Das Schicksal des Highlanders
sich.
»Mädchen, du bist doch nicht etwa eine Murray?«
»Diese Frage kann ich völlig aufrichtig beantworten: Nein, ich bin wirklich eine Kirkcaldy, auch wenn es wahrscheinlich schwierig wäre, einen von ihnen dazu zu bringen, sich seiner Verwandtschaft zu mir, einem unehelichen Kind, zu bekennen. Aber keine Sorge, Ihr beherbergt keinen Feind!«
Eleanor zuckte mit den schmalen Schultern. »Eigentlich ist es mir egal, aber ich müsste um mein Leben und das meiner Verwandten fürchten. Unser Laird hat einen Mann der Murrays in der Burg entdeckt und ihn getötet. Seitdem hat er noch zwei andere Männer an den Galgen gebracht, weil er glaubte, auch sie würden für die Murrays arbeiten. Ein falscher Blick, und schon läuft man Gefahr, aufgehängt zu werden oder, Gott behüte, den schrecklichen Tod zu erleiden, den der arme Murray erlitten hat. Einige Dorfbewohner schwören, dass sie ihn nachts schreien hörten.« Eleanor fröstelte und rieb sich die dürren Arme.
»Du kehrst zu einem ziemlich ungünstigen Zeitpunkt zurück, Mädchen«, fuhr sie fort. »Über uns schwebt eine dunkle Wolke, und die Wölfe rücken immer näher. Ich schwöre, unser Laird macht sich mit jedem Wort aus seinem fauligen Mund einen neuen Feind. Und jetzt diese verrückte Idee: ein Kind, das er vor Jahren ausgesetzt hat, das er weggeworfen hat wie Abfall, den er an seine Hunde verfüttert, als seinen Sohn auszugeben! Lauthals und überall hat er verkündet, dass seine Gemahlin ihn mit dem alten Laird der Murrays betrogen hat und dass das Kind ein Murray-Bastard sei, nur dazu gut, den wilden Tieren zum Fraß vorgeworfen zu werden. Und jetzt sollen wir glauben, dass dieser arme Bursche sein Erbe ist. Das arme Kind wird den Laird nicht um einen einzigen Tag überleben, dessen bin ich mir ziemlich sicher.«
»Was hat er denn mit dem Jungen angestellt?«, fragte Maldie, wobei sie sich bemühte, möglichst ruhig zu klingen. Sie wollte keinesfalls zeigen, wie sehr sie diese Frage beschäftigte.
»Sorcha, die in der Burgküche arbeitet, meint, der Junge sei Beaton zu aufsässig gewesen, und deshalb hat er ihn ins Verlies geworfen, bis er Vernunft annimmt.« Eleanors Stimme senkte sich zu einem verwunderten Flüstern. »Sorcha behauptet, der Junge hat Beaton ausgelacht, als der ihn als seinen Sohn bezeichnet hat, und gemeint, lieber nenne er den Teufel persönlich seinen Vater. Beaton schimpfte auf den alten Laird der Murrays, und daraufhin griff ihn der Junge an. Ich fürchte, dafür hat er eine ordentliche Tracht Prügel einstecken müssen.«
In Maldie regte sich eine düstere Vorahnung. Was würde der Junge tun, wenn sich herausstellen würde, dass er tatsächlich ein Beaton war? »Aber der Knabe hat es heil überstanden, oder?«
»Das schon; Beaton will ihn ja nicht ernsthaft verletzen oder gar töten. Er will ihn nur zum Schweigen bringen und zähmen. Warum interessierst du dich so für den Jungen?«
Maldie zuckte mit den Schultern und beschäftigte sich mit dem harten Brocken Käse, der vor ihr auf dem Tisch lag. »Ich kann mir nicht helfen, aber er tut mir einfach leid.«
»Ich bin zwar alt, mein Mädchen, aber noch klar im Kopf. Und meine Nase ist gut genug, dass sie eine Lüge riechen kann.« Eleanor hielt eine Hand hoch, als Maldie etwas erwidern wollte. »Nein, sag jetzt nichts! Beantworte mir nur die eine kleine Frage: Soll ich dafür sorgen, dass mein kleines Versteck sauber und gemütlich ist?«
»Ja.« Maldie lächelte traurig. »Und Ihr solltet auch allen, denen Ihr vertraut und die Euch am Herzen liegen, Bescheid geben, dass sie sich darauf vorbereiten, beim ersten Anzeichen von Ärger in ihre kleinen Höhlen zu fliehen.«
»Die Murrays werden also noch einmal versuchen, den Jungen zu holen.«
Maldie lächelte abermals. »Ich dachte, Ihr wolltet nichts darüber hören?«
Eleanor kicherte. »Stimmt, doch neugierig, wie ich nun mal bin, will ich doch alles hören. Aber achte nicht weiter auf mich alte Närrin. Wenn ich dich mit meinen Fragen belästige, dann erinnere mich bitte daran, dass es manchmal sicherer ist, nicht zu viel zu wissen.«
»Das werde ich bestimmt tun, denn ich möchte unbedingt, dass Euch kein Leid geschieht. Und jetzt habe ich nur noch eine Frage. Aber Ihr müsst sie mir nicht beantworten, wenn Ihr das Gefühl habt, dass das zu riskant ist. Wo befindet sich das Verlies in Dubhlinn? Das habe ich bei meinem letzten Besuch nicht herausgefunden.«
»Die Eingangstür liegt in einer der Wände des großen
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