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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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aufgebracht und ballte die breiten Kämpferhände zu Fäusten.
»Verzeiht mir«, sagte Rodario liebenswürdig zu den beiden Frauen, dann schnellte sein Fuß in die Höhe und fischte nach einer der brustlangen Bartsträhnen, griff mit der Rechten danach und zog ruckartig an. Der linke Arm hob sich, und der Ellbogen krachte dem Zwerg gegen die Stirn, sodass er aufschnaufte.
Rodario glitt vom Stuhl, ohne die Bartsträhne loszulassen, und zog Hargorin mit sich. Er stemmte die Füße gegen seinen Bauch und schleuderte den Zwerg über sich hinweg; rücklings landete er auf dem Dielenboden.
Der Schauspieler schlug einen Purzelbaum rückwärts und kam auf der Brust des Zwerges zum Sitzen; die Bartsträhne hielt er noch immer fest und zog sie seitlich nach oben. Als er den Fuß daraufstellte, konnte Hargorin den Kopf nicht mehr bewegen. Ingrimmsch war ebenso überrascht wie alle anderen im Raum.
Von irgendwoher hatte Rodario einen Dolch gezogen und hielt ihn dem Zwerg an die entblößte Kehle. »Ich finde es sehr, sehr bedauerlich, dass man von so vielen nur als wahrer Mann gesehen wird, wenn man sich als Kämpfer beweist oder möglichst viele Frauen genommen hat«, säuselte er, doch seine Augen blicktenhart und achteten auf jede Regung seines Gegners. »Euch dürfte ich damit überzeugt haben, Hargorin Todbringer, nicht wahr?«
Mallenias Vorstellung von dem wehrlosen, erfolglosen Mimen zerbarst, und Coira sah den Mann in einem vollkommen neuen Licht. Beide Frauen starrten ihn an und konnten es nicht fassen, wie schnell er sich verändert hatte. Eine Wandlung, die nur mit vorheriger Täuschung zu erklären war.
Seelenruhig ließ Rodario die Strähne los und erhob sich, dann streckte er Hargorin die Hand hin.
Der Dritte stand ohne die angebotene Hilfe auf. Die Schmach saß zu tief, und auch der Bart hatte einige Haare gelassen.
Ingrimmsch ahnte, dass der Anführer der Schwarzen Schwadron Rodario dies niemals verzeihen würde. Das wird Blut kosten.
»Eine entzückende Vorstellung«, meinte Slin und freute sich.
»Erklärt uns, wo ein Mime derart gut kämpfen gelernt hat«, forderte Tungdil. »Und warum Ihr Euch alle Mühe gegeben habt, Eurem Vorfahren nicht zu ähneln«, fügte Coira hinzu. »Wenn ich mir Euch mit einem Kinnbärtchen und Schnauzbart vorstelle, säht Ihr ihm zum Verwechseln ähnlich.«
»Sagte ich doch«, grummelte Ingrimmsch. »Schon als ich ihn an Bord klettern sah.« Rodario kehrte an seinen Platz zurück und verneigte sich in Richtung der Frauen. »Ich muss mich bei Euch beiden entschuldigen, denn ich habe Euch ein wenig Theater vorgespielt. Doch es ist durchaus an der Zeit, den Schleier um das Geheimnis des unbekannten Poeten zu lüften.«
»Ihr? Ihr wollt es gewesen sein?«, platzte es aus Coira heraus, und sie lachte ungläubig. Sie bedachte ihn mit einem neugierigen Blick. »Das könnt Ihr mir nicht weismachen.« »Unmöglich«, sagte Mallenia sofort. »Ihr ...« Sie schwieg verwirrt.
Rodario verbeugte sich, als stünde er vor seinen Spectatores. »Doch, ich bin der unbekannte Poet«, antwortete er. »Niemand wäre jemals auf den Gedanken gekommen, ausgerechnet in mir, dem Nachfahren des Unglaublichen Rodario, der ihm an wenigsten gleichkommt, den Freiheitsverteidiger und Volksaufhetzer, den Mörder an Lohasbrandern und deren Orks zu sehen. Täuschung ist der beste Schild.« Ingrimmsch musste bei diesen Worten schnell zu Tungdilsehen und um dessen Mundwinkel huschte ein verstohlenes Lächeln. Hoffentlich nur ein Zufall.
Rodario fuhr sich über das markante Kinn. »Ich merkte sehr bald, dass ich meinem berühmten Vorfahren wie aus dem Gesicht geschnitten bin. Wenn ich meine Stücke auf den Bühnen in Idoslän, in Tabain und in Gauragar aufführte, trug ich niemals Schminke, doch abseits davon an jedem Umlauf«, erklärte er lächelnd und setzte sich. »Ich machte mich zum Trottel, ich verlor die Wettbewerbe absichtlich und wollte, dass mir niemand etwas zutraute.«
Coira sah ihn in jener Nacht vor sich, als er ihr im Turm von Mifurdania begegnet war. »Ich habe Euch wirklich den Verlierer und Tollpatsch abgekauft«, meinte sie verblüfft. »Und Ihr könnt sicherlich auch reiten?«
»Im Grunde sehr gut, Hoheit«, erwiderte er. »Es war eine Rolle, die ich spielte. Und natürlich vermag ich zu schwimmen, sonst hätte ich den Sturz vom Schacht nicht überstanden.«
»Ein echter Held«, sagte Mallenia grinsend. »Da denkt man, der Mann braucht Schutz von starken Armen, und dann ist er in Wahrheit ein guter

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