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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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Rufus hielt sie fest und beugte sich aus dem Fenster. Doch der Kanal war verlassen und auch auf der gegenüberliegenden Seite konnte er in keinem der Häuser etwas erkennen. Hatte sich die Brieftaube vielleicht im Fenster geirrt?
    Er beugte sich noch weiter vor und sah nach oben. Ja, aus dem Zimmer von Anselm und Bent fiel ein schwacher Lichtschein. Vielleicht hatte der Vogel ihn übersehen und war deshalb zum falschen Fenster geflogen? Aber das sollte Rufus egal sein.
    Schnell öffnete er den Behälter. Ein kleiner Stein fiel ihm entgegen, um den ein Zettel gerollt war. Der Stein war tiefgrau, fast schwarz. Rufus entrollte das Papier – und erstarrte.
    Rufus, stand dort in kräftigen Lettern, versuch mit dem Fragment zu träumen. Vielleicht können wir uns sehen. Coralia.
    Rufus spürte, wie der Boden unter seinen Füßen zu wanken begann. Und diesmal half kein Ingwer gegen das üble Gefühl, das sich in seinem Magen ausbreitete. Was sollte das? Wieso wollte Coralia ihn sehen? Und dann noch in einer Traumflut. Glaubte sie wirklich, er und sie könnten ein Fragment vom selben Artefakt in die Hand nehmen und sich so in einer Traumflut treffen? Was für eine verrückte Idee. Aber was steckte hinter all dem?
    Rufus’ Gedanken wirbelten durcheinander. Er wollte nicht zu Coralias Diener werden wie Anselm oder Bent. Aber was war, wenn Meister McPherson recht hatte mit dem, was er gesagt hatte. Wenn Coralia Rufus einfach nur zum Freund wollte?
    Rufus schnaubte.
    Er blickte zu Filine und No. Beide schliefen tief und fest. Rufus nickte. Es gab nur einen Weg, die Wahrheit herauszufinden. Er musste zu Coralia. Und zwar jetzt gleich. Wenn sie versuchte, ihn in einer Traumflut zu treffen, und dachte, dass er es auch versuchen würde, dann bedeutete das, dass sie bald schlafen musste. Und das wiederum hieß, er konnte sie ausspionieren.
    Kurz entschlossen zog Rufus den Wendelring aus seinem Beutel und legte ihn unter seine Bettdecke. Dann ging er zurück ans Fenster und gab die Taube frei. Mit leerem Behälter flog sie zurück. Coralia würde sofort wissen, dass er den Zettel gelesen hatte, wenn sie den Vogel in Empfang nahm.
    War sie vielleicht in der Nähe?
    Rufus sah der Taube nach, dann wandte er sich um und ging vom Fenster weg ins Zimmer. Doch plötzlich duckte er sich und schlich wieder zurück. Vorsichtig spähte er über das Fensterbrett. Vielleicht konnte er erkennen, wo die Taube landete?!
    Und diesmal hatte er Glück.
    Auf der anderen Seite des Kanals tauchte an einem offenen Fenster eine dunkle Gestalt auf. Sie streckte die Hand aus, und die Taube landete darauf. Es war Coralia.
    Im nächsten Moment wandte sie sich um und verschwand im Inneren des Hauses.
    Rufus wartete keine Sekunde. Er lief hinüber in Olivers Zimmer, wo der stumme Lehrling auf seinem Teppichlager unter einer warmen Decke schlief. Schnell stieg er aus dem Fenster und kletterte die Leiter hinunter in den Kanal.
    Wo würde Coralia jetzt hingehen?
    Rufus rannte leichtfüßig zum Haus gegenüber und sprang auf eine der Holzleitern, die daran befestigt waren. Dann flog er die Sprossen förmlich hinauf und schob den Kopf in das erste offene Fenster. Hoffentlich kam er nicht zu spät. Es war seine einzige Chance.
    Er versuchte, seinen fliegenden Atem unter Kontrolle zu bringen. Für einen Moment hörte er nur das Blut in seinem Kopf rauschen, aber dann drang aus der Tiefe des Hauses der Hall sich eilig entfernender Schritte an seine Ohren.
    War Coralia trotzdem schon zu weit weg? Rufus kletterte durchs Fenster und eilte durch das Zimmer in den dahinterliegenden Flur. Er beugte den Kopf vor. Da! Wieder hörte er die Schritte.
    Mit angehaltenem Atem folgte Rufus ihnen. Nach wenigen Schritten erreichte er eine angelehnte Tür. Er zog sie auf. Dahinter endete die Wohnung, in die Rufus eingedrungen war.
    Vor ihm erstreckte sich eine große Halle mit hellen Säulen, an deren Wänden in schimmerndem Kerzenlicht Tausende Bruchstücke von Bilderrahmen hingen. Es waren versilberte und vergoldete Rahmen, Rahmen aus dunklem Holz, und mindestens ebenso viele bemalte Leinwandfetzen. Diese Halle beherbergte die verrückteste Gemäldegalerie, die Rufus je gesehen hatte.
    Wieder lauschte er. Die Schritte schienen bereits am anderen Ende der Halle angekommen zu sein. Schnell schlich er ihnen nach und erreichte einen Ausgang, hinter dem eine breite Treppe hinunter in einen weiteren Saal führte. Rufus lief sie hinab. Die nächste Halle war noch größer als die erste, bis

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