Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)
und sicher auf die Höhen und Tiefen des Menschseins vorbereitet, und vielleicht lernen sie auch die wichtigste Regel von allen: Egal wie fest du trittst, egal wie hoch du kommst, ganz herum schaffst du es nie.
Gegenwärtiger Wohnsitz der Schaukel:
Ecke 83 rd Street/Spring Mill.
Danach sahen wir ein bisschen fern, aber es kam nichts Interessantes, und so holte ich Ein herrschaftliches Leiden von meinem Nachttisch und nahm es mit ins Wohnzimmer, und Augustus Waters las mir vor, während Mom, die am Herd stand und kochte, mit zuhörte.
Das Glasauge meiner Mutter war nach innen gedreht , begann Augustus. Während er las, verliebte ich mich in ihn, so wie man in den Schlaf gleitet: langsam zuerst und dann rettungslos.
Als ich eine Stunde später meine E-Mails checkte, sah ich, dass es jede Menge Schaukelanwärter gab, aus denen wir auswählen konnten.
Am Ende entschieden wir uns für einen Mann namens Daniel Alvarez, der ein Foto seiner drei Kinder beim Videospielen mitschickte und in die Betreffzeile geschrieben hatte: Ich will sie einfach nur an die frische Luft kriegen . Ich schrieb ihm zurück, dass er die Schaukel jederzeit abholen konnte.
Augustus fragte, ob ich mit ihm zur Selbsthilfegruppe wollte, aber ich war echt müde von meinem krebskranken Tag, also lehnte ich ab. Wir saßen zusammen auf der Couch, und dann stemmte er sich hoch, aber er ließ sich noch mal zurückfallen und schmuggelte einen Kuss auf meine Wange.
»Augustus!«, sagte ich.
»Freundschaftlich«, sagte er. Er stemmte sich wieder hoch, und diesmal stand er wirklich auf, dann machte er zwei Schritte auf meine Mutter zu und sagte: »Immer ein Vergnügen, Sie zu sehen«, und meine Mutter breitete die Arme aus und drückte ihn, worauf Augustus ihr einen Kuss auf die Wange gab. »Siehst du?«, sagte er, als er sich umdrehte.
Direkt nach dem Abendessen ging ich ins Bett, und das BiPAP ließ die Welt jenseits meines Zimmers untergehen.
Die Schaukel sah ich nie wieder.
Ich schlief lange, zehn Stunden, vielleicht wegen des langsamen Erholungsprozesses, vielleicht, weil Schlaf gut gegen Krebs war, oder vielleicht, weil ich ein Teenager ohne feste Aufwachzeit war. Fürs College war ich noch nicht stark genug. Als ich lange genug im Bett gelegen hatte, nahm ich das Mundstück des BiPAP ab, steckte mir die Sauerstoffstöpsel in die Nase, drehte die Flasche auf und holte den Laptop unter dem Bett hervor, wo ich ihn am Abend verstaut hatte.
Ich fand eine E-Mail von Lidewij Vliegenthart vor.
Liebe Hazel,
von der Feenstiftung habe ich erfahren, dass du uns ab dem 6. Mai mit Augustus Waters und deiner Mutter besuchen kommst. Schon in zwei Wochen! Peter und ich freuen uns sehr und sind sehr gespannt darauf, Euch kennenzulernen. Euer Hotel, der Filosoof, ist nur eine Straße von Peters Haus entfernt. Wegen des Jetlags sollten wir Euch vielleicht einen Tag Ruhe gönnen? Dann würden wir Euch, wenn es recht ist, am Morgen des 7. Mai bei Peter erwarten, gegen 10 Uhr, damit er Dir bei einer Tasse Kaffee die Fragen, die Du zu seinem Buch hast, beantworten kann. Und danach könnten wir vielleicht ins Museum gehen oder das Anne-Frank-Haus besuchen?
Mit besten Wünschen
Lidewij Vliegenthart
Persönliche Assistentin von Peter Van Houten,
Autor von Ein herrschaftliches Leiden
»Mom«, sagte ich. Sie antwortete nicht. »MOM!«, rief ich. Und dann noch lauter: »MOM!«
Sie kam mit einem alten rosa Handtuch unter den Achseln hereingestürzt, tropfnass und halb in Panik. »Was ist passiert?«
»Nichts. Tut mir leid. Ich wusste nicht, dass du in der Dusche warst«, sagte ich.
»Badewanne«, sagte sie. »Ich wollte nur …« Sie schloss die Augen. »Ich habe nur versucht, fünf Sekunden in der Wanne zu liegen. Tut mir leid. Was ist los?«
»Kannst du die Feenstiftung anrufen und ihnen sagen, dass die Reise abgesagt ist? Ich habe gerade eine E-Mail von Peter Van Houtens Assistentin bekommen. Sie denkt immer noch, dass wir fahren.«
Sie schürzte die Lippen und sah an mir vorbei an die Wand. »Was ist?«, fragte ich.
»Ich sollte es dir nicht sagen, bis dein Vater nach Hause kommt.«
» Was?« , fragte ich wieder.
»Wir fahren«, sagte sie endlich. »Dr. Maria hat gestern Abend angerufen und uns überzeugt, dass du dein Leben leben …«
»MOM, ICH HAB DICH SO LIEB!«, schrie ich, und dann kam sie ans Bett und ließ sich von mir umarmen.
Ich schickte Augustus eine Textnachricht, weil ich wusste, dass er Schule hatte: Am 6. Mai
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