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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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so oft schlecht, als würde etwas Fremdartiges durch meinen Körper strömen. Muss das so sein, Biddy?»
    «Das kann schon sein, Mylady. Die Übelkeit, dieses Gefühl von Schwere.» Ich seufzte, denn noch immer versuchte ich, das ganze Ausmaß zu begreifen. «Wir müssen uns eilen, dass wir rechtzeitig Italien erreichen.»
    «Ja, wir müssen so schnell reisen, wie ich es gerade noch ertrage.» Sie warf den Kopf auf das Kissen, und ihre Augen funkelten. «Ich brauche dich, hast du verstanden? Und Mr. Loveday. Du verstehst doch sicher, dass ich nur euch beiden vertrauen kann?»
    Tränen rannen über ihre Wangen, und ich reichte ihr stumm ein Taschentuch. Dann nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte: «Weiß Sir Geoffrey davon, Mylady?»
    Sie schwieg einen Moment, doch dann schüttelte sie angeekelt den Kopf. «Der? Mit dem syphilitischen alten Idioten hat das hier nichts zu tun.» Plötzlich starrte sie mich durchdringend an. «Was denn, das wusstest du auch nicht? Mich haben sie es erst in der Hochzeitsnacht herausfinden lassen. Ist das nicht nett? Sein Nachthemd öffnete sich vor meinen Augen, und der Schorf auf seinem Fleisch war wie Narben aus der Hölle. Ich konnte mich von diesem verfaulenden Ghul nicht anfassen lassen. Ich dachte, ich wäre die Letzte, die davon erfährt, dass er schon sein Leben lang an der Syphilis leidet.»
    Ich starrte sie mit offenem Mund an. Jetzt begriff ich alles: Sir Geoffreys rötliches Gesicht, seine merkwürdigen Stimmungsschwankungen, die manche als die Launen eines Verrückten bezeichneten. Kein Wunder, dass sie vor ihm floh.
    «Aber Ihr habt es niemandem erzählt?», rief ich aus. Man hatte sie wirklich aufs grausamste getäuscht. «Mylady, jeder hätte Mitleid mit Euch!»
    «Was denn?», rief sie. «Und dann würden sie mich weiter bemitleiden, während mein Kind mit jedem Tag wächst?» Sie weinte ein bisschen in ihr Taschentuch. «Wir sind im Schlechten auseinandergegangen. Er will mich nie wiedersehen. Er sagte, wenn ich über sein Leiden auch nur ein Wort verliere, wird er vor dem Parlament für die Scheidung sorgen. Und wenn er nun von dem Kind erfährt, was dann? Ich brauchte Zeit. Und Geld. Ich musste fliehen.»
    Sie schwieg einen Moment, und ich wandte den Blick ab.
    «Glaubst du, die anderen werden Sir Geoffrey schreiben?», fragte sie. Ihre Stimme zitterte wie bei einem Kind, das darum bettelte, nicht verprügelt zu werden.
    «Das kann ich nicht sagen, Mylady.» Ich war ehrlich verwirrt. Ich wollte ihr so gern helfen, aber mir fiel einfach nichts ein. «Ich hole Euch erst mal einen Tee, Mylady. Warum ruht Ihr Euch nicht etwas aus?»
    Sie tätschelte meine Hand. «Danke, Biddy. Ich bin so dankbar, dich bei mir zu haben.»
    Die Wahrheit war, dass ihre freundlichen Worte mich auch sehr bedrückten. Ich war so dumm zu denken, dass ich für meine Herrin alles tun würde, worum auch immer sie mich bat.
     
    Ich ging zurück in die Küche, und dort versuchte ich, die traurige Geschichte meiner Herrin mit den Informationen zu rekonstruieren, die ich hatte.
    Ganz zu Anfang musste sie im Sommer mit einem Mann zusammen gewesen sein, und als ihre Monatsblutungen versiegten, hatte sie eine höllische Angst bekommen. Dann weigerte sich der Schuft bestimmt, zu ihr zu halten und dem Kind seinen Namen zu geben. Danach war es mächtig dringend, dass sie unter die Haube kam, und deshalb fand im Oktober die Hochzeit mit Sir Geoffrey statt. Ich spießte eine Scheibe Brot auf und steckte den Spieß direkt ins Feuer, wo das Brot so schwarz verbrannte wie die Stiefel des Höllengrafen persönlich.
    Dann fand sie heraus, dass Sir Geoffrey Syphilis hatte, und ich war überzeugt davon, dass sie nicht versucht hatte, ihn zu vergiften. In Gedanken ging ich wieder die Leiden durch, die laut dem
Schatzbuch der Köchin
mit Sassafras-Öl geheilt werden konnten. Dieses Mal klingelte es bei mir. Ich ließ den Toast im Wasser ziehen und schlüpfte nur kurz in meine Kammer. Rasch blätterte ich im
Schatzbuch
und fand bald die richtige Seite.
Menstruelle Blockaden
. Ich erinnerte mich an einen Apotheker, der die weiblichen Blutungen als Mensis oder so was Ähnliches bezeichnete. Was war ein Baby anderes als eine Blockade der monatlichen Blutung? Herrje, sie hatte das Öl gekauft, weil sie das Baby loswerden wollte! Sie war also wirklich sehr verzweifelt. Als ich sie das erste Mal in Mawton sah, musste sie schon unter all diesen lästigen Beschwerden einer Schwangerschaft gelitten haben. Himmel, sie

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