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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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aus?«
    »Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass Nell um Verstärkung gebeten hat.«
    »Wer hat ihr verraten, dass die Babys dort sein würden? Und warum solltest du mich und nicht etwa Kim zurückholen?«

    »Nell sagt, das Schiff sei beschädigt worden, nachdem das Sternsystem ausgewählt worden war. Und dann begann die Auseinandersetzung«, gibt Tsinoy zurück, ohne auf meine Fragen einzugehen.
    »Allerdings, verdammt nochmal. Der Arbeitsspeicher des Schiffs war nahezu zerstört, also hat das Schiff all seine schmutzigen Geheimnisse uns aufgeladen. Doch dann ist irgendetwas Unerwartetes passiert. Einigen von uns gefiel das Gesamtbild ganz und gar nicht. Wir haben uns in zwei Fraktionen gespalten, die sich daranmachten, den Kampf gewaltsam auszutragen. Hat die Reiseleitung diesen Krieg angefangen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Ich komme mir tatsächlich wie eine reifende Frucht vor: Die Punkte meiner inneren Karte kann ich inzwischen immer besser miteinander verbinden. Nell wollte, dass ich diese Schiffsbereiche mit eigenen Augen sehe. Weil ich ein Schlüsselelement des ursprünglichen Plans bin. Schon lange vor unserer Ankunft in der neuen Welt – die Reiseleitung hat ihre Wahl getroffen und sollte eigentlich längst tot und von der Bildfläche verschwunden sein – hat das Schiff die Prägungen für die Vorbereitungs- und Landeteams geschaffen, einschließlich aller nötigen Instinkte, Emotionen und eines patriotischen Überlebenswillens. Das auf dem Schiff gezeugte Leben sollte alle Denkens- und Verhaltensmuster irdischen Lebens in sich tragen.
    Sicher hat man das Schiff angewiesen, detaillierte, maßgeschneiderte Prägungen für das Landeteam vorzubereiten. Und bestimmt hat meine In-vitro-Prägung
mir auch aktuelle Informationen über die Eigenschaften des ausgewählten Sternsystems, den Stern selbst und seines oder seiner Planeten vermittelt. Ich bin dazu ausersehen, den Kindern der Erde begreiflich zu machen, warum wir einen Planeten zerstören müssen, damit wir darauf leben können. Jemand anderes soll die Monster schaffen, die Elemente, die mörderischen Organismen … Jemand, dem man die nötigen Hormonströme und die geistige Verfassung für diese Aufgabe mitgibt: eine biologische Expertin, die für katastrophale Zeiten wie geschaffen ist, weil sie in ihrem Eifer, irdisches Leben zu schützen, niemals nachlassen wird.
    Mutter wurde damit beauftragt, den widerlichsten Phasenraum des Klados zu erkunden, die nötigen Elemente auszusuchen, zu erschaffen und deren Leistungsfähigkeit zu testen.
    Und diese Elemente haben wir hier unmittelbar vor Augen. Ringsum. Als Antwort auf ein bestimmtes Problem: Planeten haben Meere, die mit dem Menschen konkurrierende Lebensformen bergen können, womöglich sogar mit Intelligenz begabte Lebensformen. Die Lösung: Verwandle die Wasservorräte an Bord in künstliche Ozeane, in denen es vor Killern wimmelt.
    Und wo komme ich ins Bild? Ich bin Lehrer, dazu da, den Einsatz dieser Killer zu rechtfertigen. Und werde bei diesen Gräueltaten rückhaltlos und ohne Schuldgefühle mitmachen …
    Aber ich habe Schuldgefühle. Manchen von uns ist das, wozu wir geschaffen sind, von Herzen zuwider: Kim, Nell, Tomchin. Und Tsinoy.

    Am stärksten tritt das bei Tsinoy zutage.
    Ich zucke zusammen und drehe den Kopf: Als ich in den Tanks nach großen Schatten Ausschau gehalten habe, sind mir die Schwärme kleinerer schwarzer Monster entgangen. Sie sind mit scharfen, rotierenden Finnen ausgestattet, die wie mit funkelnden Diamantzähnen versehene Sägeblätter aussehen. Außerdem entdecke ich fingergroße Dinger, die nur aus Augen und aufgeklappten kleinen Mäulern zu bestehen scheinen. Ich habe keine Ahnung, auf welche Weise sie töten. Vielleicht sind es nur Späher.
    Und so, als wollten sie sich nur amüsieren und spielen, tummeln sich in den Becken auch agile Torpedos, die die anderen Schwärme auseinandertreiben. Mit ihren am Kopf befestigten Reißzähnen, Sensen oder sonstigen Schneidewerkzeugen wirken sie so, als wären sie einem Alptraum entsprungen. Darüber hinaus fallen mir auch für das Leben im Wasser geeignete Abarten der Monster mit den Stachelklauen und den mahlenden Mäulern auf. In jedem ausgewogenen ökologischen System wären all diese Monster völlig fehl am Platz, denn sie sind nichts als Mordmaschinen. Lebensvernichter.
    Eigentlich sollte ich darauf mit schwarzem Humor reagieren. Schließlich soll der Lehrer eine fröhliche, kluge, charismatische Persönlichkeit

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