Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
Vom Netzwerk:
glühten wie zwei Kohlestücke. «Ich könnte Euch sehr interessante Reiseführer leihen, wenn Ihr nach Unterhaltung …»
    «Geht mir aus dem Weg.» Meine Herrin stand bereits auf der Trittstufe. Einen Moment lang rührte Mr. Pars sich nicht, sondern starrte sie nur hasserfüllt an. Dann marschierte er schnell von dannen, und wir konnten alle aussteigen und zu unserem Nachtquartier gehen.

XXI Lyon
Zu St. Paul, Januar 1773
Biddy Leighs persönliche Aufzeichnungen
    Tee aus verbranntem Toast
    Man nehme so viel trockene Brotkruste, wie auf eine Schuhspitze passt, und lege sie so dicht ans Feuer, dass die Kruste pechschwarz verbrennt. Dann gieße man kochendes Wasser darüber und lasse die Mischung ordentlich ziehen, ehe man den Tee durch ein Sieb gibt und ausdrückt. Dieser Tee sollte heiß getrunken werden. Wenn die erste Tasse keine Erleichterung verschafft, genehmige man sich eine zweite.
    Biddy Leighs wirksames Mittel gegen Bauchweh
    E in ganz anderer Duft hing in Lyon in der Luft – nach von der Sonne verdorrten südlichen Dingen, nach starkem, rotem Essig und nach Rosmarinnadeln. Das war auch besser so, denn einige Straßen in dieser Stadt waren ein überlriechendes Gewirr, und die Bettler nervten mich fast zu Tode. Die Bettelei war eigentlich unnötig, denn es gab genug Papistenkirchen und Klöster in dieser Stadt, die zu jeder vollen Viertelstunde ihre Glocken läuten ließen. Doch dank meines Glücks war unser neues Quartier mächtig groß und hatte Glasfenster. Die Laken dufteten sogar nach Orangenblüten.
    Es war gut, dass wir so bequem untergebracht waren, denn meine Herrin hatte schon vor unserer Ankunft in Lyon begonnen, sich zunehmend zu beklagen. Mr. Pars spottete über das, was er ihr Getue nannte, aber ich beurteilte sie nur nach dem, was sie aß. Und sie ließ sogar den zuckrigsten Rumbaba, einen köstlichen Napfkuchen, stehen. Eines Morgens, als meine Herrin und ich allein im Quartier waren, zog sie so heftig an der Klingelschnur, dass ich insgeheim schon Jesmire verfluchte, weil sie nicht da war. Ich lief zu ihrem Gemach und fand sie im Bett liegend vor. Sofort erkannte ich, dass sie ernsthaft krank war. Sobald ich aber an ihr Bett trat, fiel mir etwas sehr Merkwürdiges ins Auge. Ihr Mund war so widerlich schwarz verfärbt, dass ich fürchtete, sie habe sich eine eklige französische Krankheit eingefangen.
    «Mylady!», rief ich und half ihr, sich aufzusetzen. Dann erst bemerkte ich den Teller neben ihrem Bett, auf dem die Krümel von pechschwarzer Kohle die Reste ihrer letzten Mahlzeit waren.
    «Wartet, ich säubere Euch», sagte ich und versuchte, mir mein Erstaunen nicht anmerken zu lassen.
    Sie war so zahm wie ein Lamm, als ich ihr schmutziges Nachthemd wechselte. Die ganze Zeit rasten meine Gedanken. Ich kannte nur einen Grund, weshalb es Frauen plötzlich nach Kohle gelüstete. Mein Bauchgefühl hatte mich schon während der ganzen Reise immer wieder in die Irre geführt, und hier hatte ich den Beweis. Wir reisten tatsächlich wegen ihrer Gesundheit!
    Die ganze Sache war für mich einfach zu befremdlich, weshalb ich sie rundheraus darauf ansprach. «Mylady, Tee aus verbranntem Toast ist das Beste, wenn man morgens Übelkeit verspürt.»
    Sie antwortete nicht, doch sie wusste genau, worauf ich anspielte. Schwach sank sie aufs Bett und stützte die Stirn in die Hand. Als sie das Gesicht wieder hob, glänzten große Tränen in ihren Augen.
    «Du weißt es also?»
    «Ich hätte schon eher drauf kommen können, Mylady.» Sie schaute mich ziemlich gequält an und drückte Bengo an die Brust. Der Hund trug die neuste Extravaganz um den Hals – ein silbernes Halsband, auf dem die Worte standen:
Bengo. Carinnas Herz liegt in diesem vierbeinigen Wesen.
Ich hatte über das Halsband gespöttelt, aber damals hatte ich es weniger albern als vielmehr tragisch gefunden.
    «Ich werde Euch auf jede nur erdenkliche Weise helfen, Mylady. Das wollte ich Euch nur sagen, bevor die anderen zurückkommen.»
    «Ich danke dir, Biddy», sagte sie mit erstickter Stimme. «Ich weiß so wenig über diese Dinge, aber ich habe solchen Heißhunger auf alles Verbrannte. Es kann doch kein Zweifel mehr bestehen, oder? Sieh doch nur.»
    Sie schlug die Bettdecke zurück, und ich sah, was mir schon seit mindestens einem Monat hätte auffallen müssen. Ihr Bauch war unter dem zarten Spitzenhemd schon ordentlich angewachsen. Sie starrte ihn kummervoll an, das Kinn auf die Brust gedrückt. «Er wächst so schnell. Und mir ist

Weitere Kostenlose Bücher