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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Wegen des sanften Sogs der Rotation fällt das verspritzte Waschwasser langsam zu Boden und bildet dort zähflüssige Pfützen. Wir wischen es auf und wringen das Tuch über einer leeren Flasche aus, was ein Weilchen dauert, da sich das Wasser wie Sirup verhält. Aber wir können es uns nicht leisten, auch nur einen Tropfen Flüssigkeit zu vergeuden.
    Natürlich macht der Spürhund bei der Säuberungsaktion nicht mit, aber er sieht dabei zu. In den von schweren gepanzerten Lidern überschatteten rötlichen Augen glaube ich einen Anflug von Traurigkeit zu entdecken.

    Nach einem kleinen Imbiss – wir teilen zwei Nährriegel zwischen uns auf – verziehen wir uns an unterschiedliche Schlafstellen. Ich lasse mich wieder in den bequemen braunen Liegesessel sinken, während der Spürhund sich ein Eckchen sucht, in dem er sich verkeilen kann. Es ist seltsam, mit anzusehen, wie er sich mit drei Gliedern gegen die Wände und die Decke stemmt und sich so lange hin und her windet und zusammenpresst, bis sein Körperumfang fast auf die Hälfte geschrumpft ist.
    Die Spinnenfrau entscheidet sich dafür, sich einfach auf dem Fußboden auszustrecken, bleibt dort im Gewirr ihrer langen Glieder liegen, schließt die Augen und entspannt sich. Die Kleine, die sich über jeden Mutterersatz freut, bleibt nahe bei ihr in der Lotus-Position sitzen, streckt die Ellbogen aus und legt die Hände so aneinander, als wollte sie beten. Vielleicht betet sie zum Schiff oder zur Schiffsleitung? Nachdem sie mich noch einmal angesehen hat, werden ihre Lider schwer, und sie rollt sich zusammen.
    Ich hole den Bleistift heraus und verbringe einige Minuten damit, die Aufzeichnungen im Notizbuch auf den neuesten Stand zu bringen. Die Handschrift – genauer gesagt: die Druckschrift – ist im ganzen Notizbuch die gleiche, wenn es aufgrund äußeren Drucks auch kleinere Abweichungen gibt. Es ist eindeutig meine. Ich schreibe nicht jede Einzelheit auf, sondern konzentriere mich auf wenige einprägsame Szenen. Irgendwann werde ich so viele Papierblätter sammeln, dass ich mehrere Notizbücher anfertigen und darin
die ganze Geschichte erzählen kann. Und dann werde ich …
    Ich weiß nicht, was ich dann tun werde.
    Ich schreibe und schreibe. Als ich zu einem bestimmtem Punkt komme – meiner Errettung vor dem Monster mit dem roten Fleck –, blicke ich auf. »Wer von euch hat ein Strahlengewehr?«
    »Niemand«, erwidert der Gelbe, der nahe an der Luke Wache hält. In seiner Miene meine ich Verblüffung auszumachen. Auch er verfügt über eine gewisse Mimik, wie man merkt, wenn man sein Gesicht eingehend studiert. »Wir dachten, du hättest ein Strahlengewehr, aber das stimmt gar nicht, wie?«
    »Nein.«
    Die Spinnenfrau ist plötzlich hellwach. »Na toll! Also haben wir einen unbekannten Beschützer.«
    »Oder irgendjemand wollte dich töten und hat’s verpatzt«, wirft der Spürhund ein und hebt den Kopf.

Das Sternenschiff
    A llzu früh setzt die Schwerelosigkeit ein und weckt uns auf, obwohl wir bis auf einen kleinen Ruck kaum einen Unterschied spüren.
    »Ich glaube, ich kann mich jetzt an mehr als vorhin erinnern«, bemerkt die Spinnenfrau mit einem Gähnen.
    »Tja, der Schlaf bewirkt das manchmal«, erwidert der Gelbe. »Deshalb schlafe ich nicht viel.«
    Sie blickt ihn finster an. »Alle Schiffskörper sind am Anfang identisch aufgebaut. Wenn meine Erinnerungen stimmen – und das ist ein großes Wenn –, gibt es vom Bereitstellungsraum her einen Zugang zur Schaltzentrale im Bug. Durch die Seitenluke müssten wir dort hinkommen.« Sie deutet auf eine unauffällige, von der Decke fast verborgene Vertiefung in der hinteren Wand.
    »Damit werden wir’s wohl probieren müssen«, seufzt der Gelbe.
    Jetzt rührt sich auch der Spürhund, verlässt seine Ecke und streckt die Respekt einflößende Pfote mit den Klauen aus, die das kleine Mädchen ergreift. Die zierliche Hand verliert sich fast in dem Mehrzweckinstrument des Spürhundes mit seinen Wulsten und
verhornten Ausbuchtungen, aber sie scheint ihm bedingungslos zu vertrauen.
    Bis jetzt sind die Erinnerungen der Spinnenfrau korrekt: Es gibt tatsächlich einen Zugang zum Bug. Wir gelangen in einen mit Geländern und Halteseilen ausgestatteten Gang, der offensichtlich für Menschen gemacht ist. Auf die Berührung unserer Anführerin hin öffnet sich vorne eine weitere Luke; wir steigen hindurch und treiben in die beißende Luft des Bereitstellungsraums. Hier riecht es penetrant nach Brand und

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