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Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Titel: Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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gegen die Wand zwischen dem Bett und dem Trophäenregal.
    Augustus sah mich an, Zigarette im Mundwinkel, und lächelte schief. »Ich muss immerzu an das Buch denken.«
    »Ja, oder?«
    »Und er sagt uns wirklich nie, was aus den anderen Leuten wird?«
    »Nein«, sagte ich. Isaac drosch immer noch mit dem Kissen auf die Wand ein. »Er ist nach Amsterdam gezogen, und ich dachte, vielleicht schreibt er eine Fortsetzung über den Tulpenholländer, aber bis jetzt hat er nichts veröffentlicht. Er gibt keine Interviews. Er scheint nicht im Netz zu sein. Ich habe ihm mehrere Briefe geschrieben, um ihn zu fragen, was aus den anderen wird, aber er antwortet nicht. Also … ja.« Ich brach ab, weil Augustus mir anscheinend nicht mehr zuhörte. Stattdessen starrte er Isaac an.
    »Warte mal«, sagte er zu mir. Er ging zu Isaac und packte ihn an den Schultern. »Hey, Mann. Kissen gehen nicht kaputt. Versuch’s mal mit etwas, was kaputtgeht.«
    Isaac griff nach einer der Basketballtrophäen aus dem Regal, hielt sie sich über den Kopf und sah Augustus an, als wartete er auf grünes Licht. »Ja«, sagte Augustus. »Los!« Krachend flog der Pokal zu Boden, der Plastikarm des Basketballspielers splitterte ab, den Ball noch immer in der Hand. Isaac trampelte auf den Trümmern herum. »Ja!«, rief Augustus. »Zeig’s ihm!«
    Und dann sagte er zu mir: »Ich habe schon die ganze Zeit überlegt, wie ich meinem Vater sagen soll, dass ich Basketball eigentlich hasse, und ich glaube, das hier funktioniert.« Eine nach der anderen landeten die Trophäen auf dem Boden, und Isaac zertrat sie schreiend, während Augustus und ich zwei Meter Abstand hielten, Zeugen seiner Raserei. Die armen, verstümmelten Plastikfiguren übersäten den Teppich: hier ein Ball mit einer abgebrochenen Hand, da zwei rumpflose Beine im Sprung. Isaac attackierte sie immer wieder, stampfte mit beiden Füßen auf ihnen herum, brüllend, atemlos, verschwitzt, bis er schließlich auf dem Haufen der zersplitterten Trümmer zusammensank.
    Augustus kniete sich zu ihm. »Besser?«, fragte er.
    »Nein«, murmelte Isaac keuchend.
    »Das ist das Problem mit dem Schmerz«, sagte Augustus und sah mich an. »Er verlangt, gespürt zu werden.«

KAPITEL FÜNF
     
    Mehrere Tage hörte ich nichts von Augustus. Am Abend des Trophäenmassakers hatte ich ihn angerufen, also war traditionell er an der Reihe, sich zu melden. Aber er meldete sich nicht. Es war nicht so, dass ich den ganzen Tag mit verschwitzten Händen vor dem Telefon saß, in meinem gelben Sonntagskleid, und geduldig darauf wartete, dass mein Verehrer seinem Namen Ehre machte. Ich lebte mein Leben: An einem Nachmittag ging ich mit Kaitlyn und ihrem (süßen, aber nicht annähernd augustinischen) Freund Kaffee trinken; ich nahm meine empfohlene tägliche Dosis Phalanxifor; an drei Vormittagen der Woche besuchte ich Vorlesungen am MCC; und jeden Abend setzte ich mich an den Tisch, um gemeinsam mit meinen Eltern zu Abend zu essen.
    Am Sonntagabend gab es Pizza mit Paprika und Brokkoli. Wir saßen an unserem runden Küchentisch, als mein Telefon zu singen anfing, aber ich durfte nicht rangehen, weil wir eine strenge Kein-Telefon-beim-Abendessen-Regel haben.
    Also aß ich ein bisschen, während Mom und Dad über ein Erdbeben sprachen, das gerade in Papua-Neuguinea passiert war. Meine Eltern hatten sich in Papua-Neuguinea beim Peace Corps kennengelernt, und jedes Mal wenn etwas dort geschah, selbst etwas Schlimmes, verwandelten sie sich plötzlich von den gesetzten Erwachsenen, die sie waren, zurück in die idealistischen bedingungslosen jungen Wilden von damals, und ihre Verzückung war so groß, dass sie nicht mal zu mir rübersahen, als ich mit nie geahntem Tempo aß und mir hektisch das Essen in den Mund schaufelte, bis mir die Puste ausging, was mich natürlich sofort in Angst versetzte, dass in meiner Lunge wieder Land unter herrschte. Ich verscheuchte den Gedanken, so gut es ging. In ein paar Wochen war ein PET-Scan angesetzt. Falls was nicht stimmte, würde ich es früh genug rausfinden. Bis dahin nutzte es nichts, wenn ich mir Sorgen machte.
    Aber ich machte mir trotzdem Sorgen. Ich war gerne ein Mensch. Ich wollte es noch eine Weile bleiben. Sorgen sind eben eine weitere Nebenwirkung des Sterbens.
    Irgendwann hatte ich fertig gegessen und fragte: »Darf ich aufstehen?«, und sie unterbrachen kaum ihr Gespräch über die Stärken und Schwächen der papua-neuguineischen Infrastruktur. Ich holte das Telefon aus meiner

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