Das Schicksal des Highlanders
zwingen, irgendwo unterzuschlüpfen.«
»Wenn es zu lange dauert, bis Nigel wieder gesund ist, kannst du in Donncoill überwintern.« Er packte sie am Arm und zerrte sie zu seinem Pferd. »Nigel braucht dich und deine Heilkunst.«
»Dann ist das also keine Einladung, mein Laird, sondern ein Befehl.«
Balfour umfasste ihre schmale Taille und hievte sie in den Sattel, wobei er flüchtig daran dachte, dass sie ein paar gute Mahlzeiten nötig hatte, denn sie wog kaum mehr als ein Kind. »Es würde deinen Aufenthalt in Donncoill angenehmer machen, wenn du versuchen würdest, es als Einladung zu betrachten.«
»Ach ja? Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir so in die Tasche lügen kann.«
»Versuch es einfach!«, meinte er lächelnd.
Maldie spürte, wie ihr Atem rascher ging. Sein Lächeln war verführerisch in seiner Aufrichtigkeit. Hinter diesem etwas schiefen Grinsen steckte keine Hinterlist oder Arroganz, sondern nur die reine Belustigung, und er forderte sie stillschweigend auf, sie mit ihm zu teilen. Sie musste sich eingestehen, dass ihr nicht nur sein Aussehen gefährlich werden könnte, sondern der Mann selbst. Es sah allmählich so aus, als habe Sir Balfour Murray eine Menge guter Eigenschaften, von denen sie vor langer Zeit beschlossen hatte, dass sie bei keinem Mann zu finden wären. Maldie wusste, dass ihre Geheimnisse unter solchen Umständen womöglich sehr schwer zu hüten sein würden.
Sie lächelte schwach. »Wie Ihr wünscht, mein Laird. Und wenn Euer Bruder wieder gesund ist, kann ich dann gehen?«
»Aber sicher«, erwiderte er. Warum nur kamen ihn diese Worte so hart an?
»Dann sollten wir jetzt lieber losreiten, Sir Murray. Der Tag schwindet rasch, und Eurem Bruder wird die Kälte nicht guttun, die sicher kommt, sobald die Sonne untergegangen ist.«
Balfour nickte und bedeutete seinen Männern, sich wieder in Bewegung zu setzen. Er selbst schritt an der Seite seines Bruders einher. Die kleine Maldie schien keine Probleme mit seinem Pferd zu haben, obwohl es die Bahre hinter sich herzog. Sein Ross schien sogar recht erfreut über die winzige Lady auf seinem starken Rücken. Es hatte die Ohren nach hinten gelegt, um eifrig die Worte aufzuschnappen, die sie ihm zuflüsterte.
»Das Mädchen kann auch gut mit Tieren umgehen«, meinte Balfour und blickte zu seinem Bruder hinab.
»Stimmt, mit Pferden und mit Männern«, murmelte Nigel.
»Warum bist du so beunruhigt? Sie hat deine Schmerzen gelindert, das sehe ich dir an.«
»Richtig, sie hat meine Schmerzen gelindert. Sie hat es in ihren Händen. Und außerdem ist sie eine hübsche kleine Frau mit den schönsten Augen, die ich je gesehen habe. Aber du weißt nicht, wer sie ist. Das Mädchen hat Geheimnisse, Balfour, da bin ich mir ganz sicher.«
»Aber warum sollte sie uns denn alles erzählen? Sie weiß ebenso wenig über uns wie wir über sie. Sie ist eben vorsichtig.«
»Ich hoffe sehr, dass das alles ist, was ich spüre – eine natürliche Vorsicht Fremden gegenüber. Doch die Zeiten sind zu gefährlich, um jemandem so rasch zu vertrauen oder sich von einem hübschen Gesicht einnehmen zu lassen. Ein falscher Schritt könnte Eric sein junges Leben kosten.«
Balfour verzog das Gesicht, als er auf Maldies Rücken starrte. Nigel hatte recht. Es war nicht die Zeit, um sich von einem hübschen Mädchen den Kopf verdrehen zu lassen. Er konnte sie jetzt nicht einfach vergessen und laufen lassen, doch er nahm sich fest vor, auf der Hut zu sein. Seine Familie hatte bereits einmal die Folgen gedankenloser Lust zu spüren bekommen. Er würde die Fehler seines Vaters nicht wiederholen.
* * *
Als sie aus dem dichten Wald heraustraten, geriet Donncoill in Maldies Blickfeld. Die Burg thronte auf einem langsam ansteigenden Hügel, den sie nun hinaufritten. Sie wirkte sicher, aber auch bedrohlich. Das umgebende Land sah aus, als könnte es den Murrays einen Wohlstand bescheren, um den sie viele Schotten beneidet hätten. Doch selbst ein flüchtiger Blick zeigte, dass dieses Land nicht vollständig genutzt wurde. Die ausgedehnten, ungepflügten Felder und nicht beweideten Wiesen bargen ein Versprechen, das von keinem eingefordert zu werden schien. Maldie vermutete, dass die hinter den Männern liegende Schlacht nur eine von vielen gewesen war. Wenn diese Männer ständig kämpfen mussten, hatten sie natürlich nicht die Zeit, dieses reiche Land intensiv zu bewirtschaften. Traurig fragte sie sich, ob Männer jemals einsehen würden, was ihnen durch ihre
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