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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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mache. Ich benutze nie zweimal dasselbe Hotel. Das ist eine der Grundregeln unter uns Händlern der Akademie. Wir alle wissen, mit welchen Kostbarkeiten wir uns bewegen.«
    Dem Flutmarkthändler entfuhr ein schottisch klingender Fluch.
    »Ich hatte den Kopf der Nike in einem einfachen Holzkasten in grüne Holzwolle verpackt. Und ich hätte den Diebstahl normalerweise nicht einmal bemerkt, denn die Diebe hatten das Kunstwerk gegen einen gleich schweren Stein ausgetauscht. Zum Glück habe ich aber am Morgen eine Faser Holzwolle vor meiner Zimmertür gefunden. Die Holzwolle muss am Kopf geklebt haben und dann abgefallen sein. Es war nur eine winzige Spur. Sonst hätte ich den Diebstahl erst in Moskau bemerkt und keinen einzigen Anhaltspunkt gehabt.«
    Gino Saurini seufzte schwer. »Das ist kein gutes Zeichen. Das letzte Mal, dass die Akademie so ausgekundschaftet wurde, war den Aufzeichnungen zufolge im Jahre 1639. Aber dann geriet dieses Wissen in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges in Vergessenheit, und seitdem wurde das Geheimnis bewahrt.«
    Rufus schauderte bei diesen Worten. Die Aufgabe der Flutmarkthändler war es, die Artefakte, welche die Lehrlinge in den erfolgreichen historischen Fluten ins Jetzt zurückbrachten, so unauffällig wie möglich in die Museen der Welt zu schaffen. Das musste langsam und vorsichtig vorbereitet und ausgeführt werden, damit die Spuren der Artefakte nicht in die Akademie zurückverfolgt werden konnten. Nur so war es möglich, das Geheimnis der Akademie zu bewahren. »Können Sie denn nicht etwas unternehmen, Meister McPherson? Ich meine, Sie …«
    Er zögerte.
    James McPherson lächelte. »Du meinst als Druide?«
    Direktor Saurini sah erstaunt auf. »Woher weißt du das, Rufus?«
    »Weil wir uns in seiner Traumflut begegnet sind«, erklärte McPherson. »Als ich ihm kurz darauf als sein Flutmarkthändler in der Akademie gegenüberstand, hat Rufus mich wiedererkannt.« Dann fügte er hinzu: »Nein, ich kann als Druide nichts unternehmen. Myrddin war ich 61 nach Christus. Als er besaß ich viele Kräfte. Aber diese Kräfte besitze ich hier und jetzt nicht. Mit der Zauberei ist es nicht so einfach, wie viele sich das vorstellen. Es gibt sie, aber es liegt nicht an einem selbst, ob man sie beherrscht. Das liegt vielmehr an der Zeit und den Menschen, die in ihr leben. Wenn man sich in einem Zeitalter befindet, in dem viele Menschen an die Zauberei glauben, dann kann sie eine wirkungsvolle Kraft sein. Und das war der Fall, als wir uns 61 nach Christus begegnet sind.«
    Direktor Saurini hob eine Hand. »Das bedeutet allerdings noch lange nicht, Rufus, dass jede Frau, die im Mittelalter von den verblendeten Massen oder kirchlichen Machthabern als Hexe auf einem Scheiterhaufen verbrannt wurde, wirklich eine Hexe war. Du musst dir klarmachen, dass in Zeiten starken Glaubens immer auch große Angst vor der Magie herrscht.«
    »Nur deswegen haben die Römer zur Zeit unserer ersten Begegnung versucht, die keltischen Druiden auszurotten«, fuhr James McPherson wieder fort. »Sie fürchteten ihr Wissen und ihre Anführerschaft. Und ein Teil des Wissens war die Magie. Heute aber wirkt sie nicht mehr. Heute ist keine Zeit für Zauber oder Magie. Heute ist die Zeit des Geldes und der Gier. Das zeigt mir auch dieser Diebstahl. Und er war wohlüberlegt, gut geplant und ausgeführt.«
    »James.« Direktor Saurini legte McPherson die Hand auf die Schulter. »Das erweckt alles den Anschein, dass wir es mit einem gefährlichen Mitwisser zu tun haben. Und Sie wissen, was das bedeutet. Sie müssen sich, sobald Sie Ihre Untersuchungen hier beendet haben, so lange von der Akademie fernhalten, bis wir diese Gefahr als gebannt bezeichnen können. Hat Sie außer Meisterin Iggle jemand hier gesehen?«
    James McPherson schüttelte den Kopf. »Ich habe alle Vorsicht walten lassen. Und Sie haben recht, Direktor Saurini, das ist den Dieben neben dem Diebstahl leider auch noch geglückt. Sie haben mich aus der Akademie vertrieben. Solange wir nicht wissen, wer sie sind und was sie beabsichtigen, darf ich ihnen keinen weiteren Angriffspunkt liefern. Ich möchte aber in den kommenden Stunden hier in Ruhe über alles nachdenken und ein paar Nachforschungen anstellen. Und ich wollte mit Rufus sprechen, um ihm von dem Verlust zu berichten. Schließlich betrifft er ihn unmittelbar.«
    »Und was wollen Sie hier rausbekommen?«, fragte Rufus.
    »Vielleicht kann ich dank der Kräfte der Akademie etwas entdecken. Eine Flut,

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