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Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wohl, Marion. Es ist schade, daß die Zeit zu kurz war, um uns näher kennenzulernen … ‹ und ging davon, als käme er nicht mehr zurück. Nun sitze ich hier wie das verlaufene Rotkäppchen und hoffe, daß mein Bärchen nicht wie der Wolf ist, der es frißt.«
    »Laß diesen Blödsinn! Benimm dich doch nicht wie ein Kind! Was willst du hier?«
    »Welche Frage!« Das Puppengesicht Marions veränderte sich. Es wurde ›dienstlich‹. »Ich hocke hier in dieser heißen, alten, nach Ziegen stinkenden Stadt, statt in Rimini am Strand und in deinen Armen zu liegen, wie du es mir versprochen hast. Und da fragst du noch …«
    In Karl Haußmann war nichts mehr, was ihn an Marion Gronau band. Er sah zwar ihre golden leuchtenden Haare, er sah ihre in dem engen, tief ausgeschnittenen Kleid kaum verhüllten, straffen Brüste, er sah ihre langen, schlanken Beine, aber sie hatten auf ihn keine Wirkung mehr. Er wurde nicht unruhig, sein Herz begann nicht zu zucken, seine Gedanken kreisten nicht mehr wollüstig in Vorsünden. Kühl betrachtete er sie und schob die Unterlippe etwas vor.
    »Du sollst haben, was du willst«, sagte er geschäftsmäßig. Er griff in die Tasche und holte einige Geldscheine heraus. »Das wird reichen für eine Überfahrt nach Italien, für zwei Wochen Rimini und die Rückkehr nach Gelsenkirchen. Und wenn du mehr Kapital brauchst: Es wird dir nicht schwerfallen, gewisse Dinge in Münze umzusetzen.«
    »Du bist ein ganz gemeiner, mieser Bursche«, sagte Marion gefährlich leise.
    »Ich wünsche dir eine gute Fahrt«, erwiderte Haußmann steif.
    »Du schiebst mich also ab?«
    »Ich ziehe einen Strich.«
    »Aus also?«
    »Ja.«
    »Aber dann für immer!«
    »Natürlich.«
    »Wenn du in Gelsenkirchen mich wieder in dein Büro rufen läßt … ich schlage dir ins Gesicht.«
    »Dazu wird es nie kommen.« Haußmann legte die Geldscheine vor Marion auf den kleinen, runden Blumentisch. »Wenn du nach dem Urlaub in den Betrieb kommst, wirst du deine Kündigung vorfinden.«
    »Ich habe einen Dreijahresvertrag als Chefsekretärin!«
    »Man wird dich auszahlen.«
    »Wie nobel! Also endgültig Schluß?«
    »Ja.«
    Marion raffte das Geld zusammen und schob es in ihre Handtasche. »So schiebt man eine alternde Hure ab«, sagte sie laut.
    »Zwinge mich bitte nicht dazu, dir darauf eine Antwort zu geben.« Haußmann sah sie noch einmal an. Ganz kurz leuchtete die Erinnerung auf, der lächerliche Bocktanz eines alternden Mannes. Da wurde sein Gesicht hart, und Marion wußte, daß zwischen ihnen jetzt eine unüberbrückbare Kluft war. Es hatte keinen Sinn mehr, zu reden und zu vermitteln. »Leb wohl«, sagte sie gepreßt.
    »Gute Fahrt.«
    »Bärchen …«
    »Bitte?« Haußmann drehte sich noch einmal um. Seine Augen waren fremd.
    »Ich habe dich wirklich geliebt …«
    Stumm wandte sich Haußmann ab und ging den langen weißen Gang entlang zum Fahrstuhl. Er fuhr hinunter ins Parterre, zu Zimmer 2a, wo Lord Rockpourth auf ihn wartete, um ihm zu erzählen, daß er gar keinen Krebs habe und daß alle Ärzte Dummköpfe seien.
    Meliha, das schlanke, kindhafte Mädchen, führte Frank Hellberg in das geräumige Wohnzimmer. Durch ein hohes, großes Fenster, vor das tagsüber eine Sonnenblende aus hellgrünem Plastik hängt, fiel der Blick auf die Straße und den Fluß Miljaca. Ein ovaler Eßtisch stand in der Mitte des Zimmers, bedeckt mit einer Samtdecke. Darüber hatte man zum Schutz gegen Flecken eine durchsichtige Plastikdecke gezogen. Sechs Stühle standen um den Tisch, eine Deckenlampe gab warmes, aber nicht das ganze Zimmer ausfüllendes Licht. Rechts neben der Tür stand ein Tischchen mit einem modernen Radiogerät. Hellberg mußte unwillkürlich lächeln. Ein deutsches Gerät. Grundig. Die Wände des Zimmers waren blaugetüncht. Eine Couch stand an der Längswand, eine zweite Couch unter dem Fenster. Über beiden lagen dunkelrote, orientalische Decken und viele Kissen mit Samtbezügen. Sie waren mit leuchtenden Farben reich bestickt. Eine goldene Schrift fiel Hellberg sofort auf. ›Souvenir of Lybia‹ stand auf einem der Kissen. Der Fußboden war mit Linoleum in Parkettmuster ausgelegt. Darauf lag ein maschinengewebter Orientteppich. An den Wänden hingen Bilder. Gerahmte Koransprüche in arabischer Sprache, Bilder aus Mekka, Surentexte, arabische religiöse Darstellungen. Über der Couch an der blauen Wand mit den stilisierten Blütenmustern hing ein gewebter Wandbehang: Ein orientalischer Palast im Mondschein, den zwei

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