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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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in eine Windel und legte sie dann in die Holzkiste, die ihre Wiege war. Lange stand ich einfach nur über sie gebeugt und betrachtete sie verzückt. Sie schnüffelte und wand sich, und schließlich schlief sie ein.
    Ehe ich ins Bett gehen konnte, kümmerte ich mich um meine Herrin. Wenn ich Streifen vom Laken abschnitt, konnte ich ihren Bauch verbinden, überlegte ich. Und während ich mit dem erhobenen Messer vor ihr stand und gerade den Stoff zerschneiden wollte, spürte ich ein Prickeln auf meiner Haut, als beobachtete mich jemand. Als ich mich umschaute, zuckte ich vor Schreck zusammen, denn Mr. Pars stand in der offenen Tür.
    «Biddy!», bellte er. «Was hast du deiner Herrin angetan?»
    Ich stotterte etwas davon, wie sie bei der Geburt gestorben sei, doch meine Worte waren ein einziges Durcheinander. «Gott sei Dank seid Ihr zurück», schloss ich. «Ich habe die ganze Zeit auf den Arzt gewartet. Aber jetzt ist es zu spät.»
    Er rührte sich nicht und blieb im Schatten der Tür. Ich konnte sehen, wie er finster auf meine Herrin schaute, die weiß und fast nackt auf dem Bett lag. Aufgeschlitzt wie ein Leichnam auf dem Schlachtfeld.
    «Das sehe ich. Und nun leg das Messer weg, Mädel.» Ich schaute auf meine Hand, die bis zum Ellbogen blutverschmiert war. Ich ließ das Messer fallen, das auf den Boden klirrte.
    «Gott sei Dank seid Ihr zurück», wiederholte ich aus tiefstem Herzen. «Als sie starb, wusste ich nicht, was ich tun sollte.»
    «Als sie starb?» Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, weil er sich von den Kerzen fernhielt. «Nein, Biddy. Sie konnte doch gar nicht überleben, nachdem du sie abgeschlachtet hast.»
    «Abgeschlachtet?», schrie ich. «Ich habe Euch schon gesagt, sie war tot und wurde kalt, als ich sie aufschnitt. Seht doch.» Ich zeigte auf die Krippe. «Ich habe das Baby gerettet.»
    Er machte ein paar Schritte ins Gemach und blickte auf das kleine Bündel, das jetzt ruhig in der Wiege lag. «Guter Gott, es hat einen monströsen Kopf.»
    «Das wird wieder heil, Sir. Es war eine schreckliche Geburt.»
    «Ich sehe, was ich sehe, Biddy. Ein Messer in deiner Hand, und deine Herrin ist tot. Sieh dich an», sagte er und zeigte mit dem Finger auf mich. «Dein Kleid ist blutgetränkt. Nein, es ist ja sogar ihr Kleid, nicht wahr? Das goldene Kleid aus Paris? Mädel, was hast du nur getan?»
    In dem Moment wurde ich von Angst überwältigt, die wie ein Stein in meinem Bauch lag.
    «Deine Herrin war wohlauf, als ich sie allein ließ.» Er sagte das nicht hitzig, sondern klang gerade so, als hätte er Mitleid mit mir.
    «Mr. Pars, Sir! Ich könnt niemals meiner Herrin Leid zufügen. Ich hab mich um sie gesorgt. Das wisst Ihr.»
    «Es kommt aber vielleicht vor Gericht nicht auf meine Meinung an, Biddy. Ich habe sie allein gelassen – bei Gott, sie war wohlauf und glücklich. Und dann komme ich zurück und finde Entsetzliches vor. Hast du dir den Kopf so sehr von Edelsteinen und Vergnügungsreisen verdrehen lassen, dass du sie umbringen musstest?»
    «Mr. Pars, Sir! Ich bin’s, Biddy. Wie könnt Ihr mir so was unterstellen?»
    Er wich zurück in die Schatten und verschmolz mit ihnen. «Ich habe mal gedacht, ich würde dich kennen, Biddy. Aber jetzt sehe ich, wie sehr du dich in den letzten Wochen verändert hast. Es gibt genug Zeugen, die bestätigen, wie du dich herumgetrieben und dich überall als sie ausgegeben hast, während sie zu krank war, dich davon abzuhalten. Sie trug auch einen Teil der Schuld, das halte ich dir wohl zugute. Aber ich muss meinem Gewissen folgen. Wenn ich vor den Richter gerufen werde, kann ich ihm nur sagen, was ich mit eigenen Augen gesehen habe.»
    «Das würdet Ihr nicht tun. Gott stehe mir bei, aber dafür werden sie mich hängen!»
    Dann bemerkte er wohl das Entsetzen, das mich erfasst hatte, denn sein Blick wurde eine Spur freundlicher. «Es war eine lange, anstrengende Nacht. Lass uns schlafen, ehe wir überhastet etwas unternehmen.»
    Ich empfand diesem Mann gegenüber so große Dankbarkeit, dass meine Augen sich mit Tränen füllten. «Ich danke Euch, Mr. Pars, Sir.»
    «Es gibt vielleicht Mittel und Wege, die Sache aus der Welt zu schaffen. Wenn du tust, was ich verlange.»
    «Ich würde alles tun, Sir.» Meine Stimme zitterte vor Erleichterung.
    Dann schlurfte er zurück in seine Kammer, und ich hörte, wie er den Schlüssel im Schloss drehte. Ich säuberte weiter das Gemach, das wirklich einem Schlachthaus glich. Sosehr ich es auch versuchte, konnte

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