Das Schicksal des Highlanders
vorgebracht, sondern die Anschuldigung nur empört zurückgewiesen.
»Habt Ihr es getan?«, fragte James, der neben Balfour getreten war.
»Ja.« Er nickte dem Mann zu, den James mitgebracht hatte, um Maldies Tür zu bewachen. Dann begab er sich mit seinem Hauptmann zum großen Saal zurück.
»Ich nehme an, sie hat nicht gestanden und um Verzeihung gebeten.«
»Oh nein. Das würde Maldie nicht einmal dann tun, wenn sie schuldig wäre.«
»Ihr glaubt noch immer nicht, dass sie es ist?«
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Sie hat auf die Beschuldigung wie jemand reagiert, der unschuldig ist, aber vielleicht ist sie einfach nur eine geschickte Lügnerin. Sie hat sich aber auch nicht verteidigt, sondern nur ihre Unschuld beteuert. Ich habe sie gebeten, mir etwas über sich zu erzählen, was wir nachprüfen könnten. Daraufhin hat sie nur gesagt, ich solle doch selbst danach suchen.« Als sie den großen Saal betraten, erhaschte er einen flüchtigen Ausdruck der Erheiterung auf James’ zerfurchtem Gesicht. Finster meinte er: »Findest du das etwa lustig?«
»Ich fürchte, ja«, erwiderte James kopfschüttelnd. Sie setzten sich an den Kopf des größten Tisches und gossen sich Wein ein. »Aber um ehrlich zu sein: Ich bin auch der Meinung, dass sie unschuldig ist – oder weitaus schlauer als wir.«
»Ich habe meiner Geliebten soeben ein schreckliches Verbrechen vorgeworfen, ich habe sie beschuldigt, einen Mann in den Tod geschickt zu haben. Und jetzt meinst du, sie sei unschuldig?«
»Ich habe immer geglaubt, dass sie es sein könnte, aber letztlich haben wir keinerlei Beweis für ihre Schuld. Doch Ihr hättet nie etwas gegen sie unternommen, wenn ich Euch das vorher gesagt hätte. Ich bin noch nicht so alt, um mich nicht von einem hübschen jungen Mädchen mit grünen Augen umgarnen zu lassen, aber ich lasse mich nicht von ihrer Schönheit blenden. Einer von uns musste sein Herz verhärten und alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.«
Balfour fluchte und streckte sich in dem vergeblichen Versuch, seine Anspannung zu vertreiben. »Das wird sie mir nie verzeihen.«
»Wenn ihr nicht so viel an Euch liegt, dass sie nicht versteht, dass Euch nichts anderes übrig blieb, als so zu handeln, dann hättet Ihr sie wahrscheinlich ohnehin nicht sehr lange halten können. Aber trotzdem ist es merkwürdig, dass sie so wenig über sich erzählt. Ich glaube, es ist höchste Zeit herauszufinden, was sie verbirgt.«
»Ja, sie hat wirklich viele Geheimnisse. Wir können es uns einfach nicht leisten, sie unbehelligt umherstreifen zu lassen und zu hoffen, dass diese Geheimnisse uns nicht schaden. Ich weiß, dass ich mich nicht anders verhalten konnte. Ich wünschte nur, es würde sich besser anfühlen, das Richtige getan zu haben.«
Eine Zeitlang starrte Maldie reglos auf die verriegelte Tür, dann stolperte sie zum Bett und warf sich darauf. Blicklos sah sie zur Decke hoch. In ihr wüteten so viele Gefühle, dass sie kaum atmen konnte. Aber eines wollte sie auf keinen Fall: weinen. Doch der Kloß in ihrer Kehle drohte sie zu ersticken, und sie merkte, dass sie ihren Willen nicht bekommen würde. Schließlich drehte sie sich auf den Bauch, fluchte halblaut und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Es dauerte länger, als ihr lieb war, bis sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle hatte, doch allmählich ebbten die Schluchzer ab, und Maldie merkte, dass ihr das Weinen gutgetan hatte. Jetzt war sie zwar müde, doch ihr Kopf war frei, und sie konnte über das Geschehene nachdenken, auch wenn sie es am liebsten einfach vergessen hätte.
Sie fand es nicht so schlimm, dass sie beschuldigt worden war, für Beaton zu spionieren. Damit hatte sie ja gerechnet. Doch dass ihr Balfour diesen Vorwurf gemacht hatte, ohne zu wissen, was eigentlich auf ihre Schuld hinweisen hätte können – dass sie Beatons Tochter war –, machte die Sache unerträglich. Er hatte keinen Beweis, dass sie etwas anderes war, als sie zu sein vorgab – nämlich eine Waise, die auf der Suche nach ihren Verwandten im Land umherzog –, und trotzdem unterstellte er ihr, sie sei fähig, einen Mann in einen entsetzlichen Tod zu schicken. Es war ein schwerer Schlag für sie, dass ihr Balfour so etwas überhaupt zutraute.
Eigentlich war es komisch. Wenn es nicht so wehgetan hätte, hätte sie über die Ironie der ganzen Sache schmunzeln können: Sie war in Donncoill, weil sie Balfour und den Murrays helfen wollte, Beaton zu vernichten. Aber nun war sie eine
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