Das Schicksal des Highlanders
der Seele wehtaten, willkommener waren als die an die überfällige Hinrichtung, für die sie so viele Mühen auf sich genommen hatte.
»Na, vielleicht ist mir das Schicksal ja gewogen«, murmelte sie, als sie über einen moosbedeckten Baumstamm kletterte, der quer über ihrem Weg lag. »Vielleicht werde ich nicht nur Eric befreien und damit meine Unschuld beweisen, sondern dieses Land auch noch von dem verfluchten William Beaton erlösen.« Sie verzog das Gesicht und fluchte leise, als sie an einem Zweig hängen blieb und ihr Rock einriss. »Schließlich muss ich dafür nur heil nach Dubhlinn kommen.«
13
»Wo ist sie?«, schrie Balfour. Die zitternde junge Magd wurde so bleich wie das Laken, auf dem sie lag.
Er konnte kaum glauben, dass Maldie vor aller Augen entwischt war. Eigentlich hatte er vorgehabt, noch ein letztes Mal mit ihr zu reden, auch wenn er, wie er sich reumütig eingestehen musste, sie einfach nur hatte sehen wollen. Deshalb hatte er ihr das Abendessen bringen wollen. Als der Wächter meinte, Maldie sei krank, regte sich tiefe Sorge in Balfour. Doch als der Mann den Riegel zurückschob und sich beschwerte, dass Jennie noch nicht mit den Sachen zurückgekehrt sei, die sie so eilig hatte holen wollen, steigerte sich Balfours Sorge zu höchstem Alarm. Als sein Blick auf die noch immer halb bewusstlose Jennie fiel, die im Bett kauerte und sich den Kopf hielt, schlug die Sorge in Wut um. Sein erster Zorn entlud sich auf den Wächter, dann schrie er nach James, und danach schimpfte er die arme, verängstigte Magd aus. Schließlich winkte er James heran.
»Ich erschrecke das arme Ding noch zu Tode«, meinte er. »Kümmere du dich um sie und sieh zu, was du aus ihr herausbekommst!«
»Ja, Ihr solltet Euch erst einmal beruhigen«, pflichtete James ihm bei, dann untersuchte er den Bluterguss auf Jennies Kinn.
»Was ist passiert?«, fragte Nigel, der die Nase zur Tür hereinsteckte.
»Abgesehen davon, dass sich ein Narr mit lädiertem Körper auf dem Gang herumtreibt?«, knurrte Balfour und eilte zu seinem Bruder, um ihn zu einem Stuhl neben dem Kamin zu führen. »Maldie ist entwischt.«
»Ach so? Dann hat sie es also geschafft!« Nigel klang höchst zufrieden. Balfour funkelte ihn wütend an, doch er zuckte nur mit den Schultern.
»Wusstest du, was sie vorhatte?«
»Nein, ich habe es nur vermutet. Aber anders als du handle ich nicht auf eine bloße Vermutung hin.«
»Du wolltest es nicht tun. Damit bestätigt sich aber mein Verdacht.«
»Ach ja?«
»Sie ist geflohen. Das beweist doch ihre Schuld.«
»Meinst du? Vielleicht wollte sie ja auch nur fort von dir.« Nigel lächelte kalt, als Balfour erbleichte. »Du wirfst ihr ohne jeden Beweis vor zu spionieren und zu morden, und dann erwartest du, dass sie hierbleibt, um zu sehen, welcher Wahn dich als nächstes überkommt? Nein, sie hat getan, was jeder normale Mensch tun würde – sie suchte ihr Heil in der Flucht. Denn wenn du sie schon ohne Beweise beschuldigst und festhältst, musste sie ja befürchten, als Nächstes noch am Galgen zu landen.«
»So weit hätte ich es nie kommen lassen, nicht einmal, wenn sich ihre Schuld erwiesen hätte«, erwiderte Balfour leise. »So gut hätte Maldie mich kennen müssen.«
»So, wie du dich in den letzten Tagen aufgeführt hast, hatte das Mädchen bestimmt das Gefühl, dich überhaupt nicht mehr zu kennen.« Nigel blickte auf James, der zu ihnen getreten war. »Hat Jennie ihre Sprache wiedergefunden?«
»Ja«, meinte James. »Offenbar hat Maldie ein Frauenproblem vorgetäuscht und nach dem Mädchen rufen lassen. Als Jennie sehen wollte, was mit ihr los war, schlug Maldie zu, und danach kann sich das arme Ding an nichts mehr erinnern.«
»Und Duncan, der Blödmann von Wächter, den ich vor die Tür gestellt habe?«, fauchte Balfour und sah sich suchend um, doch Duncan hatte sich offenbar aus dem Staub gemacht, sobald James ihm den Rücken zugekehrt hatte.
»Er meinte, er habe Jennie reingelassen und sie dann auch wieder rausgelassen.« James schüttelte den Kopf und lachte leise. »Der Arme hatte schreckliche Angst, dass eine der beiden sich zu ausführlich über Frauenprobleme auslassen würde, deshalb hat er nicht genauer hingesehen. Als ich ihn fragte, meinte er, sich erinnern zu können, dass Jennie keinen Umhang trug, als sie in die Kammer ging, aber in einen Umhang gehüllt heraustrat. Maldie ist schlau. Bevor Duncan sie zu eingehend begutachten konnte, erklärte sie, sie bräuchte Dinge, die
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