Feuer gefangen, aber der Geruch war würzig wie der heiße Tropenwind auf Jamaika.
    «Ich finde das gar nicht ungewöhnlich», sagte er und stellte meinen bescheidenen Kuchen so vorsichtig auf den Tisch, als handle es sich um die Kronjuwelen. «Insbesondere, da Ihr ja Engländerin seid.» Dann sah er hastig auf und erwiderte meinen Blick. «Also, ich finde, Ihr backt schon recht anständig. Das hier könnte man im Dorf auf dem Markt bestimmt für ein paar Münzen verkaufen.»
    Ein paar Münzen? Da war wieder dieser Aufschneider. Ich hatte ganz vergessen, was für ein aufgeblasener Kürbiskopf er war.
    «Auf einem Wochenmarkt vielleicht. Aber ich könnte nie eine so gute Köchin werden wie Ihr, nicht wahr, Signore? Habt Ihr nicht gesagt, die Engländer lassen ihr Essen immer anbrennen?»
    Er besaß zumindest so viel Anstand, beschämt zu Boden zu schauen. «Vielleicht versteht Ihr nicht, was ich sagen will. Dieses Talent, es sollte … nun, man sollte es fördern. Es passiert nur selten, dass eine Engländerin so viel Geschick zeigt. Ihr müsst schon zugeben, dass die Engländer keine Ahnung von gutem Essen haben. Ich würde mich sogar geehrt fühlen, wenn Ihr mir das Rezept gebt.»
    Dieser Schlingel! Ich hatte nicht vergessen, wie zugeknöpft er war, wenn man seine Rezepte wollte. «Aber
Signore
», ahmte ich ihn spöttisch nach. «Der größte Schatz einer Lady sind ihre Geheimnisse.»
    Dieses Mal wurde er arg rot, von den schwarzen Locken bis zum Hals, der in seinem gestärkten Hemd verschwand.
    «Mylady.» Er neigte den Kopf und sah sehr bedröppelt aus. Das tat mir nun wieder leid, denn er war nur auf den Befehl des Conte hergekommen.
    «Es ist nur eine einfache Pastete, die wir zur Fastenzeit mit unseren Müttern teilen», sagte ich. «Aber mit der Kruste bin ich sehr zufrieden.» Ich brach ein Stück ab und steckte den heißen Happen in den Mund. Weil der Kuchen fast verkohlt war, besaß er eine knusprige Kruste. Ich nickte ihm auffordernd zu, und er nahm auch einen Bissen.
    «Das schmeckt gut. Der heiße Zucker schmeckt wie … Karamell? Ist so das richtige Wort? Darf ich Euch im Gegenzug eine italienische Methode zeigen?»
    Ich nickte. Er warf den blauen Mantel über einen Stuhl und begann, einen Teig mit Fingern zu kneten, die für einen Mann seiner Größe sehr zart waren. Er machte dann Folgendes: einen Batzen Teig nehmen, zum Quadrat ausrollen und in feine Streifen schneiden, diese gitterförmig zu einem zarten Muster auslegen. Darin wickelte er nun Feigen ein, was für alle Welt aussah, als hätte man eine Frucht in ein Kirchenfenster aus Pastetenteig gewickelt.
    «Eingesperrte Feigen.» Er lächelte und pinselte sie mit Hilfe einer Feder mit Eiweiß ein, ehe er sie in den Ofen schob.
    «Ihr habt wirklich Talent», gab ich widerstrebend zu.
    «Ich denke mir immer aus, wie man die Speisen schön anrichten kann. Daheim habe ich eine kleine Maschine zum Zuschneiden des Teigs. Es ist ein … wie sagt man, ein Roller? Ein Teigrädchen? Mit Zähnen, die den Teig im Zickzack zerschneiden.»
    «Das ist ja klug», bewunderte ich ihn. «Ich habe mir auch schon so manche Vorrichtung überlegt, die das Kochen vereinfachen könnte.»
    «Erzählt mir davon.»
    Ich stützte die Hände in die Hüften und zählte die ersten Dinge der langen Liste meiner Erfindungen auf. «Überlegt doch nur beim Rühren, Signor Renzo. Die Menschheit setzt Wind und Wasser ein, um große Mühlsteine zu bewegen. Trotzdem müssen Köche noch ihre schwache Körperkraft aufbringen, um Kuchenteig Stunde um Stunde zu kneten. In England können Töpfer ihre Töpferwaren bei bestimmten Temperaturen im Brennofen glasieren. Aber unsere Küchenöfen stoßen nur heiße oder kalte Luft aus, je nachdem, wie feucht das Reisig ist.»
    Signor Renzo

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