Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)
ein Teil der angebotenen Dienstleistungen ist. Er ist ein rundlicher, glatzköpfiger Kerl, der viel von bestickten Kappen und speckigen Morgenröcken im chinesischen Stil hält. An seinem Auftreten ist etwas Verweichlichtes, das ein anständiger Mann nur verabscheuen kann. Was die anderen Mitglieder des Haushalts betrifft, ist da noch ihr Bruder, ein träger junger Mann mit Hundeblick und einer großen Vorliebe für goldene Mäntel.
Was London angeht, so gibt es hier riesige Menschenmassen und großen Lärm. Der Kohlequalm ist so dicht, dass jeglicher Schleim davon pechschwarz wird. Wenn man ins Theater geht, wird man einem Tumult ausgesetzt, der zehnmal schlimmer ist als der Jahrmarkt in Chester. Orangen werden für Sixpence verkauft (das Stück!), und sie werden als Wurfgeschosse von einer Ecke des Theaters in die andere geworfen. Und dann das geckenhafte Gebaren der Theaterbesucher! Der junge Tyrone zum Beispiel, der die Damen in Bezug auf Glitzer und Parfüm noch übertrifft. Stell dir vor, sogar mich fragte man beim Barbier, ob ich mir die Haare mit der Brennschere zu Löckchen drehen lassen wolle!
Um beharrlich den anderen Mitgliedern des Haushalts aus dem Weg zu gehen, habe ich mir angewöhnt, meine Mahlzeiten in einem anständigen Speisehaus einzunehmen, denn die Verpflegung in Devereaux Court ist schlimmer als in jedem Armenhaus im Norden des Landes. Ich glaube, ich habe neue Informationen bezüglich der jungen Dirne und ihrer Absichten. Eines Tages war ich rechtschaffen erschöpft, nachdem ich den ganzen Morgen unterwegs gewesen war. Ich nahm meinen Tee am Kamin im Salon ein und dachte, das Haus sei ansonsten verwaist. Nachdem ein Galgenvogel von Diener mir den dünnen Tee serviert hatte (es gab nicht mal Brot mit Butter dazu!), ließ ich mich in den Sessel sinken und erstellte in Gedanken eine Liste der Besuche, die in den nächsten Tagen zu machen waren.
Nicht viel später hörte ich Stimmen. Sie gehörten Lady Carinna und ihrem Onkel, die sich im angrenzenden Raum aufhielten. Ich werde mich bemühen, die Unterhaltung, die ich belauschen konnte, Wort für Wort wiederzugeben.
«Aber Carinna, findest du das anständig?», sagte der Onkel mit seiner gewohnt keuchenden Stimme. «Wenn du irgendwo hinreist, dann doch wohl an die Seite deines Mannes.»
«Ich werde nicht zu ihm gehen. Ich habe dir schon erklärt, dass er sich weigert, mich zu sehen.»
«Was reizt dich dann so sehr an Italien? Willst du da einen Liebhaber treffen oder was? Wenn das so ist, musst du verflucht vorsichtig sein.»
Worauf die Nichte erschöpft und bissig antwortete: «Um Gottes willen, Onkel! Kannst du an nichts anderes denken? Und ich weiß, dass ich vorsichtig sein muss.»
«Wieso gehst du dann fort?»
«Mir ist nicht wohl, Onkel. Habe ich nicht schon lange genug gelitten und dieses Schmierentheater mitgemacht? Habe ich keine Belohnung verdient? Als ob es dich kümmern würde, was aus mir wird. Du hast mir damals versprochen, wenn ich erst verheiratet bin und einen Titel trage, kann ich als freie Frau leben. Und das werde ich jetzt auch tun.»
«Diese Krankheit, an der du leidest», sagte er langsam. «Du bist doch nicht trächtig, hä?»
«Wie sehr ich mir wünschte, es wäre so.»
«Denn wenn das so ist …»
«Ich weiß. Dann wäre alles in bester Ordnung.»
«Du hast es mir geschworen, dass die Ehe vollzogen wurde.»
«Das hab ich dir doch gesagt, oder? Das ist jedenfalls nichts, woran ich gerne zurückdenke.»
Der alte Widerling lachte leise. Darauf antwortete sie mit eisigem Schweigen und seufzte schließlich.
«Die Wahrheit ist, Sir Geoffrey und ich ertragen den Anblick des anderen nicht. Und liebster Onkel, ich habe alles getan, was du wolltest», fügte sie beinahe flehend hinzu. «Wann habe ich dich schon um einen Gefallen gebeten?»
«Mir ist nicht wohl dabei, wenn alles so durcheinander geht. Dein Mann und du habt euch im Schlechten getrennt. Was machst du, wenn er sich erholt und nachforscht?»
«Dann sagst du ihm, ich sei verreist, um zu genesen.» Sie seufzte erschöpft. «Ich glaube nicht, dass er überhaupt Nachforschungen anstellen wird. Ich habe sein Gesicht gewahrt. Er kann mir an die Villa schreiben, wenn er möchte.»
«Genau, die Villa. Wenn du sagen würdest, du willst für den Sommer nach Rom oder Spa, dann könnte ich das wohl verstehen. Aber der Ort ist entsetzlich abgelegen.»
«Wie angenehm das klingt. Hast du den Schlüssel?»
«Nein, Carlo bewahrt den Schlüssel auf. Du wirst zu
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