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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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stand, konnte ich mir nicht vorstellen, wie wir in diesem riesigen Raum mit Tellern klapperten. «Oder wollen wir aufbrechen? Ja, das sollten wir.» Ich stand auf und wäre fast über meinen langen Rock gestolpert, weshalb er auf mich zusprang und meinen Arm nahm. Ich riss mich los, weil ich fürchtete, Jesmire könne hereinplatzen und uns bei etwas ertappen, was sie als eine schamlose Umarmung bezeichnet hätte. Wir waren beide ganz zappelig wie Kerne, die beim Rösten in der Pfanne geschwenkt werden. Draußen zog ein bronzefarbener Jagdhund neben der Tür an seiner Leine. Als wir hinaustraten, stellte er sich auf die Hinterbeine und begrüßte sein Herrchen. «Das ist Ugo», sagte Signor Renzo und kraulte dem Hund die Ohren. «Der beste Jagdhund.» Es war gut, dass der Hund an mir schnupperte, so konnten wir beide woanders hinschauen. Als Mr. Loveday mein weißes Pferd vom Stall heranführte, verlor ich fast den Mut.
    «Du wirklich willst gehen, meine Freundin?», flüsterte Mr. Loveday. Misstrauisch beäugte er dabei Signor Renzo.
    «Ja», sagte ich resolut, und mein alter Freund trat zurück.
    «Ich bin die Kutsche eher gewohnt als den Pferderücken», erklärte ich an Signor Renzo gewandt. Das versetzte ihn in Unruhe, doch ich versicherte ihm, ich werde mein Bestes tun. Der Koch streichelte die Nüstern der weißen Stute, und sie hielt brav still. Dann hob er mich mit starken Armen in meinen Damensattel und erklärte mir, ich müsse immer mittig auf dem Pferderücken sitzen und meine Gerte sanft gegen die rechte Flanke drücken, um das Bein zu ersetzen, das das Pferd dort erwarten würde. Schließlich bestieg er sein Pferd, nahm meine Zügel, und schon gingen die Pferde im Schritt Seite an Seite los. Ugo tollte ausgelassen umher. Ich blickte nur einmal zurück zum Haus und sah, dass Mr. Loveday wieder im Innern verschwunden war. Nur hinter einem Fenster stand eine Gestalt. Meine Herrin hielt sich hinter der Spitzengardine ihres Gemachs versteckt. Dann waren wir unterwegs und zockelten zwischen den Zitronenbäumen entlang, die sich raschelnd zu uns herabbeugten.
    Sobald wir die Eisentore hinter uns gelassen hatten, entspannte ich mich. Das Pferd schritt gleichmäßig aus, die Straße war eben, und manchmal nahm ich sogar meinen Mut zusammen und schaute mich um. Wir passierten scheckige Hecken, hinter denen sich sanfte Hügel mit Feldern erstreckten. In der Ferne standen Baumgruppen um die rostfarbenen Dächer der Bauernhöfe und Scheunen. Und dahinter erstreckte sich das Blaugrün weiterer Hügel. Alles um uns war ganz ruhig, bis auf eine Vielzahl weißer Schmetterlinge, die zwischen den Büschen taumelten. Vögel schraubten sich hoch hinauf in die warme Luft und sangen ihr Lied.
    «Ist es weit?»
    Signor Renzo wandte sich mir zu und sagte gelassen: «Nicht sehr weit.» Wir trotteten weiter, erreichten die Kapelle mit dem eingestürzten Kirchturm und wandten uns nach links. Schon kurz darauf stieg der Weg an, und wir erreichten einen ausgedehnten Wald aus Eichen und Pappeln. Am Waldrand ließen wir unsere Pferde zum Grasen zurück und gingen zu Fuß weiter. Bald betraten wir eine herrliche Lichtung, auf der das Sonnenlicht durch die Blätter gefiltert grün und golden schimmerte. Seite an Seite schlenderten wir dahin, wobei Signor Renzo die Richtung vorgab und wir zufrieden schwiegen. Ich fühlte mich merkwürdig klein, denn mein Kopf reichte ihm gerade mal bis zum Kinn. Er war ein Bär von einem Mann, der mit großen Schritten in seinem weißen Hemd und dem Samtmantel neben mir einherging.
    Schon bald gab der Hund ein Bellen von sich und rief seinen Herrn, damit dieser ihn für den Fund lobte. Durchs Moos schimmerte ein Klumpen einer hirnähnlichen Morchel, die sehr bleich war und nach süßen Nüssen roch.
    «
Bene.
Gut», sagte der Koch und ließ die Pilze behutsam in seine Tasche gleiten. «Aber das geht noch besser.» Ich schaute mich um. Überall blühte und grünte es wie in einem Garten. Wenn der Wind sacht die Zweige bewegte, tanzte eine Flut aus Flecken und Punkten über mein smaragdgrünes Kleid. Mir kam schlagartig ein Gedanke: Ich war viel zu oft drinnen und sah nichts außer dem Inhalt von Töpfen und Pfannen. Rund um uns sangen Vögel in den Bäumen, manchmal schossen sie nach unten, pickten etwas auf und flatterten wieder hoch. Die Luft roch nach saftigem Grün und üppiger Erde. Obwohl erst Mariä Verkündigung war und damit einer der ersten Frühlingstage, war die Jahreszeit hier schon so

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