Das Schicksal des Highlanders
Donncoill schlief, bot eine Zuflucht vor James und Balfour. Aber auch dort war sie unter steter Beobachtung eines Murray. Den Murrays zu entkommen war offenbar unmöglich. Das machte es Maldie umso schwerer, zu lügen und ihre Geheimnisse zu hüten.
Balfour blieb vor einer Tür gegenüber von Nigels Schlafkammer stehen und öffnete sie, wobei er Maldie nicht aus den Augen ließ. Sie kam ihm an diesem Abend ausgesprochen merkwürdig vor. Den einen Moment lächelte sie und redete viel, den anderen war sie stumm und gedankenverloren; und ihrer finsteren Miene nach zu urteilen waren es keine hübschen Gedanken. Balfour wusste nicht, wie sie auf die Nachricht reagieren würde, dass sie ein anderes Zimmer bekommen hatte.
Nigel brauchte ihre dauernde Pflege nicht mehr, aber das war nicht der Grund, warum Balfour Maldie ein eigenes Schlafzimmer angewiesen hatte. Nigels offenkundiges Interesse an dem jungen Mädchen hatte diesen Entschluss in ihm reifen lassen. Er hoffte nur, dass sie das nicht merken würde, denn möglicherweise hätte sie es als Beleidigung aufgefasst, und auch er selbst schämte sich ein wenig, dass er ihr und seinem Bruder so wenig traute.
»Das ist aber nicht mein Zimmer«, meinte Maldie und versuchte vergeblich, sich aus seinem festen Griff um ihren Arm zu befreien.
»Doch, ab sofort schon.« Er zog sie hinein, machte die Tür zu und lehnte sich dagegen.
»Man sollte Nigel nicht allein lassen. Vielleicht stellt er wieder irgendeinen Blödsinn an.«
»Er wird nicht allein sein. Aber er braucht dich jetzt nicht mehr Tag und Nacht an seiner Seite.«
»Dann ist es für mich vielleicht wieder an der Zeit weiterzuziehen.«
Der Gedanke, dass er ihr zustimmen könnte, versetzte ihr einen Stich. Seltsam – obwohl sie darauf bedacht war, möglichst wenig zu lügen, wurden ihre Halbwahrheiten immer komplizierter und wirrer, sodass sie befürchtete, bald darüber zu stolpern. Balfour begehrte sie, und sie wusste, dass ihr der Wille und die Kraft fehlten, ihm noch sehr viel länger zu widerstehen. Nigel begehrte sie ebenfalls; ihm gegenüber standhaft zu bleiben bereitete ihr keine Mühe. Aber die beiden Brüder konnten sich ernsthaft in die Haare kriegen, und James vertraute ihr nicht. Es wäre wirklich am klügsten, so bald wie möglich zu gehen, und zwar, bevor sich eine dieser Komplikationen zum ernsthaften Problem zuspitzte. Dennoch stand sie nun da und wartete gespannt, dass Balfour ihr einen Grund zum Bleiben nannte, und dieser brauchte noch nicht einmal besonders gut zu sein, wie sie sich widerwillig eingestand.
»Nein, bleib doch noch! Nigel kann noch nicht ganz auf deine kundige Pflege verzichten«, meinte Balfour und nahm sie bei der Hand. »Wie du ja schon gesagt hast – er könnte Unsinn anstellen. Schließlich ist er noch ziemlich schwach und muss aufpassen, dass er sich nicht selbst schadet. Dank dir hat er überlebt, aber jetzt musst du ihn noch vollständig heilen, damit er sich wieder so bewegen kann wie früher.«
Maldie leistete keinen Widerstand, als er sie langsam in seine Arme zog. »Und damit er sein Schwert wieder zücken kann.«
»Ich brauche ihn, wenn ich gegen Beaton ins Feld ziehe«, erwiderte er. »Ich brauche seine Kraft und seine Kampfeskunst.« Er streifte ihr dichtes Haar zurück und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Mulde hinter ihrem Ohr. »Erics Brüder müssen Seite an Seite für seine Befreiung kämpfen.« Er knabberte an ihrem seidenen Ohrläppchen und ergötzte sich daran, wie sie in seinen Armen erbebte.
»Eric hat großes Glück mit der Familie, die ihm das Schicksal bestimmt hat!«
Maldie schlang die Arme um seinen Nacken und bot ihm ihr Gesicht. Dass diese stumme Bitte um einen Kuss ziemlich schamlos war, kümmerte sie nicht weiter. Sie konnte es kaum erwarten, von ihm geküsst zu werden, denn seine Küsse lösten die köstlichsten Gefühle in ihr aus. Sie vertrieben alle unruhigen Gedanken und Ängste. Maldie sehnte sich nach der Wärme, die seine Lippen in ihrem Körper entfachten, nach dem Zittern, der Atemlosigkeit. Innerlich musste sie lächeln, als ihr einfiel, wie gut er schmeckte. Seufzend schloss sie die Augen, als er sanft mit seinen langen Fingern über ihre Lippen fuhr.
»Dein Mund ist wunderschön und sehr verführerisch!«, flüsterte Balfour.
Seine Lippen näherten sich, sie spürte schon seinen warmen Atem, doch er zögerte noch. Maldie öffnete die Augen einen Spalt weit und betrachtete ihn unter gesenkten Lidern. Sie entdeckte
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