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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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müssten damit aufhören. Ich glaube, es überraschte uns beide, wie sich der Tag entwickelt hatte.
    «Ich sollte gehen», murmelte ich atemlos. Ich musste nach meiner Herrin sehen, aber wie sollte ich ihm das sagen? Er nickte nur und begab sich auf die Suche nach einer Laterne. Allein stand ich vor seiner Hütte und überlegte, ob ich wohl die Rolle als Lady Carinna damit verdorben hatte. Bestimmt hätte sie nie den Koch des Conte geküsst, oder? Gegen die kühle Abendluft zog ich meinen zerknitterten grünen Mantel an. Es war unmöglich zu entscheiden, ob ich gerade einen großen Fehler begangen oder ob ich nicht vielmehr den klügsten Schritt meines Lebens getan hatte.
    Dann kam er zurück und legte den Arm um meine Schultern. Sofort war alles wieder gut. Wir gingen den Weg zurück, den wir gekommen waren, und fanden im Licht seiner Laterne die Pferde. Der Wald war jetzt fast mystisch und zu Leben erwacht. Zweige knackten und unsichtbare Tiere schrien.
    «Was sind das für Lichter?», fragte ich und spähte in das dunkle Gebüsch, in dem winzige Feuer schwebten und blinkten. Einen Moment ließ er mich allein stehen und schloss die Hand um einen dieser Funken. Als er zurückkam, war ein grünliches Glühen in seinen Händen auszumachen.
    «Sieh nur. Ein Glühwürmchen.» Ich sah zwischen seinen Fingern eine kleine Fliege, deren Leib blinkte. Nie hatte ich etwas Schöneres gesehen. «Kannst du es aufbewahren?»
    Er lachte. «Nur für kurze Zeit. Als Junge habe ich sie in einem Glas gesammelt und nachts bei ihrem Licht gelesen. Aber ich hielt sie zu lange gefangen, und sie starben.» Als er es losließ, zuckte sein Licht wieder in der Nacht auf.
    «Sogar eine ganz normale Fliege ist an diesem Ort wie Zauberei», sagte ich. Wir gingen, bis das Band der weißen Straße wieder vor uns lag und sich bis zur Villa erstreckte. Jetzt sank mein Mut doch in sich zusammen, denn ich erinnerte mich an das alte Leben, das mich dort erwartete. Ich wollte für immer in Renzos Armen bleiben, im Schatten des Waldes und von den blinkenden Glühwürmchen beschienen.
    Plötzlich blieb Renzo stehen und verstellte mir den Weg. «Carinna, ich muss dich wiedersehen.» Er legte seine Hände auf meine Schultern und senkte den Kopf, bis er mir direkt in die Augen blickte. «Ich muss dich morgen sehen», wisperte er. Die Laterne ließ seine Augen schimmern wie flüssiges Gold.
    Ich konnte ihm nicht widerstehen. «Ja. Morgen», sagte ich. Und wir küssten uns neben unseren unruhigen Pferden zum Abschied. Während des Rückwegs auf der Straße zur Villa Ombrosa verfluchte ich mein Schicksal. Jeden Tag konnte Carinna jetzt ihr Kind zur Welt bringen. Und das hieße, dass ich von einem Tag auf den anderen wieder in mein altes Leben zurückkehrte als ausgenutzte, pfannenschwenkende Biddy Leigh, die ich für den Rest meiner lieblosen Tage sein würde.

XXXI Villa Ombrosa
Karfreitag, April 1773
Biddy Leighs persönliche Aufzeichnungen
    Jungenten in Trüffelsoße
    Man nehme die Jungenten, schlachte und rupfe sie und binde sie anschließend mit Salbeiblättern um den Leib zusammen. Dann bestäube man sie mit Mehl und stecke sie auf Bratspieße mit Brotscheiben dazwischen. Während des Bratens bestreiche man sie mit dem Bratensaft aus der Fangschale mit Hilfe einer Feder. Die Soße wird aus feinen Zwiebeln, Knoblauch, Öl und etwas Schinken und kleingeschnittenem Sellerie zubereitet. Hinzu kommen die Flügel und die Innereien, die gekocht und mit einem Löffel Mehl und zwei Fingerbreit Marsalawein verfeinert werden. Wenn die Soße andickt, gebe man geraspelten Trüffel hinzu und schicke das Gericht mit den Jungenten zu Tisch.
    Ein sehr feines Gericht, wie es von Signor Renzo Cellini für Biddy Leigh gekocht wurde, Ostern 1773
    Z wei schwindelerregende Wochen lang sah ich Renzo nach diesem ersten Treffen im Wald an jedem Abend. Ich lebte für diese Augenblicke; die Liebe rann wie Mohnsaft durch meine Adern. Sobald die anderen sich für die Nacht zur Ruhe begaben, schlüpfte ich nach draußen und begab mich zu unserem Treffpunkt. Im Schutz der Hecken lief ich über die vom zunehmenden Mond beschienene Straße. Dann tauchte endlich der eingestürzte Turm vor mir auf wie der Schlupfwinkel eines Geistes, und die alten Steinmauern hoben sich fahl vom schwarzen Unterholz ab. Dort wartete ich neben der eingefallenen Mauer. Mein Herz flatterte wie ein Vogel im Käfig, meine Haut wurde von den Flügeln der Nachtfalter gestreichelt. Ich horchte auf die Geräusche der

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