Das Schiff der Hoffnung
wurde hart. »Wir haben eine Magenaushebung gemacht, eine große Blutuntersuchung und eine Zellanalyse. Die Präparate sind noch im Labor, es liegt nur ein Zwischenbericht vor, aber er genügt. Wir haben im Körper Lord Rockpourths deutlich Thallium gefunden.«
Das Gesicht Roberts versteinerte sich. Nur seine Augen brannten. »Was wollen Sie damit andeuten, Professor?« fragte er rauh.
»Genau das, was Sie jetzt denken, Sir! Ihr Onkel hatte ein chronisches Magenleiden mit Stoffwechselstörungen. Weil er glaubte, er habe Krebs, rief er Sie, seinen einzigen Neffen und Erben. Sie sahen eine einmalige Chance und griffen zum Thallium. Sie mixten es unter jede Medizin. Ein Wunder, daß Ihr Onkel noch lebt!«
»Sie sind verrückt!« sagte Robert steif. »Sie sind komplett verrückt!«
Professor Kraicic hob die Schulter, wandte sich ab und ließ Robert wortlos stehen.
Zwei Stunden später war Robert auf dem Weg nach Belgrad, mit einem Mietwagen.
Greifen wir weit vor: Drei Monate später schrieb er aus Kansas City, es gehe ihm gut und er habe eine Anstellung als stellvertretender Leiter eines Reitstalles. Von da an hörte man nichts mehr von Robert Rockpourth. Und keiner vermißte ihn.
Erika Haußmann hatte die Operation gut überstanden. Sie war noch sehr schwach und unendlich müde, als Karl ins Zimmer geführt wurde, aber sie konnte schon wieder lächeln und die Hand nach ihm ausstrecken.
»Karli …«, sagte sie matt und schloß die Augen, als er sich über sie beugte und ganz vorsichtig auf die Stirn küßte. »Daß ich dir solche Unannehmlichkeiten machen muß …«
In Haußmanns Kehle würgte es. Hatte er sich bei Professor Kraicic maßlos geschämt, so überkam ihn jetzt eine Reue, die er nicht mehr in Worte fassen konnte.
»Du wirst gesund«, stammelte er. »Rika, der Professor hat es mir gesagt. Du wirst wieder ganz gesund. Du hast keinen Krebs. Nur ein Myom ist es gewesen, ganz ungefährlich … Wir … wir werden in ein paar Wochen eine neue, glückliche Zeit beginnen. Wir werden alles ganz anders machen als bisher. Ich verspreche es dir: Reisen werden wir, zusammen einkaufen, in unserem Garten liegen …«
»Und deine Fabrik?«
»Ich habe einen guten Prokuristen. Verdammt noch mal, soll ich mich kaputtarbeiten? Soll es immer so weitergehen: du zu Hause allein und ich hinterm Schreibtisch? Und dann kommt man kaputt nach Hause, schlingt sein Essen runter und ist mürrisch und ungerecht. Nein, Rika. Jetzt wollen wir leben; jetzt, wo ich endlich gelernt habe, wie schön es ist, mit dir zusammenzusein.«
Erika hob die Hand und legte sie auf den Kopf ihres Mannes. Sie war so leicht, diese Hand, aber für Haußmann war es, als laste ein Zentnerblock auf seinem Nacken.
»Weißt du noch, was du zu mir gesagt hast, als wir heirateten?«
»Ja.« Haußmann schluckte. Dieser Kloß im Hals! »Unsere Hochzeitsreise machen wir nach Venedig. So, wie es alle verliebten Paare erträumen. – Aber wir hatten nie Zeit dazu.«
»Nun haben wir Zeit …«
»Ja, Rika. Nun haben wir sie. Wann sollen wir nach Venedig fahren?«
»Gleich von hier aus, Karl. Wenn ich entlassen werde.«
»Ich verspreche es dir, Rika.« Haußmann nickte und streichelte ihr eingefallenes, von den langen Schmerzen fahles Gesicht. »Ich bin so glücklich, daß alles so gekommen ist. Es ist mir, als seien sechsundzwanzig Jahre nicht vergangen und wir hätten eben erst geheiratet und schmiedeten Pläne für die Zukunft.«
»So müßte es immer sein, Karli«, sagte Erika. Sie schloß wieder die Augen. Eine wohlige Müdigkeit glitt über sie. Sie spürte die streichelnden Finger ihres Mannes, und unter diesem seligen Gefühl schlief sie ein.
Auf Zehenspitzen verließ Haußmann das Krankenzimmer und zog hinter sich ganz leise und langsam die Tür zu.
»Wie geht es ihr?« fragte eine helle Stimme. Haußmann fuhr wie nach einem Boxhieb in den Rücken herum. Marion Gronau saß in einem Flechtsessel in einer Ausbuchtung des Ganges und ließ ihr goldblondes Haar in der Sonne leuchten. Sie sah berückend aus. Braungebrannt, in einem engen Kleid, die Lippen grellrot geschminkt, die Augenbrauen dunkel nachgezogen. Ein Bild aus einem Männer-Magazin.
»Wo kommst du denn her?« fragte Haußmann rauh.
»Aus Sarajewo, Bärchen.«
»Seit wann bist du hier?«
»Seit zwei Stunden. Der junge Lord Robert hat mich mitgenommen, aber dann geschahen anscheinend wunderliche Dinge, denn Robert verabschiedete sich vor einer halben Stunde von mir, sagte: ›Leben Sie
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