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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Zerstörung, außerdem hängt der schon allzu vertraute Tröpfchennebel in der Luft. »Schon wieder so ein grässlicher Gestank«, stöhnt das Mädchen und rümpft die Nase.
    Über die ganze Länge des Raums hinweg bilden wir eine Kette, wobei der Spürhund als unser »Enterhaken« fungiert. Es dauert mehrere quälend lange Minuten, bis wir den Raum durchquert haben, vorbei an zerbrochenen Stützstreben, verkohlten Ausrüstungsgegenständen und nunmehr herzzerreißend nutzlosen Landefahrzeugen. Da jetzt erneut Schwerelosigkeit herrscht, verlagern sich die Gegenstände ringsum oder geraten ächzend ins Schwanken. Manche Teile haben sich aus ihren Verankerungen gelöst und treiben durch den Raum.
    Die hintere Wand, die näher am Bug liegt, ist knapp fünfzig Meter breit. Viel weiter nach vorn kann es nicht mehr gehen. Aber meine Erinnerungen reichen nur bis zu diesem Bereitstellungsraum. Eigentlich müsste es hier auch eine Aussichtskammer, das heißt eine transparente
Kuppel, vielleicht auch eine Schaltzentrale geben, aber wie groß ist die Chance, dass das alles noch unversehrt ist?
    Nicht zu fassen, dass eine Version von mir so weit vorgedrungen und trotzdem umgekehrt ist. Wieso? Weil diese Version allein war und nicht wusste, wohin? Teamwork. Es muss eine Gruppe da sein, die in ihrer Gesamtheit über das nötige Wissen verfügt. Jeder Einzelne muss seinen Teil dazu beitragen. Allein kann ich den Anforderungen nicht genügen. Aber wer stellt eine solche Gruppe wie uns zusammen? Wer entscheidet darüber, wer ins Leben gerufen wird und mit welchem Wissen er oder sie ausgestattet wird?
    Zwischen uns und der Luke blockiert ein Tragrahmen, der sich langsam dreht, die Sicht. Sofort schließt der große Gelbe zum Spürhund auf, während wir uns vorübergehend an einem I-Träger festhalten, der mit einem relativ stabilen Schott verbunden ist. Gemeinsam schaffen es der Gelbe und der Spürhund, den Tragrahmen anzuhalten und zur Seite zu schieben, wo er mit dem Korb einer Samenkapsel zusammenstößt, sich darin verheddert und hängen bleibt.
    »Luke vor uns«, verkündet der Spürhund. »Eine große Luke.«
    Die Öffnung liegt frei.
    Der Spürhund stemmt eine seiner selbsthaftenden Pfoten gegen eine glatte Fläche, packt ein Bein des großen Gelben, schwenkt ihn daran herum und benutzt ihn dazu, uns Übrige herüberzuziehen. Recht geschickt lösen wir uns kurz vor der breiten Luke voneinander,
lassen uns hindurchtreiben und klammern uns dabei an allem fest, das uns Halt bietet.
    Vielleicht werden in dem Raum hinter der Luke, der eine Tiefe von zehn Metern und eine Breite von fünf Metern hat, Ausrüstungsgegenstände gelagert? Es könnte aber auch eine Art Aufzug sein. Meine Erinnerungen geben dazu nichts her, da diese Schiffsregion stets außerhalb meines Arbeitsbereichs lag.
    Hier treiben sich nur Schauerleute herum.
    »Schauerleute«, murmele ich.
    »Was bedeutet das?«, fragt der Gelbe.
    »Schauerleute sind Stauer. Leute, die sich um die Fracht kümmern. Vorarbeiter, Gruppenführer. Ich weiß es auch nicht genau, kann mich nur an Bruchstücke erinnern. «
    Für den Weg hierher haben wir etwa ein Drittel einer Rotationsphase gebraucht. »Gar nicht so übel hier«, bemerkt die Spinnenfrau. »Kein Nebel, bis auf den, der durch die Luke dringt.«
    Sie tastet die Umgebung der Luke ab, versucht sie zuzuschieben oder zuzustoßen und brüllt sie schließlich an, doch die Luke reagiert nicht, macht keine Anstalten, sich zu schließen. Irgendwann gibt die Spinnenfrau auf, und der Gelbe wirft ihr einen grauen Beutel zu, damit sie sich säubern kann.
    Aber unsere Anwesenheit hat eine Reaktion anderer Art ausgelöst: Das vordere Schott beginnt zu rotieren, spaltet sich und scheint mit der äußeren Wand zu verschmelzen. Ein Ring von großen fluoreszierenden Paneelen leuchtet unvermittelt auf, und die Kammer füllt
sich mit Licht, das keine Schatten wirft. Jetzt können wir mehrere Bögen erkennen, grün wie angelaufene Kupferplatten, und dahinter ein weiteres geschwungenes, schwarz glänzendes Schott, an dem unzählige Lämpchen glimmen.
    Während wir die Bögen hinter uns lassen, spaltet sich auch dieses Schott, zerfällt in drei Teile, die zu rotieren beginnen und dann zur Seite zu verschwinden scheinen. Einen Augenblick lang sind meine Augen desorientiert. Ich habe das Gefühl, auf weitere Glühlämpchen zu blicken, aber diese hier sehen anders aus. Sie heben sich schärfer und heller von einer noch tieferen Schwärze ab –

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