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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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kurzen Blickwechsel mit mir zieht Tsinoy lässig alle Glieder bis auf eines ein, mit dem sie nach einem geschwungenen Sicherheitsbügel greift. Auch ich halte mich daran fest. Ohne Vorwarnung verriegelt sich die Kugel und setzt sich in Bewegung: Lautlos gleitet sie durch den gläsernen Schacht abwärts.

    »Auf diese Weise brauchen wir bis zum Bug nur Minuten statt Stunden«, bemerkt Tsinoy.
    Dieses Detail der Schiffsarchitektur kommt mir sehr vernünftig vor, denn in der Umgebung der Wassertanks und auch jenseits davon herrscht ein einziges Wirrwarr aus Gängen und Röhren – wie diejenigen, die uns zu dem längst vergessenen Geburtsraum geführt haben. »Eine Straßenbahn «, sage ich, als könnte dieses wiederentdeckte Wort meine Unwissenheit kompensieren.
    Als die Kugel beschleunigt, werde ich nach hinten gepresst; zugleich werden mir die Arme und Beine auseinandergedrückt, so dass ich mich mit den Händen krampfhaft an dem Sicherheitsbügel festhalte – wirklich komisch.
    Die Szenerie ringsum wirkt berückend schön, doch zugleich fremdartig, als wären wir von Meer umgeben. Die Tanks, die all dieses geschmolzene und raffinierte Eis des kleinen Mondes umschließen, kommen mir nicht robuster vor als Seifenblasen, die jeden Moment platzen könnten. Und dann werden wir inmitten dieses blauen Meeres ersticken.
    Es kommt mir so vor, als wäre Tsinoy mir näher auf den Leib gerückt. Offenbar fühlt sie sich hier ebenso unwohl wie ich. »Das hier ist die Route, die Mutter dir um jeden Preis vorenthalten wollte. Schau genau hin, Lehrer«, sagt sie und sieht mich dabei prüfend an.
    Also werde ich wieder einmal beurteilt, werde gleich einen weiteren Test in der unendlichen Reihe von Herausforderungen und Prüfungen bestehen – oder dabei versagen.

    Als ich weitere Schatten in den Wasserwirbeln entdecke, wird mir die Kehle eng. Und da drüben ist noch einer. Ein riesiger Schatten, der offensichtlich lebt. Er schwimmt durch den Tank zu meiner Linken, von der Kugel aus gesehen in Ein-Uhr-Position, und verfolgt unsere Fahrt. Er ähnelt einer großen, flexiblen Sprungfeder, ist mehrere zehn Meter breit und schiebt sich ruckartig mit schraubenartigen Drehungen vorwärts. An den Außenrändern seiner dicken Windungen sitzen Finnen, die wie Fischernetze durch die Flüssigkeit fegen. Er hat rubinrote Augen, genau wie unser Spürhund, nur größere mit flachen dunklen Pupillen. Und bei ihm sitzen die Augen an den Finnen.
    Dieses Monster muss mindestens hundert Meter lang sein, allerdings ist das schwer zu beurteilen, da es sich wie eine Feder zusammenziehen kann. Mit der Spirale sind lange, flexible Turbinenschaufeln verbunden, die wie bleiche Schwerter aus Knochen oder Zähnen das Wasser durchpflügen. Vielleicht bestehen sie aus Fischbein ? Als das Monster seine Route der unseren anpasst, ziehen die Schaufeln Blasen hinter sich her.
    Ich kann mir nur allzu gut ausmalen, wie die Augen an den messerscharfen Finnen mich beobachten und nur darauf warten, dass ich mich munter zu dem Monster in diesem unendlichen blauen Meer geselle und seinen Tranchiermessern überlasse. Dass ich im Vergleich zu ihm winzig bin, ist ihm offenbar egal. Kleinvieh macht auch Mist.
    Als das Monster unser alptraumartiges Rennen verliert und hinter uns zurückbleibt, fällt mir auf, dass am
Fischbein weiße Fleischfetzen baumeln. Also hat es bereits irgendein Lebewesen erwischt und verschlungen. Und ein Killer kommt selten allein.
    Mit der Schiffsrotation haben Jahre der Entschleunigung eingesetzt. Die geheimen Teile des Katalogs bieten den verzweifelten Passagieren eine ganze Bandbreite von Killern an; man kann sie sich von einer vorbereiteten Liste aussuchen und auf diese Weise Lösungen für jedes Problem finden.
    Eine Endlösung.
    »Wir hatten bereits einen Stern ausgesucht«, sage ich zu Tsinoy. »Hatten unseren neuen Planeten schon gefunden. Dort wimmelt es von Lebensformen, selbst von intelligenten Lebewesen. Wir können die Mission jetzt doch nicht einfach abbrechen. Wir können nicht zurück.«
    Tsinoys Schnauze senkt sich, während sich ihre Augen schließen. Von den Babys ist kein Laut zu hören. Ich hoffe, sie sind nicht erstickt. Zugleich frage ich mich, wie es unseren Freunden im Bug gehen mag. »Was zum Teufel tun jetzt die anderen?«, frage ich.
    »Nell hat die Kontrolle übernommen, jedenfalls teilweise. Sie hat mich nach achtern geschickt, um dich zu suchen und die Neuen herauszuholen.«
    »Die Neuen? Reicht unsere Mannschaft nicht

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