Das Schicksal des Highlanders
der Straße nach Dubhlinn in den Weg getreten war. Er ließ sich auf sein Bett fallen und begrub das Gesicht in den Händen.
Sein Kummer war so tief, als wäre jemand gestorben. Und seltsamerweise kam es ihm so vor, als wäre sie tatsächlich tot. Die Frau, für die er sie gehalten hatte, hatte nie existiert. Es war alles eine Lüge gewesen. Er war zum Narren gehalten worden, sein Vertrauen war sträflich ausgenutzt worden. Was er als die große Liebe seines Lebens gesehen hatte, war nichts weiter gewesen als vorsätzliche Täuschung, ausgeführt von einer geschickten Hure in Beatons Diensten!
14
Maldie schimpfte, als die Dornen des Brombeerstrauchs sie stachen, in dem sie sich versteckte. Es war bereits Mittag, und sie hatte noch nicht einmal das Dorf am Rand der Burg erreicht. Stundenlang hatte sie nur immer ein paar Meter durch den Wald und das Unterholz huschen können und sich gleich wieder verstecken müssen. Überall waren Murrays. Sie konnte kaum glauben, dass die sich so weit an Dubhlinn heranwagten. Aber damit war klar, dass Balfour allen Ernstes annahm, sie sei einer von Beatons miesen Handlangern – und das tat weh. Außerdem ärgerte sie sich darüber, denn schließlich war Balfours grundloser Argwohn mit daran schuld, dass sie so lange gebraucht hatte, um nach Dubhlinn zu kommen.
Jetzt erkannte sie immerhin die Bäume, die die Felder um das Dorf säumten. Instinktiv wusste sie, dass die Murrays sich nicht weiter in feindliches Gebiet vorwagen würden. Schon jetzt riskierten sie es, von Beaton gesehen zu werden; noch ein Schritt Richtung Dubhlinn, und er sah sie mit Sicherheit. Maldie musste jetzt nur noch die Bäume erreichen, dann konnte ihr nichts mehr passieren.
Sie beobachtete die drei Murrays, die sie in dieses extrem ungemütliche Versteck gescheucht hatten. Die Männer ritten hin und her, überschritten dabei jedoch nie eine Grenze, die nur sie sahen. Maldie wusste, das war der Punkt, den sie nicht überschreiten würden. Vorsichtig begann sie, sich aus dem Brombeerdickicht zu schälen. Sie konnte ziemlich schnell rennen; jetzt musste sie nur noch den Moment abpassen, in dem die Männer nicht in ihre Richtung schauten.
Natürlich barg ihr Plan gewisse Risiken. Sie konnte nicht schneller rennen als ein Pferd, falls die Männer doch beschlossen, alles auf eine Karte zu setzen und ihr nachzugaloppieren. Ein geschickter Bogenschütze konnte sie ebenfalls aufhalten, doch sie glaubte nicht, dass Balfour befohlen hatte, sie tot oder lebendig zurückzubringen. Freilich hatte er in letzter Zeit einiges getan, was sie ihm nicht zugetraut hätte. Also beschloss sie, lieber nicht allzu zuversichtlich zu sein. Das letzte Problem bestand darin, dass man sehen würde, wie sie direkt auf Dubhlinn zurannte. Natürlich vermuteten die Männer, die nach ihr suchten, wohin sie unterwegs war, sonst wären sie nicht hier gewesen und hätten sie nicht auf Schritt und Tritt verfolgt. Außerdem hatte sie ihre Spuren nicht besonders gut verwischen können. Doch sobald sie sie sahen, hatten sie den Beweis, und auch Balfour würde ihn haben, wie sie sich traurig eingestehen musste. Nur der Gedanke, welch großen Spaß es ihr machen würde, allen zu beweisen, dass sie sich geirrt hatten, heiterte sie etwas auf. Schließlich fasste sie sich ein Herz und rannte auf die Bäume zu.
Ein schriller Schrei zeigte ihr, dass sie entdeckt worden war. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Einen Moment lang hörte sie den donnernden Hufschlag ihrer Verfolger und fürchtete schon, dass sie sich geirrt hatte und die Murrays alles wagen würden, um sie aufzuhalten. Dann ertönten mehrere Rufe, und schließlich klang es, als würde die Verfolgungsjagd zu einem abrupten Ende kommen. In Angstschweiß gebadet, wartete Maldie auf den Pfeil, der sich in ihren Rücken bohren würde, doch er kam nicht. Sobald sie das Wäldchen erreicht hatte, blieb sie stehen. Sie klammerte sich an einen Baum, um wieder zu Atem zu kommen, und sah sich nach den Murrays um. Einen langen, stummen Moment starrten sie sich an, während Maldie angespannt wartete, was die Männer tun würden. Doch schließlich wendeten die nur die Pferde und galoppierten nach Donncoill zurück.
»Und zu Balfour«, flüsterte sie und lehnte sich an die raue Rinde des Baums.
Sie war erschöpft, obwohl ihr Abenteuer gerade erst angefangen hatte. Vor ihr lag noch die Aufgabe, Eric aufzustöbern und sich dabei nicht erwischen zu lassen. Dann würden sie und der Junge entkommen und es nach
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