Das Schicksal des Highlanders
Gefühlen interessiert wäre, hätte sie zumindest zu mir kommen können, um mir zu sagen, dass sie weggeht. Das hat sie nicht. Sie hat sich einfach fortgestohlen.« Er ging zur Tür. »Ihr habt mich gefragt, was ich glaube, dass ihr mein langes Schweigen sagen würde? Nun gut, du bist doch ein kluger Kopf, Nigel – was glaubst du, hat es mir gesagt, dass sie gegangen ist, bevor wir über alles reden konnten?«
Eric zuckte zusammen, als die Tür hinter Balfour zufiel. »War’s das jetzt?«
»Nein«, antwortete Nigel. »Das heißt nur, dass es ein bisschen dauern wird, ein bisschen Überredungskunst braucht, bevor er ihr nacheilt.«
»Glaubst du, Maldie wird auf ihn warten?«
»Ja.« Nigel lächelte traurig. »Und zwar viel länger, als ihr lieb sein wird.«
»Nun, ich hoffe, du hast recht mit den Kirkcaldys. Wenn ihre Verwandtschaft sie mit offenen Armen empfängt, wird es Maldie immerhin helfen und den Schmerz des Wartens lindern, bis Balfour wieder zu Besinnung kommt.«
Maldie packte ihren Beutel fester und sah sich im großen Saal der Kirkcaldy-Burg um. Nichts war sie in ihrem bisherigen Leben so hart angekommen, wie durch die großen Tore in die Heimat ihrer Mutter zu treten. Nun wartete sie voller Angst, in wenigen Augenblicken wieder hinausgeworfen zu werden.
Ihr Herz sagte ihr, dass ihre Mutter sie sehr wohl über ihre Verwandten belogen haben konnte, so wie sie sie schon über so vieles belogen hatte. Entweder das, oder aber Margaret hatte ihre Familie auf ihre verdrehte, unverständliche Art gesehen, mit der sie auch so vieles andere betrachtet hatte. Es konnte aber auch sein, dass sie zumindest einmal in ihrem Leben absolut ehrlich gewesen war. Diese letzte Möglichkeit ließ Maldie zittern.
Die Torwachen hatten sie so intensiv angestarrt, dass sie nervös geworden war, aber sie hatten nicht gezögert, Maldies Wunsch zu entsprechen, den Laird zu sprechen. Das kam ihr etwas seltsam vor. Es hätte sie zumindest jemand fragen sollen, worüber sie denn mit dem Laird zu sprechen begehrte. Vielleicht war es ja deshalb so einfach gewesen, eine private Unterredung mit dem Laird zu bekommen, weil sie dieselben grünen Augen und schwarzen Haare hatte wie so viele andere hier? Als sie die Ähnlichkeiten zwischen sich und einigen der Torwachen bemerkt hatte, hatte sie das Gefühl gehabt heimzukommen, es jedoch abgewürgt, so schnell sie konnte. Bevor sie nicht mit dem Bruder ihrer Mutter gesprochen hatte, wagte sie nicht, an so etwas zu denken. Wenn sie wieder hinausgeworfen würde, wie ihre Mutter prophezeit hatte, würde es ihre Schmerzen nur vermehren, nur so kurz in den Schoß der Familie zurückgekehrt zu sein.
Ein groß gewachsener Mann betrat den Saal. Er betrachtete sie genau, als er sich an seinen Platz am Kopf der Tafel begab. Nur ein Mann begleitete ihn. Die Hand dieses kleineren, dünnen Mannes ruhte die ganze Zeit über auf dem Heft seines Schwertes. Noch mehr grüne Augen und schwarze Haare, sinnierte sie, als sie der stummen Aufforderung des Großen folgte, näher an den Tisch zu treten.
»Ihr seid eine Kirkcaldy?«, fragte der Große.
»Seid Ihr der Laird dieses Clans?« Sie versuchte ruhig und aufrecht zu stehen, um ihre Angst zu verbergen.
»Ja«, antwortete er leise lächelnd. »Ich bin Colin Kirkcaldy. Wollt Ihr mit mir reden?«
»Jawohl. Ich bin Maldie Kirkcaldy, die uneheliche Tochter von Margaret Kirkcaldy.«
Die beiden Männer waren tief getroffen, das war das Einzige, dessen sich Maldie sicher war. Sie starrten sie verblüfft an. Colin war etwas blass geworden. Er schaute sich zuerst um, bevor er sie wieder fest anblickte.
»Wo ist Margaret?«, fragte er.
»Sie starb letzten Winter.«
»Du siehst aus wie sie, wie eine Kirkcaldy.«
»Ich sehe wie eine Kirkcaldy aus, weil ich eine Kirkcaldy bin.«
»Und dein Vater?«
»Beaton von Dubhlinn, aber auch ihn werdet Ihr nicht mehr sprechen können. Er starb vor wenigen Tagen von der Hand Balfour Murrays, des Lairds von Donncoill.«
Zu ihrer Überraschung kicherte Colin. »Du beißt auch zu wie eine Kirkcaldy. Setz dich her, Mädchen, zu meiner Rechten. Thomas, hol uns Wein!«, forderte er den Mann auf, der ihn begleitet hatte.
»Seid Ihr sicher?«, fragte Thomas. »Ihr wärt allein.«
»Ich denke schon, dass ich mich gegen das Kindchen hier verteidigen kann«, erwiderte Colin gedehnt. Sobald Thomas gegangen war, wandte er sich wieder zu Maldie. »Du bist nicht gekommen, um mich umzubringen, oder?«
»Nein. Aber wenn es stimmt,
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