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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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aus dem Inneren der Wandvertiefung. »Die müssen schon ziemlich lange tot sein.« Er schleudert drei Körper heraus, die so ausgetrocknet sind, dass sie an Mumien erinnern. Ich verzichte darauf nachzusehen, ob einer dieser Körper meinem ähnelt. Stattdessen hangele ich mich bis zur Luke vor und vollführe mehrere langsame Saltos, bis ich im Inneren angelangt bin und meine Hand auf ein Sicherheitsnetz stößt.
    Wir befinden uns in einem Fahrzeug, das unmittelbar hinter der Kontrollzentrale liegt. Die kleine Kabine hat die Form eines Hühnereis – wobei der obere Teil des Ovals direkt an die Luke grenzt – und ist mit einem feinmaschigen Netz ausgestattet, das auf unsere Anwesenheit sofort reagiert. Im hinteren Teil befinden sich zwei weitere Mumien, die einander fest umschlungen halten. Ohne sich die Mühe zu machen, das Paar voneinander
zu trennen, schiebt der Gelbe die beiden Toten an mir und der Spinnenfrau vorbei auf die Luke zu und danach nach draußen. Aus den Augen – aus dem Sinn …
    Die Luft ist trocken und riecht kaum merklich nach Tod und Verwesung, was allemal besser auszuhalten ist als der ätzende Nebel da draußen. Der Gelbe meint, wir sollten die Luke so bald wie möglich schließen.
    Das feinmaschige Netz ist offensichtlich dazu da, uns zu dienen, zu beschützen und Orientierung zu geben. Als es sich von einer blassblauen Halbkugel löst, gibt es den Blick auf ein etwa hundert Zentimeter breites Bullauge frei. Von hier aus können wir wieder die Sterne sehen – und den Bug eines anderen Schiffskörpers, der fünfzig oder mehr Kilometer von uns entfernt sein mag.
    »Das hier ist eine Transferkapsel«, erklärt die Spinnenfrau begeistert. »Tsinoy, du bist wirklich ein wahres Wunderding. Ich hab diese Luke völlig übersehen.«
    »Beeilung!«, mahnt der Spürhund. »Es kommt was auf uns zu!«
    »Aber ich muss mich doch erst daran erinnern , wie man diese Kapsel bedient«, entgegnet die Spinnenfrau.
    Das kleine Mädchen blickt sich um. »Ich höre da hinten irgendwas. Einen Kampf. Mindestens drei Leute müssen daran beteiligt sein. Die werden alle sterben.«
    Sofort schiebt sich der Gelbe aus dem Netz, während ihm das Mädchen mit geschürzten Lippen Platz macht und zusieht, wie er durch die Luke nach draußen schwebt. Der Spürhund will ihm nach, hängt jedoch
fest: Offenbar weiß das Netz nicht, wie es sich von Tsinoys Wirbeln lösen soll. Nach heftigem Drehen und Winden kann Tsinoy sich schließlich befreien und eilt dem Gelben hinterher, während die Kleine auf Abstand zu ihm geht.
    »Wir könnten den Schiffskörper vom Kontrollraum aus lenken«, erklärt die Spinnenfrau und sieht mich dabei trotzig an, denn offenbar ist ihr bewusst, dass sie noch vor wenigen Stunden das Gegenteil behauptet hat.
    Als ich den Weg durch die Luke antrete, sieht die Kleine mir besorgt hinterher. Sie möchte, dass ich bei ihr bleibe und kein Risiko eingehe, das ist ihr deutlich anzumerken. Während ich dem Gelben folge und mich dabei an seiner hellen Farbe orientiere, schlägt mir der Giftnebel voll ins Gesicht. Derweil schwebt der Gelbe schon ziemlich schnell durch den Bereitstellungsraum mit all seinen Trümmern, all den zerstörten Landefahrzeugen. Offensichtlich hält er auf unser früheres Domizil zu, denn er deutet nach achtern.
    Und als wäre unsere Lage nicht schon beschissen genug, muss jetzt auch noch die Schiffsrotation einsetzen.

Ein Kampf
    E s überrascht mich selbst, wie gut ich mich mittlerweile den Bedingungen geringer Schwerkraft anpassen kann. Soweit ich zwischen den Sprüngen und dem Abtauchen überhaupt zum Nachdenken komme, beschränken sich meine Überlegungen darauf, wie hart ich irgendwo aufprallen werde, falls ich mich nicht rechtzeitig an diesem oder jenem Balken oder Bruchstück festhalten und dadurch abbremsen kann. Oder ich berechne, wie schnell ich mich um ein Seil oder ein Geländer winden und meine Flugbahn dabei korrigieren kann. Mit zunehmender Schiffsrotation werden die Kurven, die ich beschreibe, immer weiter und verlangen mir immer mehr ab, da sich mein Flug zugleich beschleunigt.
    Selbstverständlich habe ich nicht das Glück, ohne Schrammen und blaue Flecken davonzukommen. Besonders schlecht habe ich den Weg zur Luke berechnet, die zu dem größeren Domizil führt. Ich knalle gegen die Wand, pralle davon ab und falle benommen nach außenbord, bis die Spinnenfrau mich am Ärmel packt und mit verblüffender Kraft zur Luke schleppt – eine Strecke von mindestens vier

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