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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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zu erwehren, das stärker wurde, je öfter er zum lächelnden Tungdil blickte. Vraccas hilf uns.
Frandibar schwieg eine Weile, ehe er von seinem Platz aufstand. »Es ist eine Entscheidung, die es in der Geschichte unseres Volkes in dieser Weise niemals gegeben hat. Bis zum heutigen Umlauf. Es ist mir wichtig, jeden einzelnen Clananführer und jede einzelne Clananführerin nach ihrer Meinung und ihrer Stimme zu befragen.« Er zeigte auf den ersten Zwerg aus dem Stamm der Fünften und bekam eine Zustimmung. Es dauerte sehr lange, bis jedes Mitglied der Versammlung angehört worden war. Doch am Ende erhielten sie ein einstimmiges Urteil. Aller Augen richteten sich auf Tungdil, als Frandibar den Mund öffnete und ihn ansprach.
Ingrimmsch betrat Tungdils Unterkunft, in der lediglich eine einsame Kerze brannte; kleine Flämmchen flackerten über einer Glut im Kamin, und das wenige Licht tauchte den Raum in dunkles Rot.
Sein Freund saß in voller Rüstung mit dem Rücken zur Tür schräg vor der Feuerstelle. Auch wenn der Sessel sehr groß war, passte er gerade so in der Breite hinein. Die rechte Hand hielt Blutdürsters Knauf, die Spitze der Waffe stand auf dem Boden. Die goldene Augenklappe schimmerte blutfarben, die Intarsien im Schwarz der Tioniumrüstung glommen, als wären sie von den Flammen erwärmt worden und hätten die Hitze gespeichert.
Ingrimmsch sah, dass der Teller mit dem Mahl unangetastet geblieben war, die Karaffe mit dem Bier dagegen leer auf der Seite lag. »Du bist mit dem Ausgang der Wahl nicht glücklich, Gelehrter«, stellte er fest.
Tungdil antwortete ihm nicht.
»Gelehrter?« Er umrundete den Sessel, um ihm ins Gesicht schauen zu können, und erschrak.
Das verbliebene braune Auge hatte seine Farbe geändert und schien von grünen Wirbeln durchdrungen zu sein. Gleich darauf quollen dunkelgelbe Punkte aus der Tiefe empor und verdrängten die Wirbel. Die schwarze Pupille dagegen wirkte gläsern und tot.
Ingrimmsch neigte sich nach vorne. »Was geht denn ...«
Tungdils Blick schärfte sich, und schlagartig war sein Augebraun. »Verzeih, ich habe geschlafen«, sagte er zur Begrüßung und berührte sein Gesicht, als wolle er sich vergewissern, dass alles an Ort und Stelle lag. »Was kann ich für dich tun?«
Boindil zog den Kopf wieder zurück, überwand seine Überraschung und den Schrecken. »Ich wollte nachhören, wie es dir geht. Wie du mit dem Ausgang der Wahl zufrieden bist.« Er setzte sich auf den Stuhl gegenüber.
»Ist das der wahre Grund für dein Kommen?« Tungdil atmete schwer. »Oder wolltest du nachsehen, was ich tue, wenn ich mich unbeobachtet glaube?«
»Kann man dich denn noch überraschen? In dieser Rüstung?«, versuchte Ingrimmsch einen Scherz und lächelte schief.
Tungdil blickte seinen Freund an, und Ingrimmsch freute sich über den altbekannten Ausdruck auf seinem Gesicht. In diesem Moment hatte er keinerlei Zweifel, den wahren Gelehrten vor sich zu haben. »Ich hatte dich noch gar nicht gefragt, was du von meinem Vorschlag hältst.«
»Ist es dafür nicht zu spät? Die Entscheidung ist gefallen.«
»Ja, ich hätte dich früher einweihen müssen«, gab Tungdil zurück. »Aber du warst auch so ein großartiger Fürsprecher.«
Boindil lachte freundlich. »Ich kann dich doch nicht alleine gegen die ganzen Sturköpfe ziehen lassen. Was für ein Freund und Kampfgefährte wäre ich denn da?« Er rieb sich über die Stirn und legte die Finger zusammen. »Sicher ist es gefährlich, sicher werden einige ihr Leben lassen. Da gebe ich mich keinerlei Hirngespinsten hin. Aber wir könnten es schaffen, weil niemand von unseren Feinden mit einer derartigen List rechnet. Wir schlagen sie mit ihren eigenen Waffen.« Er brummte. »Na, gut, zumindest die Schwarzaugen.«
»Du hegst keinerlei Unsicherheit?«
Ingrimmsch lauschte in sich hinein. »Es gibt in deinem Vorhaben viele Unwägbarkeiten, die wir nicht beeinflussen können: Wenn die Albae den Drachen schneller erledigen als uns lieb sein kann; wenn der Kordrion sich nicht um sein Gelege kümmert, wie du annimmst; wenn LotIonan nur mit dem Finger schnippen muss und mit seinem Hokuspokus die Bestie in einen Stein verwandelt.« Er kreuzte die Arme vor der breiten Brust. »Aber daran glaube ich nicht.«
»Liegt es daran, dass du verzweifelt genug bist, oder weil ich es bin, der es vorgeschlagen hat?«»Ich bin dafür, weil es ein guter, wenn auch wagemutiger Plan ist, Gelehrter«, erwiderte Ingrimmsch bedacht. »Ich habe mit dir so viel erlebt und

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