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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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wusste, dass daneben unsere englischen Speisen ziemlich rustikal waren.
     
    Sobald ich konnte, verließ ich mit der Begründung die Küche, mir sei nicht wohl. Drei lange Tage verharrte ich im Elend in meiner Kammer. Ich warf mich aufs Bett und rief mir wieder jene schöne Erinnerung ins Gedächtnis, als ich Jem das erste Mal begegnet war. Die ersten Worte, unser erster, inniger Kuss. «Oh Jem! Ich hab dich mehr geliebt, als die je könnte», flüsterte ich mit dem Gesicht im tränennassen Kissen. Wieder sah ich unsere schmerzliche Trennung und wünschte, ich wäre damals netter zu ihm gewesen. Ich stellte mir vor, wie unser Hochzeitszug zur Kapelle in Mawton zog, wie wir das Reade Cottage als unser Heim renovierten, unsere ungeborenen Kinder, denen ich nun nie das Leben schenken würde. Ich suhlte mich förmlich in meinem Leid. Tag für Tag verließ ich mein Bett nur noch, um zur Tür zu schleichen und das Essen zu holen, das Florence mir hinstellte, oder um meinen Nachttopf im Hof zu leeren.
    Aber jede Nacht hatte ich einen Besucher. Jemand klopfte an meine Tür, ganz leise und heimlich.
    «Biddy», flüsterte die Stimme eines Gentlemans. «Mach die Tür auf.»
    Jedes Mal drehte ich mich auf die andere Seite und starrte die Wand an. Aber ewig konnte ich die rissige, gelbe Wand nicht ansehen. In der dritten Nacht hatte ich mich ausgeweint, und das junge Herz in meiner Brust pochte wieder.
    «Kommst du mit mir raus?», fragte die Stimme. «Im Sternenlicht ist Paris ein verzauberter Ort.»
    Meine Liebe für Jem war gestorben. Du bist frei und hast hier in Paris einen Gentleman, der dich bewundert, sagte ich mir. Ich hatte ihn warten lassen, und er war zurückgekommen. Durch die Latten der Fensterläden sah ich, wie der Himmel sich verdunkelte und erste Lichter aufleuchteten. Ich grinste wie eine verführerische Frau und rief Kitt Tyrone zu, er solle draußen warten, bis ich angezogen war.
    «Nein, Sir, Ihr könnt nicht reinkommen.» Ich öffnete die Tür nur einen Zollbreit. Er hielt eine Kerze vor sein Gesicht, und seine Augen blickten an mir vorbei auf das schmale Bett in meiner Kammer.
    «Komm schon. Gib einem armen Kerl eine Belohnung. Heute ist mein letzter Abend in der Stadt.»
    «Dann sollten wir uns die Stadt anschauen», erklärte ich. Mein Ziel wollte ich nicht aus den Augen verlieren. «Tatsächlich habe ich da einen bestimmten Ort im Sinn, Sir.»
    Ich schob die Tür ganz auf, und sein Blick glitt von meinem Gesicht hinab über die gerüschte Schönheit meines rosenroten Kleids. Ich wusste, dass das scharlachrote Mieder meine Taille schlanker wirken ließ, und darunter bauschten sich die Röcke mit feinen Falten und Rüschen. Ich fühlte mich wie eine richtige Miss auf einer Modezeichnung, und Kitts Blick verriet mir, dass ihm die Veränderung auch auffiel.
    «Wie du wünschst», sagte er und bot mir seinen Arm.

XX Maison de Santé, Paris
Pflugsonntag, Januar 1773
Biddy Leighs persönliche Aufzeichnungen
    Restaurant
    Eine Speise oder eine Medicin, die vermag, die verlorene Stärke einer erkrankten oder ermüdeten Person zurückzubringen; ein Destillat aus dem Saft leichter, geschmackvoller Fleischsorten, das neue Energie weckt. Die Bouillon wird mit guten, süßen Zutaten angereichert. Und so soll auch der Restaurateur oder die Restauratrice wirken: Er oder sie muss in der Lage sein, eine gute Bouillon zu kochen.
    Die höchst bemerkenswerte Methode des Restaurants Maison de Santé, aufgezeichnet von Biddy Leigh, Paris 1773
    W ir ließen uns von der Menge Richtung Fluss treiben. Überall um uns herum ragte die großartige Stadt Paris in den Himmel, beleuchtet von grünlichen Öllampen, die die Straßen säumten. Wir kamen an den klotzigen Papistenkirchen und den Silhouetten großer Paläste vorbei, deren Türme in den violetten Himmel ragten. Auf der Brücke Pont Neuf wurden wir in dem Gedränge zusammengedrückt. Die Leute schoben sich an den beliebten Straßenverkäufern vorbei. Am Stand eines Kurzwarenhändlers hielt Mr. Kitt an und kaufte mir ein Schleifenband.
    «Ihr sucht die Farbe aus, Sir», sagte ich.
    Er lächelte nachsichtig und kramte auf der Auslage mit den Seidenbändern. «Dieses hier passt zu deinen Augen.» Es war ein weiches Moosgrün. Den ganzen Abend wickelte ich es um meine Finger und streichelte den glänzenden Satin.
    Dann musste der Stutzer die ganze Stimmung verderben, denn er fragte: «Hast du einen Blick ins Gemach meiner Schwester geworfen, Biddy? Du hast es mir

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