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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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einen anderen Koch zu belügen. Ich spürte, dass er mich mochte, aber das war ja kein Wunder, schließlich glaubte er, ich sei reich und weit über ihn gestellt. Darum starrte er mich an, als wäre ich vom Jahrmarkt entlaufen. Die Wahrheit war, dass ich es bis auf die Knochen leid war, Lady Carinna zu spielen. Es bekümmerte mich, dass Signor Renzo vielleicht nie mich, die einfache Biddy Leigh, kennenlernen würde.
     
    Am folgenden Samstag schmückte und kleidete Jesmire mich wieder und nutzte dabei jede Gelegenheit, an meinen Haaren zu ziehen und mich mit Nadeln zu piken. Danach wurde ich zum Gemach meiner Herrin geführt, um das Ergebnis zu präsentieren.
    «Ah, das goldene Brokatkleid mit der violetten Spitze», sagte Mylady zwischen einzelnen Gähnern. Ich hob meine raschelnden Röcke hoch und bemühte mich, recht erfreut zu wirken, weil ich dieses Bild von einem Pariser Kleid tragen durfte. Wir sind alle Gottes Kinder, sagte man doch immer, aber Seide machte einen Unterschied, und ich bildete da keine Ausnahme. Im Spiegel sah ich wie eine Modekönigin aus. Die Taille eng geschnürt und die Röcke gerafft und gerüscht. Meine Herrin hatte das Kleid noch nie getragen; die ganze Zeit lang hatte es nur auf der hölzernen Schneiderpuppe in der Mitte ihres Gemachs gehangen.
    «Es muss sehr unterhaltsam sein, ständig auf Vergnügungsfahrt zu gehen», sagte sie. Vergnügungsfahrt? Was glaubte sie, wer die Böden schrubbte und die Mahlzeiten zubereitete und die Laken wusch, auf denen sie schlief? Ich erinnerte sie daran, dass der Conte, bitte schön, ein grapschender Greis war und ich den Großteil des Abends damit verbringen würde, ihm auf die Finger zu hauen. Das zauberte endlich ein Lächeln auf ihre rissigen Lippen.
    Ich nahm all meinen Mut zusammen und erklärte ihr, der Conte habe mich gebeten, die Rose von Mawton zu tragen.
    «Die Rose? Woher zum Teufel weiß er überhaupt davon? Ach, vermutlich hat mein Onkel ihm davon vorgeschwärmt.» Sie runzelte die Stirn, aber ihr fiel wohl nichts ein, das dagegen sprach. «Also gut. Du findest sie in der Blumenschatulle. Viel ist nicht mehr übrig, nachdem Pars einen Großteil der Juwelen in Verwahrung genommen hat.»
    Ich schüttelte den Kopf. «Das kann doch nicht richtig sein, Mylady? Es sind Eure Juwelen.»
    «Man kann’s dem kleinlichen Pars wohl nicht verdenken, wenn er auf den Geschmack gekommen ist.»
    «Er ist mächtig komisch geworden in letzter Zeit», sagte ich. In der Schatulle war wenig anderes außer dem Rubin.
    «Wann war der noch nicht komisch?», spöttelte sie, als ich den Juwel an der Kette hochhob, damit sie ihn sehen konnte. Beim Funkeln seines roten Feuers wandte sie den Blick ab. Schweren Herzens legte ich den Edelstein an, der so drückend wie ein Strick in Newgate um meinen Hals hing.
    «Ja, aber Mylady! Gestern erst hat er Mr. Loveday ohne Grund mit dem Stock verprügelt.»
    «Vielleicht hat Loveday es ja verdient», sagte sie. «Er schleicht sich oft davon, wenn er eigentlich vor meiner Tür wachen soll.» Als sie weitersprach, erkannte ich, dass sie andere Sorgen hatte. «Ich glaube, du bist zum Conte sehr entgegenkommend gewesen. Es ist an der Zeit, ihn zu bitten, den Gefallen zu erwidern.»
    Daher weht der Wind, dachte ich. «Zum Beispiel, Mylady?»
    «Er weiß von deiner Dienerin, die in … einer Verlegenheit ist. Biddy, die Wahrheit ist, dass ich jemanden brauche, der das Kind zu sich nimmt, bis ich zurückkomme. Jemand Gutes und Diskretes. Du verstehst bestimmt, warum ich es nicht mit heimnehmen kann? Wenn du also wieder von deiner Zuneigung zu … Biddy sprichst, könntest du ihn um Rat fragen.»
    Sie sah sehr elend aus. Feuchte Strähnen klebten an ihrer Stirn, und ich fragte mich, wann Jesmire ihr zuletzt die Haare frisiert hatte. Die Wahrheit war, dass ich für sie so ziemlich alles getan hätte.
    «Das werde ich, Mylady.»
    «Je näher meine Stunde kommt», vertraute sie mir an, «umso schwerer fällt mir die Vorstellung, das Baby im Stich zu lassen. Manchmal träume ich davon, hier zu bleiben und das Kind aufwachsen zu sehen. Dann frage ich mich wieder, ob eine sofortige Abreise nicht besser ist. Das alles quält mich …»
    Wenn sie mich so anflehte, wusste ich beim besten Willen nicht, was ich sagen sollte.
    «Und dann ist mir wieder so schlecht, dass ich mich gar nicht all dem stellen kann.»
    Ich musste langsam los, obwohl es mir schwerfiel, sie so traurig zurückzulassen. Sie starrte ins Leere und kaute auf ihren blutigen

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