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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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ich. Inzwischen war ich es leid, ständig irgendwas machen zu müssen.
    Er erzählte mir, er sei gerade von der Fährgesellschaft gekommen. Der Wind habe gedreht, und wir würden um vier Uhr in der Früh absegeln. Schon bald hatte ich mein Bündel geschnürt und verließ meine Kammer. Mr. Harbird, der Gute, rief mich zu sich und überreichte mir ein Weihnachtsgeschenk. Zwei ganze Guineen waren in der Schachtel. Also, das war mehr, als ich von meiner Herrin bekommen hatte, denn sie und Mr. Pars hatten mir nicht mal einen Farthing gegeben, die Knauser. Ich schwor mir, Jem nichts von den zwei Guineen zu erzählen, denn der Trottel war noch nie beim ersten Hahnenschrei aufgestanden und hatte sich zum Sklaven des Herdfeuers gemacht wie ich. Jem Burdett konnte sich zum Teufel scheren. Die anderen mussten die rußverschmierte, fettige Küche aufräumen. Ich segelte an diesem Tag nach Frankreich, denn dort war das wahre Paradies für Köche.

XVIII
    L oveday stand am Bug des Boots und spürte, wie der eiskalte Regen ihn wach klopfte wie ein eifriger Jagdgefährte. Die anderen waren alle unter Deck verschwunden. Sie würgten und stöhnten in der stickigen Holzkabine, aber er fühlte sich frei. Er hatte die engen Stiefel abgelegt, und die nackten Zehen fanden auf den Decksplanken Halt wie Seepocken. Wie lange war es her, seit er das wilde Bocken eines Boots unter seinen Fußsohlen gespürt hatte? Er beobachtete die graugrünen Wellen, die sich um ihn hoben und senkten. Wie ein Vogel ritt er auf dem stürmischen Wind. Und sie segelten in die richtige Richtung, das spürte er. Endlich war er auf dem Weg nach Hause.
    In Dover hatte er einen alten Matrosen getroffen, der ihn fragte, woher er kam. «Batavia.» Er benutzte den Namen, den die Holländer einem Fort der weißen Männer gegeben hatten. «Welche Richtung?»
    Der alte Matrose wurde ganz aufgeregt. Er sprang auf und kramte in seinem Bündel. Doch als er sich Loveday wieder zuwandte, hielt er zu dessen Enttäuschung nur ein Stück Papier in der Hand. Und als er es auf dem Tisch ausbreitete, war darauf nicht mal was geschrieben, sondern nur gezackte Linien waren da eingezeichnet worden, wie ein Verrückter sie wohl malen würde.
    «Hier ist es, mein Junge.» Mit gekrümmtem Finger zeigte der Matrose auf ein Wort in dem Durcheinander aus sich kreuzenden Linien. Und da stand es, mit winzigen Buchstaben:
Batavia
. Es dauerte lange, bis Loveday verstand, was der alte Mann ihm sagen wollte. Die knorrige Fischform, auf der Batavia geschrieben stand, war ein sehr, sehr kleines Bild der großen Insel, auf der er einst gegangen war.
    «Da sind die Berge», sagte der alte Mann und zeigte auf ein paar tintige Buckel, die über die Insel verstreut waren. War das möglich? Loveday nahm das Papier und hielt es sich dicht vor die zusammengekniffenen Augen, um die Menschen zu erkennen, von denen er wusste, dass sie dort lebten. Aber er konnte weder Menschen noch Bäume oder Dörfer erkennen. Es war nur eine Zeichnung. Er begriff das immer noch nicht.
    «Wie ist das Batavia?», fragte er. Die Seelenpein stach in seiner Brust.
    Die wässrigen Augen des alten Mannes erwiderten seinen Blick. «Das hier liest der Kapitän eines Schiffs, um seinen Weg rund um die Welt zu finden. Sieh nur, hier ist England. Und das ist das Meer.»
    England war am anderen Ende des Blatts, aber so allmählich begann Loveday zu verstehen. Daheim in Lamahona hatten die Jäger manchmal Muster in den feuchten Sand gezeichnet, um ein Riff oder eine Strömung zu zeigen.
    «Wie geht nach Batavia?» Er konnte das Zittern seiner Stimme nicht verhehlen.
    Es dauerte den ganzen Nachmittag, bis er begriff, wie weit von zu Hause er inzwischen fortgesegelt war, nachdem der freundliche Father Cornelius an einer Krankheit verstorben war und man Loveday auf dem Markt in Batavia verkaufte. Viele Monde lang war er gesegelt, bis er dieses kalte Königreich erreichte, und jetzt erkannte er, wie schrecklich weit eine Rückreise sein würde. Mit der Hilfe des alten Mannes fand er Paris, das nächste Ziel der Reise. Frustrierenderweise war er auf der großen Reise noch nicht sehr weit vorangekommen.
    «Und Italien?», fragte er.
    «Schau nur hier, mein Sohn. Italien. Es liegt zumindest schon auf dem richtigen Weg.»
    Das stimmte. Wenn er bei seiner Herrin blieb, war zumindest dieses Stückchen seines Wegs leicht zu bewältigen. Schließlich fragte er den Mann: «Wo Lamahona?» Aber sie fanden nur tausend Punkte und Striche im Ozean. Wenn

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