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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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unvermittelt: «Hast du schon herausgefunden, warum meine Schwester England verlässt?» Durch den Vorhang seiner langen Haare sah er mich an, dann schob er sie mit den weißen Fingern aus dem Gesicht.
    Ich schüttelte den Kopf. «Sir, sie vertraut sich mir nicht an.»
    «Du würdest es mir doch sagen, wenn du es weißt?» Er lächelte verunsichert.
    «Verzeiht, Sir, aber wisst Ihr wirklich nicht, warum Eure Schwester nach Italien reist?»
    Verwirrt schnitt er eine Grimasse. «Vielleicht flieht sie vor ihrem Ehemann?»
    «Aber der liegt krank in Irland. Sie hat keinen Grund, England zu verlassen.»
    Er nickte leicht, biss sich auf die Unterlippe. «Ich dachte, die Dienerschaft weiß immer alles.»
    «Das scheint wohl nicht der Fall zu sein, Sir.»
    «Aber du hättest die Möglichkeiten. Du kannst an Türen lauschen und ihre Sachen durchsuchen.»
    Ich rührte mich keinen Zoll.
    «Biddy», drängte er. «Wäre es denn so eine Sünde, wenn du vorsichtig Erkundigungen einholst? Damit ich weiß, dass meine Sorge unbegründet ist?»
    «Was lässt Euch glauben, ich würde so was tun?»
    «Magst du mich denn nicht wenigstens ein bisschen?» Er tätschelte meine Hand und ließ seine darauf liegen. «Ich spüre doch, wie gut wir zusammenpassen. Ich mag dich. Meine Schwester hat richtig gehandelt, als sie dich ausgesucht hat.»
    Wieder schwieg er und brütete vor sich hin. Ich saß ihm ziemlich verwirrt gegenüber. Seine Hand lag noch immer auf meiner, und ich fühlte mich schon ein wenig geschmeichelt von seinen Worten. Aber ich dachte auch an die Gefahren.
    «Es ist kalt», sagte er tonlos und unterdrückte ein Zittern, als müsste er sich erneut an etwas Schreckliches erinnern.
    «Ich schüre für Euch das Feuer, Sir.» Ich stand auf und nahm den Schürhaken zur Hand.
    Das Flackern der orangefarbenen Glut machte ihn wieder munter. Er stand auf und schlang lässig einen Arm um meine Schultern. Ich versteifte mich, als er versuchte, mich an sich zu ziehen. Mit geschlossenen Augen wisperte er mir etwas ins Ohr. «Hilfst du mir, Biddy?»
    Ich riss mich von ihm los und stieß gegen den Tisch. Er packte mich von hinten, als ich versuchte, mich ihm zu entwinden. Sein Arm streifte meine bebenden Brüste.
    «Nein, Sir. Nein!» Er war ausgelassen wie ein junges Füllen. Aber ich war stark und stieß ihm den Ellbogen mit aller Kraft in den Bauch. Er krümmte sich, und mit einem Ruck war ich frei.
    «Sei doch nicht so zickig!», keuchte er. «Ich dachte, du magst mich.»
    Ich drehte mich zu ihm um. Mein Hemd hing ganz schief. «Ihr gefallt mir besser, wenn Ihr mich nicht begrapscht.»
    «Oh, Biddy, sei doch nicht so. Niemand will dich für irgendwas bestrafen.» Er griff nach meiner Hand. «Ich schwöre dir, ich werde dir keinen Schaden zufügen.»
    «Ja, genau, und ich bin Königin Dick Cromwell», schnappte ich und wich in die dunkle Ecke zurück. Ich war schneller als er, und mit drei Schritten hatte ich den dunklen Durchgang erreicht, der zu meiner Kammer führte. Er stolperte hinter mir her, aber in Windeseile hatte ich die Tür verriegelt. Während ich seinem Klopfen lauschte, konnte ich fast schon wieder über ihn lachen. Der hohe Herr Kitt Tyrone, der gekommen war, um ausgerechnet mir nachzustellen.

XVI Devereaux Court, London
Die Privatkorrespondenz von Mr. Humphrey Pars
17. Dezember 1772
    PERSÖNLICHE KORRESPONDENZ
    Devereaux Court, London
    17 . Dezember 1772
    Mr. Ozias Pars
    Marsh Cottage
    Saltford
     
    Mein lieber Ozias,
    zweifellos wirst du überrascht sein, weil ich noch immer in der Hauptstadt verweile. Ich versichere dir, diese Verzögerung ist nicht mein Verschulden. Meine sogenannte Herrin trödelt herum und verschleudert das Vermögen meines Herrn für dieses französisierte Stück Spitze oder jenen Pelzmuff – und sie schämt sich nicht mal, für solchen Tand Rechnungen über fünf, zehn oder sogar zwanzig Guineen anzuhäufen.
    Meine Unterbringung bekommt mir schlecht. Mein Gemach ist groß, doch überall liegt dicker Staub, mein Bett ist klamm, und der Kamin qualmt, weil man ihn nicht sachgemäß gewartet hat. Mr. Quentin Tyrone mag ein reicher Mann sein, aber er ist eine wunderliche, seltsame Kreatur, und ich meide seine Gesellschaft, wo es nur geht. Er beschäftigt einen Aufseher, der sich um seine Geschäfte kümmert (den Import von Waren aus dem Osten, den er von seinem Vater geerbt hat) und verbringt die Abende in Hurenhäusern und diesen orientalischen Hamams, in denen ein anständiges Bad wohl nur

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