Das Schicksal des Highlanders
Anziehung, die dieser Mann auf sie ausübte, ankämpfen, und obendrein musste sie versuchen, sich vor seinem Verlangen und vor der Wonne, die es in ihr erregte, zu schützen. Maldie fragte sich des Öfteren, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn sie nie aus den Büschen am Straßenrand getreten wäre.
»Allmählich glaube ich, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe«, murmelte sie und starrte in den schlichten Silberbecher in ihrer Hand.
»Das glaube ich nicht. Mein Bruder sieht aus, als ob es ihm schon wesentlich besser ginge«, erklang Balfours tiefe, volle Stimme direkt hinter ihr.
Maldie schnappte nach Luft. Sie war von seinem plötzlichen Auftauchen so überrascht, dass ihr fast der Becher aus der Hand fiel. »Ihr habt mich gerade um zehn Jahre meines armen kleinen Lebens gebracht!«
Balfour verkniff sich ein Lächeln. Er fand ihre Unsicherheit in seiner Anwesenheit ebenso ermutigend wie erheiternd. Anfangs hatte er sich gefragt, ob sie wohl Angst vor ihm hatte, doch diese Sorge hatte er rasch abgeschüttelt. In ihren wundervollen Augen konnte er keine Angst entdecken,
sondern nur die Spiegelung seines Verlangens. Er hätte zu gern gewusst, ob ihr Unbehagen einer mädchenhaften Scheu gegenüber einem solchen Verlangen entstammte oder der Stärke ihrer eigenen Gefühle und dem heftigen Bedürfnis, ihnen nachzugeben. Mit diesem Wissen wäre es ihm leichter gefallen, über seinen nächsten Schritt zu entscheiden. Doch dann musste er innerlich über sich lachen. Selbst wenn er gewusst hätte, was sie in Wahrheit fühlte, hätte er nichts anderes geplant, er hätte sich nur frei gefühlt, rascher zu handeln. Er wollte Maldie Kirkcaldy, und er beabsichtigte, seine Gelüste bald zu stillen.
»Nun komm schon, so furchterregend bin ich doch gar nicht«, sagte er leise und gab dem Bedürfnis nach, sacht über ihr dichtes, widerspenstiges Haar zu streichen.
Obwohl seine Berührung sanft und flüchtig war wie ein laues Frühlingslüftchen, spürte Maldie sie überdeutlich. Er war ihr so nahe, dass sie sein Verlangen fast riechen konnte. Die Hitze schlug ihr entgegen, drang tief in sie ein, erwärmte ihr Blut und forderte eine Reaktion. Sie spürte seine verführerischen Gedanken, er brauchte sie gar nicht auszusprechen; sie waren für sie greifbar wie eine Liebkosung. Zitternd wich sie zurück. Sie nahm einen großen Schluck Apfelwein. Als sie Balfour heimlich musterte, zuckte sie zusammen. In seiner Miene las sie Belustigung. Er hatte ihren Schritt genau richtig gedeutet – als feigen Rückzug.
»Ich habe keine Furcht vor Euch, Sir. Aber die Umstände sind etwas beunruhigend.« Als sie den leeren Becher abstellte, merkte sie erfreut, dass ihre Hand trotz allem, was in ihr vorging, nicht zitterte – innerlich bebte sie nämlich wie die Erde unter den Füßen eines heranmarschierenden Heeres. »Man hat mir beigebracht, mich niemals mit einem Mann, den ich kaum kenne, in einer Schlafkammer aufzuhalten.«
»Nun, für diese Sorge gibt es eine einfache Lösung.«
»Ach ja? Geht Ihr?«
»Das nicht. Aber du musst mich eben besser kennenlernen.« Er lächelte hinreißend über ihren empörten Blick. »Es wird schon nicht so qualvoll sein. Du kannst dich doch nicht ständig in dieser Kammer verstecken!«
»Stimmt. Ich bleibe so lange, bis Euer Bruder gesund ist, und dann mache ich mich wieder auf den Weg.«
»Es kann noch Monate dauern, bis Nigel völlig geheilt ist. Aber schon jetzt müsste man sich eigentlich nicht mehr unablässig von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang um ihn kümmern. Du solltest raus und den Frühling genießen!«
Maldie betrachtete ihn mit einem scheelen Blick, denn in ihr keimte ein gewisser Verdacht auf. »Ich kann auch aus diesem kleinen Fenster sehen, wie schön der Frühling ist.« Der Mann schäkerte mit ihr, dessen war sie sich ganz sicher.
»Das schon, aber es ist nicht dasselbe wie ein Frühlingsspaziergang, wie das Einatmen der Frühlingsluft«, murmelte er. »Den Frühling muss man auf der Haut spüren.« Er streichelte sanft ihren schlanken Arm, ohne darauf zu achten, dass sie vor seiner Berührung zurückschreckte. »Man muss sich die sanfte Brise durch die Haare wehen lassen.« Sacht fuhr er mit den Fingern durch ihr Haar. Sie trat einen Schritt zurück und starrte ihn finster an. »Und man muss sich von der süßen, warmen Luft die Wut und alle bösen Säfte vertreiben lassen.«
»In mir gibt es keine bösen Säfte.« Sie stemmte die Hände in die Hüften und neigte den
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