Das Schicksal des Highlanders
etwas an ihr lag, tröstete sie. Außerdem bestärkte er sie in dem Glauben, dass man sie nicht bestrafen würde, solange kein handfester Beweis für ihre Schuld vorlag – und den würde er nie bekommen, da es keinen gab.
»Nein, natürlich nicht. Schließlich hast du ja anders als Grizel niemanden eigenhändig umgebracht. Aber warum versuchst du nicht wenigstens, mir zu zeigen, dass ich dich fälschlich verdächtige?«
»Weil dein Verdacht grundlos und beleidigend ist und weder meine Zeit noch mein Interesse verdient. Wenn ich versuche, meine Unschuld zu beweisen, dann rechtfertige ich damit deine Anschuldigungen. Nein, ich weigere mich, das zu tun!« Sie verschränkte die Arme und starrte ihn kühl und herausfordernd an. Wenn er wollte, konnte er ruhig weiter mit ihr streiten.
»Du bist extrem stur, Maldie Kirkcaldy!« meinte er kopfschüttelnd. »Vielleicht ist deine Sturheit gerechtfertigt, aber ich weiß einfach nicht weiter. Doch vergiss nicht, wie gefährlich blinder Stolz und Sturheit sein können! Ich hoffe zwar von ganzem Herzen, dass es nicht dazu kommen wird, aber bei einer solchen Angelegenheit zu schweigen könnte dich noch teuer zu stehen kommen.«
Nachdem er gegangen war, warf sich Maldie aufs Bett. Seine letzten Worte waren eine unverhohlene Drohung gewesen, doch sie war nach wie vor zuversichtlich, dass Balfour ihr nichts zuleide tun würde. Und falls sich ihr Herz in diesem Mann getäuscht hatte, konnte sie sich ja immer noch an Nigel wenden. Er würde es nicht zulassen, dass sein Bruder ihr ein Leid zufügte. Sie hatte sich zwar fest vorgenommen, Nigel nicht mit ihren Problemen zu behelligen, aber wenn ihr Leben auf dem Spiel stand, würde sie nicht zögern, ihn auf ihre Seite zu ziehen.
Balfours Besuch hatte ihr jedoch eines klargemacht: Es war höchste Zeit, Donncoill zu verlassen. Sie konnte es einfach nicht ertragen, sich noch einmal von dem Mann, den sie liebte, anhören zu müssen, dass er einen Beweis für ihre Unschuld bräuchte. Egal, wie gut sie seine heikle Position verstand und begriff, dass er nur das tat, was er tun musste – es tat zu weh.
Trotzdem hatte er recht, sie vor übermäßigem Stolz und Sturheit zu warnen. Sie war tatsächlich sehr stolz, und viele meinten, das sei völlig unbegründet. Worauf konnte sie schon stolz sein? Das hatte sie oft zu hören bekommen. Aber sie konnte ihren Stolz nicht einfach vergessen, nur um seine grundlosen Verdächtigungen zu beschwichtigen.
Wie lange sie das durchhalten würde, wusste sie allerdings nicht. Wenn sie Balfour sah, wollte sie am liebsten alles tun, worum er sie bat, nur um wieder mit ihm zusammen zu sein. Sie wollte sich wieder in seine Arme werfen, an seine Seite zurückkehren, wieder von ihm ins Vertrauen gezogen werden. Wenn sie Donncoill nicht bald verließ, würde dieser Wunsch so stark werden, dass sie ihm nicht mehr würde widerstehen können.
Sie wartete eine gute Stunde in der Hoffnung, dass Balfour dann zu beschäftigt oder zu weit von ihrer Kammer weg sein würde, um zu ihr zu kommen. Dann begann sie zu stöhnen. Schon nach drei tiefen Seufzern war der Wächter an der Tür. Sie wusste, dass er lauschte, denn sie hörte sein Schwert ans Holz klopfen. Nach einem weiteren lauten Stöhnen ging die Tür auf. Maldie unterdrückte ein Grinsen, als sie sah, wie besorgt das vernarbte Gesicht des Mannes wirkte. Sie presste die Hände auf den Bauch und wiegte sich ächzend hin und her.
»Was ist los?«, fragte ihr Bewacher und kam einen Schritt näher.
»Ich brauche die Hilfe einer Frau«, erwiderte sie mit zitternder, rauer Stimme.
»Bist du krank?«
»Es handelt sich um ein Frauenleiden, und ich brauche eine Frau, die mir hilft, du Narr!«, rief sie laut und stöhnte gleich wieder, als ob die Anstrengung, die Stimme zu erheben, ihre schrecklichen Schmerzen verstärkt hätte. »Hol mir eine der Mägde!«
Hastig lief er hinaus und verriegelte die Tür wieder. Maldie musste über seinen raschen Rückzug grinsen. Wie sie vermutet hatte, hatte das Wort »Frauenleiden« alle Fragen im Keim erstickt. Dieser Begriff konnte selbst die wackersten Krieger in Angst und Schrecken versetzen, Männer, die sich, ohne mit der Wimper zu zucken, die furchtbarsten Kampfwunden anschauten oder auch zufügten. Als sie eilige Schritte kommen hörte, begann sie sofort wieder zu stöhnen und sich den Bauch zu halten. Es fiel ihr allerdings schwer, dieses Spiel fortzusetzen, als die arme Jennie hereingeschubst und die Tür gleich wieder
Weitere Kostenlose Bücher