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Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Titel: Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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Spätstadium.
    Ich ging gegen Mittag zu ihm, nachdem er gefrühstückt und das Frühstück wieder ausgekotzt hatte. Er holte mich im Rollstuhl an der Tür ab, nicht mehr der muskulöse Prachtkerl, der mich in der Selbsthilfegruppe angestarrt hatte, aber immer noch mit dem halben Lächeln, immer noch mit der unangezündeten Zigarette im Mund, die blauen Augen klar und lebendig.
    Wir aßen im Esszimmer mit seinen Eltern zu Mittag. Erdnussbutter-Marmelade-Sandwiches und den grünen Spargel von gestern Abend. Gus aß nichts. Ich fragte ihn, wie es ihm ging.
    »Super«, sagte er. »Und dir?«
    »Gut. Was hast du gestern Abend gemacht?«
    »Ich habe ziemlich viel geschlafen. Ich wollte dir eine Fortsetzung schreiben, Hazel Grace, aber ich bin die ganze Zeit so verdammt müde.«
    »Erzähl sie mir einfach«, sagte ich.
    »Also, ich bleibe bei meiner Vor-Van-Houten-Analyse des Tulpenholländers. Er ist kein Hochstapler, aber auch nicht so reich, wie er die anderen glauben lässt.«
    »Und was ist mit Annas Mutter?«
    »Da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Hab Geduld, Grashüpfer.« Augustus lächelte. Seine Eltern waren still, sahen ihn die ganze Zeit an, ohne den Blick abzuwenden, als wollten sie die Gus-Waters-Show genießen, solang sie noch in der Stadt war. »Manchmal träume ich davon, meine Autobiographie zu schreiben. Meine Autobiographie wäre genau das, was mich in den Herzen und Köpfen eines liebenden Publikums lebendig halten würde.«
    »Wozu brauchst du ein liebendes Publikum, wenn du mich hast?«, fragte ich.
    »Hazel Grace, wenn man so charmant und körperlich anziehend ist wie ich, ist es leicht, die Leute, die man kennt, rumzukriegen. Aber Fremde dazu zu bringen, einen zu lieben – das ist das wahre Kunststück.«
    Ich rollte mit den Augen.
     
    Nach dem Mittagessen gingen wir auf die Terrasse raus. Er hatte noch Kraft genug, den Rollstuhl selbst anzuschieben, und er schaffte sogar einen Mini-Wheelie, um mit den Vorderrädern über die kleine Schwelle zu kommen. Trotz allem war er immer noch sportlich und mit einem ausgezeichneten Gleichgewichtssinn und schnellen Reflexen gesegnet, die die vielen Schmerzmittel nicht lahmzulegen vermochten.
    Seine Eltern blieben im Haus, doch als ich einen Blick zum Esszimmerfenster warf, sah ich, dass sie uns die ganze Zeit beobachteten.
    Wir saßen eine Weile schweigend draußen, und dann sagte Gus: »Manchmal wünschte ich, wir hätten die Schaukel noch.«
    »Die aus unserem Garten?«
    »Ja. Meine Sehnsucht nach den alten Zeiten wird streckenweise so stark, dass ich sogar in der Lage bin, eine Schaukel zu vermissen, die mein Hintern nie aus der Nähe gesehen hat.«
    »Nostalgie ist eine Nebenwirkung von Krebs«, erklärte ich.
    »Nein, Nostalgie ist eine Nebenwirkung des Sterbens«, gab er zurück. Über uns blies der Wind, und die Schatten der Bäume tanzten auf unserer Haut. Gus drückte meine Hand. »Das Leben ist schön, Hazel Grace.«
     
    Wir gingen wieder rein, als er seine Medikamente brauchte, die ihm zusammen mit Flüssignahrung durch die PEG-Sonde verabreicht wurden, einem Plastikhahn in seinem Bauch. Eine Weile sagte er nichts, driftete weg. Seine Mutter wollte, dass er sich hinlegte, aber er schüttelte jedes Mal den Kopf, wenn sie davon redete, also ließen wir ihn eine Weile einfach halb schlafend im Rollstuhl sitzen.
    Seine Eltern sahen sich ein altes Video von Gus und seinen Schwestern an – sie waren vielleicht so alt wie ich, und Gus war fünf. Sie spielten vor einem anderen Haus Basketball, und obwohl er noch so klein war, dribbelte Gus, als wäre er zum Dribbeln geboren, und lief in Kreisen um seine lachenden Schwestern herum. Es war das erste Mal, dass ich ihn Basketball spielen sah. »Er war gut«, bemerkte ich.
    »Du hättest ihn in der Highschool sehen sollen«, erklärte sein Dad. »Er war schon in der Neunten in der Schulmannschaft.«
    Gus murmelte: »Kann ich runtergehen?«
    Seine Eltern schoben Gus im Rollstuhl die Treppe runter, ein halsbrecherisches Unternehmen, das gefährlich gewesen wäre, wenn Gefahr noch Bedeutung gehabt hätte, und dann ließen sie uns allein. Er kroch ins Bett, und wir lagen nebeneinander unter der Decke, Gus auf dem Rücken und ich seitlich, den Kopf auf seiner knochigen Schulter, und die Hitze seines Körpers strahlte durch sein Polohemd in meine Haut, meine Füße mit seinem echten Fuß verschränkt, die Hand auf seiner Wange, seine Augen ganz nah.
    Wenn ich so nahe an seinem Gesicht war, dass unsere Nasen sich

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