Das Schicksal des Highlanders
Ich verstehe zwar nicht viel von Mode, aber ich habe Augen im Kopf, und mit denen sehe ich, dass du gerade mal zwei Gewänder hast, die du sicher schon seit Jahren trägst. Das ist keine Schande, aber ich wollte dich gerne mit etwas dafür belohnen, dass du Nigel das Leben gerettet hast. Und da fiel mir ein, dass du vielleicht mal was Neues zum Anziehen bräuchtest oder einfach gern ein neues Kleid hättest.«
Maldie seufzte und setzte ein schiefes Grinsen auf. »Du hast recht. Manchmal richte ich meine Stacheln auf wie ein kleiner Igel; ich höre Dinge, die gar nicht gesagt wurden, und spüre Verachtung hinter den unschuldigsten Worten. Danke für dein freundliches Angebot, aber ich muss es trotzdem ablehnen. Meine Kleider sind zwar alt und oft geflickt, aber ich kann keine Geschenke annehmen dafür, dass ich etwas tue, was ich für jeden anderen auch getan hätte. Gott hat mir die Gabe gewährt, Menschen zu heilen. Es erscheint mir nicht richtig, einen Lohn zu nehmen dafür, dass ich Seine Arbeit leiste.«
Balfour beschloss, die Sache einstweilen auf sich beruhen zu lassen. Er beschloss aber auch, Una, die beste Näherin des Clans, zu beauftragen, heimlich ein Gewand für Maldie anzufertigen. Er würde Maldie gar nicht mehr fragen, was sie denn als kleines Dankeschön für all ihre Mühen haben wollte, sondern ihr das Kleid einfach als Geschenk überreichen. Offenbar war Maldie trotz ihrer Armut wie eine Adlige erzogen worden, und deshalb würde sie ihm ein Geschenk schon allein aus Höflichkeit nicht abschlagen können.
»Wie lange hast du denn in Dubhlinn herumgelungert?«, fragte er.
»Ich habe nicht herumgelungert, ich war etwa zwei Wochen dort«, erwiderte sie, sein Schmunzeln ignorierend.
Obwohl sie derartige Fragen erwartet hatte, machten sie sie doch unruhig. Noch mehr Lügen, dachte sie in einem Anflug von Verzweiflung. Und der Begriff ›herumlungern‹ war durchaus passend. Genau das hatte sie getan und jede Gelegenheit genutzt, die Beatons auszuspionieren. Wenn sich nicht zu viele Männer zu auffällig für sie interessiert hätten, wäre sie vielleicht noch länger geblieben. Sie hatte selbst jetzt noch ein schlechtes Gewissen, weil sie sich klammheimlich und ohne ein Wort des Dankes an das nette alte Paar, das sie so freundlich aufgenommen hatte, bei Nacht und Nebel davongeschlichen hatte.
Wieder einmal regte sich Wut auf ihre Mutter in Maldie. Sie fragte sich, ob diese verbitterte Frau je daran gedacht hatte, welche Sünden ihre Tochter würde begehen und zu welchen gemeinen Listen sie würde greifen müssen, um den Racheschwur zu erfüllen, den sie ihr abgerungen hatte. Doch gleich darauf regte sich wieder ihr schlechtes Gewissen. Was war sie doch für ein undankbares Kind! Ihre Mutter hatte sich ein ums andere Mal für ein bisschen Essen erniedrigt. An ihrer traurigen Lage war einzig und allein Beaton schuld. War es wirklich zu viel verlangt, diesen Mann für seine Grausamkeit büßen zu lassen und zu erwarten, dass das einzige Kind dafür sorgte? Eine leise Stimme in ihrem Kopf bejahte diese Frage, aber Maldie brachte sie rasch zum Verstummen.
»Du bist plötzlich so ernst«, meinte Balfour besorgt und streichelte Maldies zur Faust geballte Hand. »Hattest du Ärger in Dubhlinn?«
»Nein. Mir fiel nur eben ein, dass ich die freundlichen Alten, die mir geholfen haben, vielleicht in Gefahr bringe, wenn ich dir helfe.« Sie bestrich eine Scheibe Brot dick mit Honig. »Doch dann habe ich mich daran erinnert, dass die alte Frau oft darüber geklagt hat, dass Beaton nie wartet, bis die Dörfler Schutz in seiner Burg gefunden haben. Sobald der Mann glaubt, es sei Gefahr im Verzug, schließt er die Tore und kümmert sich nicht um diejenigen, die draußen geblieben sind. Sie hat sogar behauptet, er würde seine eigene Mutter aussperren, wenn sie nicht schnell genug wäre. Außerdem meinte sie, die Leute im Dorf versuchen schon gar nicht mehr, zur Burg zu laufen. Sie verstecken sich nur und beten, dass sie verschont bleiben, da die Angreifer ja hinter Beaton her sind.«
»Mach dir um die Dorfbewohner keine Sorgen. Ich habe nicht vor, den ganzen Clan niederzumachen. Mir geht es einzig und allein darum, den jungen Eric heimzubringen und mich an ihrem Laird zu rächen.« Kopfschüttelnd wischte er mit einem Stück Brot seinen Teller sauber. »Wahrscheinlich wird es den Leuten sogar besser gehen, wenn sie nicht mehr von diesem Schuft geführt werden.«
Dann verstummte er und schien sich nur mehr auf
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