Das Schiff der Hoffnung
ihn für eine Million und nehme ihn mit nach England. Ich richte ihm ein Labor ein, ich baue ihm eine Fabrik. Wenn Ihre Regierung zu dumm ist, Größe zu erkennen: wir Briten können es! Wir haben einen sechsten Sinn für Größe. Und dieser Dr. Zeijnilagic ist ein Genie.«
»Wenn Sie wüßten, woraus dieses HTS besteht. Aus welchen einfachen, bekannten pharmazeutischen Nichtigkeiten …«
»Und wenn er gemahlenen Eulendreck verarbeitet – falls es hilft, baue ich ihm eine Fabrik.« Rockpourth winkte mit beiden Händen zu Robert. »Einen Wagen! Bob, du Faulpelz. Einen Wagen nach Sarajewo!«
Professor Kraicic beugte sich über das Mumiengesicht Rockpourths. »Ich will Ihnen einmal etwas sagen, Mylord«, sagte er betont und langsam. »Sie sind eine alte, hysterische männliche Jungfer! Ich habe Sie geröntgt, während Sie in Ihrer Tetanie lagen.«
»Ich weiß«, sagte Rockpourth erstaunlich leise. »Ich habe ja alles gesehen.«
»Ich habe mir Ihren Magen angeguckt! Vertrocknet ist er, aber Krebs haben Sie nicht!«
»So spricht ein Verrückter, Professor«, sagte Rockpourth schwach. »Bisher haben genau dreiundvierzig Ärzte, von New York bis Tokio, Krebs festgestellt. Einwandfrei.«
»Und ich sage Ihnen als vierundvierzigster Arzt, daß Sie keinen Krebs haben! Sie haben eine chronische Stoffwechselstörung, und zwar eine solch radikale, daß es bestimmt über ein Jahr dauert, bis man Ihren Körper umgestellt hat. Für Sie wäre das HTS nichts anderes, als wenn Sie Brausepulver schluckten.«
»Und meine Starrheit, he?« schrie Rockpourth.
»Sie wird nicht wiederkommen. Noch drei Enzym-Infusionen, und Sie sollen sehen, wie wohl Sie sich fühlen.«
Lord Rockpourth schloß die Augen. Einen Augenblick lang dachten alle, er sei vor Schreck gestorben. Aber dann atmete er wieder und schlug die Augen auf.
»Hast du das gewußt, Bob?« fragte er. Neffe Robert bekam einen roten Kopf.
»Aber nein, Onkel James. Wäre ich sonst …«
»Du lügst! Du wußtest es!«
»Onkel!« Robert straffte sich. »Wozu soll ich alle die Monate gelitten haben …«
»Er hat gelitten! Ha! Gelitten! Er!« Rockpourth brüllte wieder. »Man hat mich zur lebenden Mumie gemacht. Wenn es kein Krebs ist – Professor, Sie sind mein letzter Strohhalm! Wenn es wirklich keiner ist, zum Teufel auch, – ich werde die dreiundvierzig Ärzte verklagen. Wegen Dummheit! Wegen Gemeingefährlichkeit gegenüber der Menschheit.«
»Das werden Sie nicht«, sagte Professor Kraicic ruhig. »Ich nehme an, daß meine dreiundvierzig Kollegen nur mit Schrecken an Sie denken.«
Neffe Robert hielt den Atem an. Zwei Dinge gab es nur, die jetzt möglich waren – entweder Lord Rockpourth tobte wie ein Irrer, oder er fiel wieder in seine Starrheit, wie es so oft geschehen war, wenn ein Schock ihn traf.
Doch nichts dergleichen geschah. An eine dritte Möglichkeit hatte niemand gedacht: Rockpourth lächelte und legte die Mumienhände brav auf die Decke.
»Da haben Sie recht, Professor«, sagte er sanft. »Ich nannte sie alle Idioten! Wie alt sind Sie?«
»52 Jahre, Mylord.«
»Noch jung genug, um berühmt zu werden. Ich nehme Sie mit nach England. Ich baue Ihnen eine Privatklinik.«
Professor Kraicic lächelte milde. »Ich bin staatlich angestellt«, sagte er. »Mir gefällt es in Sarajewo. Ich kenne England; mir ist es dort zu kalt und nebelig. Aber nun werden Sie eine neue Infusion bekommen, und ich ordne an, daß Sie sofort still sind und sich meinen Worten fügen!«
Lord Rockpourth winkte seinem Neffen. »Hinaus, du Flegel!« sagte er, aber sein faltiger Mund lächelte. »Siehst du, wie man mit deinem armen Onkel umgeht?«
Auf dem Flur hielt Professor Kraicic den jungen Lord an. Seine frohe, optimistische Miene war verschwunden.
»Sie leben bei Ihrem Onkel, Sir?« fragte er.
Robert sah den Professor verblüfft an. »Nein. Ich studiere … und ich mußte unterbrechen, als mein Onkel mich rief, um ihn zu pflegen.«
»Ich habe gehört, Sie haben Verwandte in Amerika?«
»Ja. Zwei Tanten. Warum fragen Sie?«
Professor Kraicic drückte das Kinn an. Seine gütigen Augen waren plötzlich hart. »Wenn Sie genügend Mittel haben, fliegen Sie in die USA, Sir. Von Belgrad können Sie nach Rom fliegen, von dort nach Frankfurt und weiter nach Montreal – New York.«
»Aber warum denn?« Roberts Augen bekamen einen flimmernden Glanz. Über seine linke Wange zuckte es nervös. »Was soll das, Professor?«
»Muß ich es Ihnen deutlicher sagen?« Kraicics Mund
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