Das Schicksal des Highlanders
auf eine Verfolgungsjagd schließen ließen, oder sie würde davor davonlaufen.
»Aber wenn ich in Dubhlinn bin, bin ich immerhin vor Balfour sicher«, sagte sie laut. Dann schnitt sie eine Grimasse. »Dann muss ich mich nur noch vor den Beatons hüten. Wahrscheinlich bin ich doch verrückt geworden, wenn ich mir einbilde, ich könnte damit durchkommen.«
Fluchend streckte sie sich auf der Wiese aus. Wenn sie wenigstens in der Stimmung gewesen wäre, den Schatten und das kühle Gras zu genießen! Dennoch gönnte sie sich eine kleine Pause, um auszuruhen und nachzudenken. Am klügsten wäre es natürlich gewesen, sich jetzt möglichst weit von Donncoill und Balfour wie Dubhlinn und Beaton zu entfernen. Doch so oft sie sich das auch sagte, sie konnte sich nicht überzeugen.
Wichtiger als alles andere war ihr, Balfour ihre Unschuld zu beweisen. Sie war sich nicht sicher, ob ihr ausgeprägter Stolz daran schuld war oder ihre tiefe Liebe zu diesem Mann. Doch unabhängig davon wusste sie, dass sie nicht gehen würde, bis die Sache geklärt war. Entweder sie brachte Eric zu den Murrays zurück und bewies damit ihre Unschuld, oder sie wurde erwischt und von Beaton umgebracht. Dann würde eben ihr Tod die Murrays zu der Einsicht bringen, dass sie sie fälschlicherweise beschuldigt hatten.
Und noch etwas veranlasste sie, ihren Plan weiterzuverfolgen: Eric konnte sehr wohl ihr Halbbruder sein. Wenn er ein Blutsverwandter war, dann war es ihre Pflicht, ihn zu retten oder es zumindest zu versuchen. Und außerdem wollte sie sich mit eigenen Augen von seiner Abstammung überzeugen. Wenn sie jetzt floh, dann würde sie es vielleicht nie herausfinden.
Maldie stand auf und glättete ihre Röcke. Die Stimme der Vernunft verhallte ungehört. Sie machte sich auf den langen Marsch nach Dubhlinn. Bei ihrer Ankunft würden die Tore längst verriegelt sein, sie konnte also entweder irgendwo im Freien auf dem harten Boden übernachten und hoffen, dass es nicht regnete oder zu kalt würde, oder sie konnte zu dem kleinen Häuschen des freundlichen alten Paares zurückkehren, das sie bei ihrem ersten Besuch aufgenommen hatte, und hoffen, dass sie es wieder tun würden. Sie beschloss, ihr Glück bei den beiden Alten zu versuchen, obwohl sie sich ein wenig unbehaglich fühlte, sie so auszunutzen.
Seit ihrer Ankunft in Donncoill war ihr Leben immer komplizierter geworden. Sie war vom Grab ihrer Mutter mit dem festen Vorsatz aufgebrochen, nach Dubhlinn zu gehen und William Beaton zu töten. Jetzt wurde sie beschuldigt, diesem Mann zu helfen, sie hatte einen Geliebten, dessen Bruder sie ebenfalls liebte, und der Junge, den sie alle aus Beatons Klauen befreien wollten, konnte leicht ihr Halbbruder sein. Wenn sie diese Geschichte jemandem erzählen könnte, würde der sich wohl sehr schwertun, ihr zu glauben.
Ihre Gedanken schweiften zu Eric. Niemand in Donncoill hatte je ein schlechtes Wort über den Jungen gesagt. Ob die Menschen ihn wohl weiterhin so lieben und bewundern würden, wenn sich herausstellte, dass er Beatons Sohn war? Wahrscheinlich war das ein Geheimnis, das man besser nicht aufdecken sollte und das die Menschen, die es kannten, mit in ihr Grab nehmen sollten. Und nun sollte ausgerechnet sie dieses Geheimnis lüften. Balfour hatte das Mal auf ihrem Rücken gesehen, bald würde er erfahren, dass sie Beatons Tochter war, und damit würde er auch die Wahrheit über den Jungen erfahren, den er seit vielen Jahren als seinen Bruder betrachtete. Beaton hatte ein wahres Geschick darin, das Leben der Menschen zu ruinieren. Maldie nahm sich fest vor, den Jungen mitzunehmen, falls er plötzlich alleine dastünde, von Beaton und Murray verstoßen. Das war das Mindeste, was sie für ihn tun konnte, wenn sie schon daran schuld war, dass sein Leben so aus den Fugen geriet. Es würde schön sein, wieder einen Verwandten um sich zu haben.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie den blinden Wunsch, Beaton zu töten, nicht mehr verspürte, auch wenn der Hass auf ihn, den ihre Mutter vom Tag ihrer Geburt an genährt hatte, wahrscheinlich noch irgendwo in ihrem Herzen schlummerte. Vielleicht würde er wieder aufflammen, wenn sie dem Mann gegenüberstand, aber er bestimmte nicht mehr ihr Herz und ihr Denken. Selbst jetzt, wo sie direkt in die Höhle des Löwen marschierte, dachte sie kaum an Rache, sondern vor allem an Balfour und einen zweifellos verängstigten Jungen namens Eric. Es kam ihr seltsam vor, dass ihr die Gedanken an Balfour, die ihr in
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