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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Myriaden winziger Lichter oder leuchtender Staubkörner.
    Wir befinden uns in der vorderen Aussichtskuppel des Schiffskörpers. Und was vor uns liegt, ist ein von Sternen übersätes Himmelszelt . Und obwohl dieser Anblick mir nicht neu ist, macht er mir Angst und löst zugleich ein ehrfürchtiges Staunen bei mir aus.
    Wie verloren diese Sterne wirken.
    Die Spinnenfrau streckt die langen Finger aus und stößt sich so ab, als wollte sie mitten durch das Sternenzelt fliegen. Der Gelbe versucht sie festzuhalten, aber sie zieht Arme und Beine so geschickt ein, dass er ins Leere greift. Sie schwebt einfach an uns vorbei und schafft es als Erste in die Kammer des Bugs. »Das hier ist die Schiffskontrolle, die Leitstelle«, erklärt sie. »Kommt mir so vor, als wäre ich schon mal hier gewesen.«
    »Was ist das?«, fragt das Mädchen und deutet auf die leuchtenden Staubkörner.

    »Das ist der Grund, warum wir hier sind«, erwidere ich. Mehr bringe ich nicht heraus, denn der Anblick verschlägt mir die Sprache: Von hier aus haben wir Aussicht auf das Ziel unserer Reise.
    Vielleicht wartet irgendwo da draußen die neue Heimat auf uns.
    Zu unserer Linken sind lange Streifen ionisierender Strahlung auszumachen, die schwach in Blau- und Rottönen leuchten. Und unmittelbar vor uns reflektiert ein graues Bullauge auf gespenstische Weise einen kaum sichtbaren Förderkorb, der an Bändern entlanggleitet. Eindeutig gehört er zum Schiff. Nur habe ich die dünnen Bänder anfangs gar nicht bemerkt, weil die Sterne durch sie hindurchschimmern.
    In dem Tempo, in dem sich das jeweilige Maß an Vorsicht ausdrückt, folgen wir alle der Spinnenfrau. Das heißt die Kleine beeilt sich, ohne nach rechts und links zu blicken, während der Gelbe und ich hinter ihr zurückbleiben und die Übersicht zu bewahren versuchen. Der Spürhund bildet das Schlusslicht, um uns, falls nötig, den Rücken freizuhalten.
    Der Bug hat die Form eines stumpfen Kegels. Das äußerste Ende nimmt eine transparente Kuppel ein, die ungefähr zehn Meter breit und vier Meter tief ist. Ein hexagonales Netz aus Kabeln und Riemen sorgt für Halt bei Schwere und Schwerelosigkeit.
    Lange Zeit – allzu lange, wie mein Warninstinkt mir sagt – starren wir durch die Kuppel nach draußen. Irgendwann deutet unser Spürhund Tsinoy, dessen Augen in der Dunkelheit violett leuchten, auf die farbigen Bänder
und Streifen. Doch das Schauspiel da draußen fasziniert mich so, dass ich zunächst gar nicht erfasse, was er da gesagt hat. »Die Nebelflecken sind nur dann so hell, wenn man sich in der Nähe einer noch nicht lange zurückliegenden Nova befindet. Oder, was noch schlimmer ist, in der Nähe einer Supernova.«
    Widerstrebend löse ich mich von dem Anblick. Manche Kontrollstationen sind bereits eingerichtet und auf schmalen Konsolen im Umkreis der Aussichtskuppel montiert. Die Spinnenfrau gleitet von einem Terminal zum nächsten und schaltet jedes mit leichter Hand ein, so dass gleich darauf überall Displays und Bedienungsfelder aufleuchten.
    Obwohl ich diesen Ort vermutlich schon einmal gesehen habe, taucht keine Erinnerung daran auf. Wahrscheinlich wird man ihn vor dem Ende unserer Reise, wenn sich die drei Schiffskörper miteinander zu einer Triade verbinden, nicht mehr benötigen und aufgeben. Allerdings ist der Zeitplan des Schiffs offensichtlich völlig durcheinandergeraten und stimmt hinten und vorne nicht. Wieso ist der Bereitstellungsraum schon funktionstüchtig? Und warum wurden einige Landefahrzeuge bereits produziert und hinterher zertrümmert? Alle Arbeit umsonst, reine Verschwendung. Genau wie all diese Leichen in den Tiefkühlschränken.
    Die Spinnenfrau scheint sich hier wie zu Hause zu fühlen, ist sich in Windeseile ihrer Funktion bewusst geworden und lernt ständig dazu. Dieser Raum passt zu ihr, und sie zu diesem Raum. Schließlich ist sie für geringe Schwere oder Schwerelosigkeit wie geschaffen.
Wahrscheinlich gehört sie zu einer Gruppe, die dazu da ist, während der letzten Jahrzehnte der Reise die Schiffsbesatzung zu stellen, das Schiff sicher in die Umlaufbahn zu bringen und den Siedlern den Weg zu bereiten. Bedeutet das, dass der übergreifende Plan ihr Ende vorsieht, sobald man Leute wie mich zum Leben erweckt?
    Die Montagemannschaft ist nicht identisch mit der Landegruppe. Dass wir alle eine einzige große glückliche Familie bilden, war niemals vorgesehen! Mittlerweile bin ich an solche sporadisch auftauchenden Erinnerungen schon gewöhnt. Ich frage

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