Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
Vom Netzwerk:
Jäger unterwegs einnahmen. Nachdem Renzo zwei fette junge Enten aus seinem Vorrat ausgesucht hatte, briet er sie über dem Feuer am Spieß. Dann kochte er buttrigen Reis, den er mit den gefleckten Scheiben des Trüffels bedeckte, der so kräftig schmeckte wie aus Gottes eigenem Garten.
    «Kommt, setzt Euch zu mir», bettelte ich, weil ich nicht wollte, dass er mir aufwartete. Also saßen wir gemeinsam unter dem Wein, während ich jeden Bissen genoss und die raffinierten Geschmäcker erriet. «Wilder Knoblauch?», fragte ich, und er hob erstaunt die Brauen. «Und etwas anderes, Kräuteriges», fügte ich hinzu. «Salbei?»
    «Für eine Frau habt Ihr einen erstaunlichen Geschmackssinn.»
    Für eine Frau, soso! Spielerisch versuchte ich, ihn mit dem Messer zu piken. Es war so angenehm, unser
pique-nique
zu verspeisen und den roten Wein zu trinken, den sie in dieser Gegend so stark machten, dass sie ihn schwarz oder
nero
nannten. Ich bat ihn, mir von sich zu erzählen, und zwischen einem Gericht aus wilden Kräutern, frittierten Kastanien und Rosinenkuchen erzählte Signor Renzo mir, er sei in der Stadt geboren und habe als Junge bei einem Pastetenbäcker angefangen. Schon bald entdeckte er, dass von genialen Händen hergestelltes Essen die Menschen glücklich und freigebig machte. Ich erzählte ihm vom
Schatzbuch der Köchin
, das mich ständig auf meiner Reise begleitete. «Es ist die Quintessenz – dieses französische Wort habe ich in Paris gelernt – von dem, was Ihr vorhin sagtet. Alle Rezepte wurden seit etwa hundert Jahren gesammelt und sorgfältig aufgeschrieben. Das Buch ist mein größter Schatz.» Wir redeten über neue Rezeptsammlungen, und er lobte Monsieur Gilliers Werk
Französische Zuckerbäckerkunst
, das für ihn wie eine Bibel sei. «Es erklärt so viele Geheimnisse des Zuckers. Dank dieses Buchs habe ich gelernt, Zuckerwerk zu formen, das wie Kristall aussieht.» Dann stand er plötzlich auf und streckte seine Hand nach mir aus. «Genug geredet. Kommt mit.»
    Er führte mich weiter. Die ganze Zeit ruhte seine Hand auf meiner, bis wir einen rasch dahinströmenden Bergbach erreichten, der munter den Hügel hinabfloss. Signor Renzo zog an einem Seil und holte einen zinnernen Kessel aus dem Wasser, der mich verblüffte. Erst als er zwei Glasschalen hervorholte, verstand ich, dass der Metallsarg eine
sorbetière
war. Im Innern war Schokoladeneis, das eine so satte Farbe hatte wie Mahagoniholz. Ich probierte und ließ es mir auf der Zunge zergehen. Die Kälte machte meine Zunge taub, und dann brach der Geschmack über mich herein. So üppig und befriedigend, als wäre ein großer Topf der besten Schokolade aus Schnee entstanden.
     
    Es folgten viele Stunden in angenehmem Gespräch, die mächtig schnell zu vergehen schienen, denn als ich das nächste Mal aufschaute, war der Wald schon in tiefe Schatten getaucht, und der Himmel erstrahlte in einem sanften Violett. Unter dem Tisch schlief Ugo, die zuckende Schnauze zwischen die Stiefel seines Herrn gebettet. Ich erschauderte und spürte, wie die Stille der Dämmerung uns erfasste. Ein Vogel sang sein einsames Lied, und der Wind ließ die Weinstöcke über unseren Köpfen rascheln.
    Signor Renzo war an meiner Seite nur noch ein Schatten. Wir waren beide verstummt, und ich wurde unsicher. Er war ein Koch, genauso verrückt nach guten Speisen wie ich, aber er war auch ein Mann, noch dazu ein sehr kräftiger. Als sich das Schweigen ausdehnte, erwachte eine neue Sicherheit in mir, sehr merkwürdig, aber zugleich stark und klar. Unsere Persönlichkeiten passten genauso gut zusammen wie ein Gesicht und sein Spiegelbild. Also konnte ich nicht anders und wandte mich ihm zu. Ich hob das Kinn und suchte das Funkeln seiner Augen. Er hätte mich nie einfach angefasst, weshalb ich es war, die zuerst die Hand nach ihm ausstreckte. Ich suchte seine Lippen, und wir küssten uns, lange und hungrig. Als er zögernd die Arme um mich legte, spürte ich eine Wärme, als würde ich endlich heimkommen. Ich legte den Kopf an seine breite Brust. Nur widerstrebend lösten wir uns wieder voneinander. Seine Hände umfassten meinen Kopf, streichelten meine Schultern und liebkosten meinen Hals. Und ich wurde fast besinnungslos vor Sehnsucht. Erregt murmelte ich Liebesworte und berührte ihn ebenfalls. Viele herrliche Minuten verstrichen, bis ich seinen Oberschenkel an meinem spürte und sein Gewicht sich auf meine Mitte drückte. Dann kam ich schließlich zu mir. Ich sagte ihm, wir

Weitere Kostenlose Bücher