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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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Schinken oder einer Schweineschulter serviert.
    Ein Hochzeitsessen, das nach der Erinnerung alter Frauen aus den Bergen von Savoyen nachgekocht wurde.
    Aufgezeichnet von Biddy Leigh 1773
    N ach Lyon mussten wir uns in eine gemietete Kutsche zusammenpferchen, denn der Weg über die Alpen war zu gefährlich, um auf dem Kutschbock zu sitzen, selbst für Mr. Pars. Unser Steward saß also groß und säuerlich riechend neben mir und hielt die Augen unter den buschigen Brauen stets geschlossen. Seine Gedanken behielt er für sich, als hätte er sie in ein Grab gelegt. Mr. Loveday musste auch in der Kutsche Platz finden, und wenigstens dafür war ich dankbar, denn draußen auf dem Brett hätte er sich vielleicht zu Tode gefroren. Er machte sich den ganzen Tag auf dem Boden ganz klein, hielt den Kopf mit beiden Händen umfasst und litt offensichtlich Höllenqualen. Meine Herrin hatte gesagt, sie werde nicht zulassen, dass wir aus Mangel an Großzügigkeit frieren müssten, weshalb Mr. Pars uns alle widerstrebend mit Bärenfellen versorgte. Doch sogar in sein Bärenfell gewickelt zitterte und bibberte Mr. Loveday, und seine Zähne klapperten, sobald er nur den Mund aufmachte.
    Wir erreichten nun einen neuen Landstrich namens Savoyen, ein wildes Land mit hohen Felsen, die bis in die Wolken reichten. Das war wirklich der furchterregendste Anblick, den ich bisher gesehen hatte. Wir trauten uns eine enge Straße hinauf, die kaum breiter als sechs Fuß war, und auf einer Seite ragte der Berg steil auf, an den sich seltsam spitze Bäume klammerten. Auf der anderen Seite ging es tief in den Abgrund, wo ein wilder Fluss strömte. In der Kutsche lagen die Nerven von uns allen blank, denn schon mehrfach hatten wir riesige Felsbrocken gesehen, die in den Abgrund gestürzt waren. Stunde um Stunde wurden wir durchgeschüttelt, uns allen war ziemlich unwohl, und wir fürchteten um unser Leben. Dann, um die Sache noch schlimmer zu machen, gelangten wir in eine Gegend, in der blendend weißer Schnee lag. Die Kutsche begann, hin und her zu schlittern, dass einem ganz angst und bange wurde, und im Stillen verfluchte ich jenen Tag, an dem ich die Küche in Mawton verlassen hatte.
     
    Die Sonne ging schon unter, als unsere bemitleidenswerte Reisegesellschaft endlich ein Gasthaus fand, welches so hoch oben auf einem Berg klebte, dass es aussah, als wollte es jeden Moment an der verschneiten Klippe nach unten ins Tal rutschen. Als wir vorfuhren, begann erneut Schnee in dicken wirbelnden Flocken zu fallen, die so wunderschön aussahen, dass ich lachen musste, weil sie mein Gesicht kitzelten. Vor uns bot sich eine bemerkenswerte Aussicht: Die Fenster des mit reichem Schnitzwerk verzierten Holzhauses funkelten golden im Abendlicht, und die Bäume, die niedrigen Dächer und der Boden waren wie gezuckerte Kuchen mit einer dünnen Schicht Puderschnee überzogen. Über uns glühte das Himmelsgewölbe karmesinrot und violett, und die vereisten Abhänge der Berge reflektierten das Licht. Ich hatte noch nie einen seltsameren und atemberaubenderen Ort gesehen.
    Die Bediensteten aus dem Gasthaus krochen wie Maulwürfe aus ihrem Bau und schleppten unsere Kisten ins Innere, das einer dunklen Höhle glich und nur wenig Komfort bot. Wenigstens gab es ein wärmendes Feuer, um das wir uns mit unseren dampfenden Kleidern drängten. Das war also die Stube, in der ein großes Holzkreuz und unzählige papistische Reliquien an den Wänden hingen – Bilder von der Madonna als Heilige und Nonne sowie eine ganze Armee Püppchen. Die Möbel waren grob aus Holz geschnitzt, und als einzigen Zierrat gab es ein paar mit Blumen bemalte Töpfe. Aus dem Hinterzimmer kamen der Gestank und das unablässige Schreien vom Vieh, denn an diesem verzweifelten Ort musste das Haus gleichzeitig als Stall dienen. Es war der Tag der Mariä Lichtmess, der jedes Jahr am vierzigsten Tag nach Weihnachten gefeiert wird. Unsere Wirtin briet uns Pfannkuchen, die ersten gab es mit Käse bestreut, die letzten mit Honig. Die Mahlzeit war karg, aber sie war alles, was wir hatten, denn unsere feinen Kuchen und Pasteten aus Lyon hatten wir inzwischen aufgegessen. Danach blieb uns nichts anderes zu tun, als die Leiter hochzuwanken und uns auf die Strohlager auf dem Heuboden zu betten.
    Am folgenden Tag kam der Kutscher zu uns und meinte, dass die Wolken am Himmel einen heraufziehenden Schneesturm verhießen. Diese Nachricht rief großes Gejammer hervor, denn im Gasthaus konnte man den trübsinnigen

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