Das Schicksal des Highlanders
Gefangene, weil man sie verdächtigte, dem Schuft zu helfen! Irgendetwas hatte sie falsch gemacht, um solch einen Verdacht zu nähren, aber sie wusste nicht, was. Balfour hatte bemerkt, dass sie immer so verschlossen sei. Aber war das alles? Setzten sich die Leute, die durch Donncoill kamen, immer erst einmal hin und zählten ihre Vorfahren auf?
Schimpfend stand sie auf und schenkte sich einen Becher Wein ein. Was sollte sie nun tun? Sie konnte Balfour nicht erklären, warum sie ihm nicht alles über sich erzählen wollte. Aber warum ihr deshalb vorgeworfen wurde, Beaton zu helfen und zum Tod eines Mannes beigetragen zu haben, konnte sie nicht verstehen. Doch darüber würde sie sich mit Balfour wohl nie verständigen können. Schließlich war er stolz auf seine Familie und seine Vorfahren. Wahrscheinlich konnte er deshalb nicht begreifen, dass jemand am liebsten vergessen würde, eine Familie zu haben.
Doch nun musste sie erst einmal überlegen, wie sie aus dieser Patsche wieder herauskam. Der Eid, den sie ihrer Mutter geschworen hatte, harrte noch immer seiner Erfüllung, und das konnte sie nicht ändern, wenn sie in einer Schlafkammer in Donncoill festsaß. Probehalber rüttelte sie an der Tür, aber die war, wie vermutet, von außen verriegelt. Sie hatte ja selbst gehört, wie Balfour den Riegel vorgeschoben hatte. Bestimmt stand ein großer, bewaffneter Murray davor. Auf dem direkten Weg konnte sie also definitiv nicht in die Freiheit gelangen.
Natürlich hätte sie Balfour auch erzählen können, was er hören wollte, ohne zu enthüllen, wer ihr Vater war. Doch wenn er einen seiner Leute in das Dorf geschickt hätte, in dem sie aufgewachsen war, um Erkundigungen einzuholen, wäre die Wahrheit wahrscheinlich doch ans Licht gekommen. Ihre Mutter hatte nie ein Hehl daraus gemacht, wem sie ihr Unglück zu verdanken hatte. Wahrscheinlich würden einige Dorfbewohner sogar recht gerne ein paar Geschichten über sie erzählen, Geschichten, in denen auch Maldie nicht besonders gut wegkam. Die schiere Not hatte sie gezwungen, Dinge zu tun, auf die sie nicht besonders stolz war. Außerdem hatte sie sich auch nicht gerade darum bemüht, sich bei den teils irritierend frömmlerischen Dorfbewohnern einzuschmeicheln.
Allein ihr Stolz hatte sie davon abgehalten, Balfour etwas zu erzählen. Offenbar ärgerte es Balfour, dass sie sich standhaft weigerte, seine Fragen zu beantworten. Im Moment zog sie eine gewisse Befriedigung aus ihrer Sturheit, die sie als kleine Strafe für seine gemeinen Vorwürfe betrachtete. Sie konnte also kaum mehr sagen, als dass sie unschuldig sei und er ein Narr. Das reichte natürlich nicht, um ihr die Freiheit wiederzugeben. Allerdings brauchte sie wohl nicht um ihr Leben zu fürchten. Balfour würde keinen Menschen an den Galgen bringen, nur weil er glaubte, dieser hätte vielleicht ein Unrecht begangen. Wie bei Grizel würde er warten, bis er Beweise für ihre Schuld hatte. Doch die würde er nicht bekommen – schließlich war sie unschuldig.
Eigentlich blieb ihr nur eines übrig: loszuziehen und Eric zu befreien. Das sollte als Beweis genügen, dass sie Beaton nie geholfen hatte. Doch wenn sie ihre Unschuld unter Beweis gestellt hatte, würde sie wohl auch die ganze Wahrheit enthüllen müssen, und diese würde Balfour bestimmt dazu bringen, sich von ihr zurückzuziehen. Sie beschloss, sich nicht allzu sehr zu grämen, wenn es dazu käme. Falls er sie dafür hasste, dass ihr Vater William Beaton war, war er ein schwacher Mensch. Jedenfalls konnte sie jetzt nicht herumsitzen und es zulassen, dass er sie für eine Verräterin und Mörderin hielt.
Plötzlich musste sie lachen. Die leisen Geräusche, die von draußen hereindrangen, steigerten ihre Belustigung noch. Ihr Wächter runzelte jetzt sicher die Stirn und fragte sich, ob sie verrückt geworden sei. Und vielleicht war das ja wirklich so. Ihr Geliebter, der Mann, den sie fast schon verzweifelt liebte, unterstellte ihr, sie würde seinem Feind helfen und ihm einen Mann ausliefern, den der Schurke ohne mit der Wimper zu zucken abschlachtete. Aber in gewisser Weise konnte sie auch verstehen, warum Balfour sich dazu gezwungen sah. Wenn das nicht verrückt war, was dann? Noch verrückter war allerdings, ihre Probleme damit lösen zu wollen, dass sie flüchtete, nach Dubhlinn eilte und Eric zu befreien versuchte. Wieder musste sie kichern.
Sie war in einer Kammer in Donncoill eingesperrt, einer festen, hervorragend bewachten Burg, und durfte
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