Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
Vom Netzwerk:
hatte ihre Rolle wirklich besser gespielt als jede Schauspielerin auf der Bühne! Weil sie fürchtete, man könne herausfinden, dass sie guter Hoffnung war, hatte sie diese Reise geplant und angetreten. Und sie ängstigte sich zweifellos vor fremden Speisen, von denen sie sich nur noch kränker fühlte, und hatte mich deshalb mitgenommen.
    Die ganze Zeit brannte ich darauf, irgendwem von meiner großen Entdeckung zu erzählen. Nachdem ich meiner Herrin also den Tee gebracht hatte, rief ich nach Mr. Loveday, sobald er zurück war. Als er in die Küche kam, sprang ich auf und packte seine Hand.
    «Darf ich mit dir ein Geheimnis teilen, wie Freunde es immer tun?», fragte ich. Als er eifrig nickte, senkte ich die Stimme und erklärte: «Das wirst du mir nie glauben, aber unsere Herrin bekommt ein Kind. Das ist der Grund für diese Reise.»
    «Ein Kind? Woher weißt du?»
    Ich erzählte ihm alles, was ich heute erfahren hatte, und quasselte munter drauflos. «Es ist aber gar nicht Sir Geoffreys Kind», schloss ich. «Aber wer ist der richtige Vater? Mr. Loveday, gab es einen Mann, für den sie eine besondere Schwäche hatte letzten Sommer?»
    Er runzelte die Stirn und starrte an die Decke. Dann schüttelte er den Kopf. «Einige Gentlemen sie mitnehmen nach Vauxhall und so. Ich glaube, vielleicht einer. Sie immer fragt, ob er Karte abgegeben. Mr. Napier, glaube ich. Er heiratet eine andere Frau, wegen viel Geld, habe ich gehört.»
    Dieser Napier war also der Schuft, der sie ruiniert hatte? Ich erinnerte mich an den tintenfleckigen Brief, den sie zu schreiben versucht hatte, als ich sie das erste Mal im blauen Gemach aufgesucht hatte. Ich sprach nicht davon, aber jetzt wusste ich natürlich, dass der Brief nicht für Sir Geoffrey bestimmt gewesen war, wie ich erst gedacht hatte.
    Für wen hatte sie also diese heißblütigen Zeilen verfasst? Von der «Hitze des Feuers» handelten sie – also, ich war vielleicht noch Jungfrau, aber ich wusste genug über mein eigenes brennendes Sehnen, um zu wissen, dass ein leidenschaftlicher junger Mann der Empfänger ihrer Zeilen hätte sein sollen. Zweifellos hatte sie diesen Napier bei einer Vergnügung in London kennengelernt, und er hatte sie überzeugt, dass er sie ehren würde. Meine Güte, das war wirklich die älteste Geschichte der Menschheit.
    Danach war es auch gar keine so schlechte Idee gewesen, Sir Geoffrey zu heiraten, denn damit konnte sie die Schande eines Mädchens in einen Titel ummünzen, und daraufhin nahm sie Reißaus, sodass niemand etwas mitbekam. Mir war jetzt klar, dass sie sogar Mr. Kitt und ihren Onkel im Dunkeln gelassen hatte. Und um dem allem noch die Krone aufzusetzen, verschleuderte sie jetzt auch noch Sir Geoffreys Vermögen.
    «Also, ich bemitleide sie ja schon, weil sie den syphilitischen Mr. Geoffrey geheiratet hat, aber jetzt ist sie auch noch schwanger … Hm, ist mir unverständlich, wie mir das nicht vorher aufgefallen ist», sagte ich und schlug mir die Hand vor den Mund.
    «Mir auch», sagte eine harsche Stimme an der Tür. Mr. Loveday und ich sprangen wie zwei Springteufel von den Schemeln auf. Jesmire stand in der Tür, keine fünf Schritte von uns entfernt, und ihr Gesicht war mächtig selbstgefällig und triumphierend. Ich fragte mich, wie lange sie wohl schon gelauscht hatte, denn Mr. Loveday und ich hatten so laut getratscht, dass sie bestimmt jedes einzelne Wort verstanden hatte.
    «Ich hätte wissen müssen, dass du schon noch ausgraben würdest, was an der Geschichte faul ist», fauchte sie mich an.
    «Aber es stimmt doch», protestierte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. «Wenigstens habe ich so viel Verstand, um das Leiden meiner Herrin aufzudecken. Das ist mehr, als Ihr bisher vermochtet.»
    «Ach, die arme Herrin», äffte sie mich nach. «Wollen wir doch mal sehen, was Mr. Pars aus diesen Betrügereien macht.»
     
    Ich wurde zu Mr. Pars gerufen und erschien an diesem Abend vor ihm. Er saß hinter dem Eichentisch in seiner Kammer und spielte den ernsten Richter. Wenn er mich ausgeschimpft hätte, wäre danach alles gut gewesen, aber der alte Pars war merkwürdig ruhig und sanft.
    «Setz dich doch und lass uns ein bisschen reden, Biddy», sagte er und deutete auf einen Stuhl. Er beobachtete mich mit milder Miene; ich kam mir eher vor wie ein ungezogenes Kind als eine ungehorsame Dienerin.
    «Biddy, Miss Jesmire hat mir erzählt, was du entdeckt hast. Es macht mich traurig, dass du unter meinem Schutz mit so

Weitere Kostenlose Bücher