Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)
ist Nein, mein Freund, und dass Sie in weiteren Begegnungen mit meinen Schriften wenig Ermutigung finden würden. Doch um Ihre Frage zu beantworten: Nein, ich habe sonst nichts geschrieben, noch werde ich dies je tun. Ich glaube nicht daran, dass weitere Versuche, meine Gedanken mit Lesern zu teilen, Sie oder mich in irgendeiner Form weiterbringen würden. Nochmals vielen Dank für Ihre gütige E-Mail.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr Peter Van Houten, via Lidewij Vliegenthart.«
»Wow«, sagte ich. »Denkst du dir das gerade aus?«
»Hazel Grace, könnte ich mit meinem mageren Intellekt einen Brief von Peter Van Houten erfinden, in dem Ausdrücke wie ›triumphierend digitalisierte Gleichzeitigkeit‹ vorkommen?«
»Könntest du nicht«, gab ich zu. »Kann ich … kann ich die E-Mail-Adresse haben?«
»Klar«, sagte Augustus bescheiden, als würde er mir damit nicht das größte Geschenk aller Zeiten machen.
Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich damit, eine E-Mail an Peter Van Houten zu verfassen. Mit jedem Überarbeitungsversuch schien sie schlechter zu werden, aber ich konnte mich einfach nicht bremsen.
Sehr geehrter Mr. Peter Van Houten
(c /o Lidewij Vliegenthart),
ich heiße Hazel Grace Lancaster. Mein Freund Augustus Waters, der Ein herrschaftliches Leiden auf meine Empfehlung gelesen hat, hat soeben über diese Adresse eine E-Mail von Ihnen erhalten. Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass Augustus mir Ihre E-Mail vorgelesen hat.
Mr. Van Houten, aus Ihrer Nachricht an Augustus geht hervor, dass Sie nicht vorhaben, weitere Bücher zu veröffentlichen. Einerseits bin ich enttäuscht, doch ich bin auch erleichtert: So brauche ich keine Angst zu haben, ob sich Ihr nächstes Buch mit der wunderbaren Vollkommenheit des Originals messen kann. Als Krebspatientin, seit drei Jahren im Stadium IV, kann ich Ihnen sagen, dass Sie in Ein herrschaftliches Leiden alles genau richtig porträtiert haben. Oder zumindest haben Sie mich verstanden. Sie schaffen es in Ihrem Buch, meine Gefühle zu beschreiben, bevor ich sie überhaupt habe, und ich habe es Dutzende von Malen gelesen.
Gleichzeitig habe ich mich gefragt, ob es Ihnen etwas ausmachen würde, mir ein paar Fragen zu dem, was nach dem Ende des Romans passiert, zu beantworten. Ich habe verstanden, dass das Buch endet, weil Anna stirbt oder zu krank zum Schreiben ist, aber ich würde wirklich gern wissen, was aus Annas Mutter wird – ob sie den Tulpenholländer heiratet, ob sie noch ein Kind bekommt, ob sie in der West Temple Street 917 bleibt etc. Außerdem, ist der Tulpenholländer ein Hochstapler, oder liebt er die beiden wirklich? Was wird aus Annas Freunden – vor allem Claire und Jake? Bleiben sie zusammen? Und schließlich – ich bin mir bewusst, dass dies genau die Art von tiefsinniger, besonnener Frage ist, die Sie sich von Ihren Lesern immer erhofft haben – was wird aus Sisyphus dem Hamster? Diese Fragen quälen mich seit Jahren – und ich weiß nicht, wie viel Zeit ich noch habe, um Antworten auf sie zu bekommen.
Ich weiß, dass dies keine schwerwiegenden literarischen Fragen sind und dass Ihr Buch von schwerwiegenden literarischen Fragen nur so wimmelt, aber ich muss es einfach wirklich wissen.
Und natürlich, falls Sie sich je wieder entschließen, etwas zu schreiben, würde ich es wahnsinnig gern lesen, ganz gleich was es ist. Ich würde selbst Ihre Einkaufslisten lesen.
In großer Bewunderung
Ihre Hazel Grace Lancaster
(16 Jahre alt)
Nachdem ich sie abgeschickt hatte, rief ich Augustus zurück, und wir blieben lange wach und redeten über Ein herrschaftliches Leiden , und ich las ihm Ein gewisses schräges Licht vor, das Gedicht von Emily Dickinson, aus dem Van Houten den Titel hatte, und er sagte, ich hätte eine gute Lesestimme und würde nach den Zeilen keine zu langen Pausen machen, und dann erzählte er mir, dass der sechste Preis-der-Morgenröte- Band Blut für Blut auch mit einem Zitat aus einem Gedicht anfing. Er brauchte einen Moment, bis er das Buch fand, doch dann las er mir das Zitat vor. »Stell dir vor, dein Leben liegt in Trümmern. / Der letzte gute Kuss ist Jahre her.«
»Nicht schlecht«, sagte ich. »Ein bisschen bemüht. Ich schätze, Max Mayhem würde ›Weiberkram‹ dazu sagen.«
»Bestimmt, und mit knirschenden Zähnen. In den Büchern knirscht Mayhem andauernd mit den Zähnen. Wenn er alle Kriege überlebt, kriegt er bestimmt irgendwann Kieferprobleme.« Und dann fragte Gus nach einer Sekunde: »Wann
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