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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Wasser die Lufttasche irgendwann wie ein Tornado einhüllt …
    Als ich nach binnenbord, nach »oben« blicke, sehe ich erneut das seltsame Glasgebilde, nur kommt es mir jetzt größer vor und wächst immer noch. Der rote Fleck dreht sich auf der Außenseite eines Gewirrs feiner Glasfasern – einem Netzwerk aus funkelnden Stäben, die mit winzigen blauen Knoten zusammengebunden sind. Darüber flackern schmale konzentrische Streifen, die sich ausdehnen und wieder zusammenziehen, ein Wirbel aus Blau, Schwarz und Grün, der meinen Blick erst nach innen und bei der Gegenbewegung nach außen zieht. Das ist noch faszinierender als das Geschehen im Tank, wirkt geradezu hypnotisch. Dieses Gebilde ist ebenso schön wie unheimlich – und auch stark und schnell, wenn es angreift, wie ich hoffe, denn ich habe mich damit abgefunden, dass dies mein Ende sein wird. Nicht die schlimmste Art, von dieser Welt abzutreten, wenn ich meinem Notizbuch glauben darf. Offenbar habe ich einen der großen Killer vor mir. Die Kleineren sind die Schlimmeren, schrieb mein Vorgänger.
    Plötzlich schießt ein gleißender bronzefarbener Strahl durch die Kammer, fährt mitten durch das Gebilde, das mich bis jetzt hypnotisiert hat, und schneidet es in zwei Teile, die sich zu winden beginnen, während die Farbstreifen verblassen und an ihrer Stelle dunkle Flecken auftauchen. Als der Strahl erneut in das Gebilde fährt und es vierteilt, fängt es Feuer und geht in grellen
bläulichen Flammen auf. Es riecht nach Karamell und Säure. Über meinen Körper und das Gesicht ergießt sich ein Regen aus ätzenden Tröpfchen, die zischend auf die Haut treffen und Verbrennungen auslösen.
    Als mir ein heftiger Schmerz durch den rechten Arm schießt, schreie ich auf. Ein Speer, an dem eine Leine befestigt ist, hat meinen Bizeps durchbohrt. Während ich die Leine umklammere, werde ich ruckweise, im Uhrzeigersinn, aus den brennenden Überresten des Killers gezerrt, die mit schmatzenden Geräuschen gegen die Außenwand klatschen, dort haften bleiben und schließlich explodieren.
    Irgendjemand zieht mich auf eine offene Luke zu, die halbe Strecke ist bereits geschafft. Mit einer Hand versuche ich, dem quälenden Druck des Speers entgegenzuwirken, und gebe mir dabei alle Mühe, vor Schmerz nicht laut loszubrüllen. Bald darauf zeichnen sich im rötlichen Zwielicht der Luke ein Kopf und ein Oberkörper ab, schließlich kann ich auch ein Gesicht erkennen. Große, fragend blickende Augen.
    Es ist das Mädchen. Eines der Mädchen. Und es wirkt verärgert. »Komm schon!«, knurrt die Kleine und zieht mich in die Luke.

Auf dem Vormarsch zum Bug
    D ie nächste Gestalt, die ich hinter der Luke ausmachen kann, ist groß und gelblich mit einem Stich ins Grüne, wie eine unreife Zitrone. Zwei muskulöse Arme, zwei Beine so dick wie Baumstämme – doch an diesem Ort kann mich nichts mehr überraschen und dieses Wesen durchaus als Mensch durchgehen. Abgesehen von der Farbe und der Textur der Haut, die wächsern und schartig wirkt, erinnert nichts an diesem Geschöpf an eine Frucht. Der Kopf ist breit und sitzt fast ohne Halsübergang auf den mächtigen Schultern. Der Mann hat weit auseinanderstehende Augen, eine kleine Nase und schmale, fast puppenartige Lippen. Ich bezeichne das Wesen zwar als »Mann«, aber natürlich ist das nur eine Annahme.
    Er fasst mich ziemlich sanft an, bedient einen Mechanismus am Ende des Speers, damit sich die Widerhaken einziehen, löst den Schaft vorsichtig aus dem Arm, greift in einen grauen Beutel, den er sich ums Handgelenk geschlungen hat, und schmiert irgendetwas auf die blutende Wunde. Dabei fällt mir auf, dass seine Hände zwar riesig sind, aber so flink und geschickt wie die eines Juweliers arbeiten. Bald darauf
ist die Blutung gestillt, und damit ebbt auch der Schmerz ab.
    »Das ist der Lehrer«, stellt das Mädchen mich vor. »Hab ihn mir hinter der Schleuse geschnappt.«
    »Bist du auch sicher, dass es derselbe ist?«, fragt der große Gelbe.
    Das Mädchen fasst mich bei den Schultern und mustert mich eingehend. »Kennst du mich?«
    Ich verlagere meinen Arm in Schonhaltung. Meine Augen und Lippen brennen von den ätzenden Tropfen des Killers. »Ich bin dir schon begegnet«, erwidere ich. »Zwei Versionen von dir.«
    Die Kleine holt eine Wasserflasche aus ihrem Beutel und reicht sie mir. »Wasch dir das Gesicht«, sagt sie. »Wir haben da vorne ein Quartier, wo wir dich verarzten können. Die anderen müssten bald zurück sein.«
    Ich

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