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Das Schlangenmaul

Titel: Das Schlangenmaul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Fauser
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Job, Harder, das sagten sie alle. Fragt sich bloß, was ist mein Job? Ich muß das Mädchen suchen. Malzan. Wer ist dieser Malzan?
    Ich beschrieb ihn Nuchali, und obwohl sie den Kopf schüttelte, merkte ich, daß sie ihn kannte.
    »Ist das der Big Boss?«
    Kopfschütteln. Blick zur Lautsprecherbox.
    »Zieh dich an, Nuchali. Wir gehen zu mir.«
    Kopfschütteln. »Ich kann nicht, Joe. Später kommen viele Leute, viel Arbeit.«
    »Verdammt, ich bezahl das schließlich.«
    »Morgen, Joe.«
    »Gut, dann morgen. Ich ruf dich an, und dann kommst du. Hier ist es auch viel zu ungemütlich. Aber nimm dir morgen auch Zeit, verstehst du?«
    »Ich bleib die ganze Nacht, wenn du willst.«
    Plötzlich fiel mir ein, was Betsy Glück ihr aufgetragen hatte – warum sollte ich länger bleiben, wenn sie nachher doch volles Haus hatte?
    »Massier mich noch weiter«, sagte ich laut, legte einen Finger auf die Lippen und stieg schnell in die Klamotten. Nuchali sah mir mit einem Stirnrunzeln zu, das viel bedeuten konnte – aber auch gar nichts. Und so saß sie noch da in ihrem roten Bodysuit, mit den langen schwarzen Locken um ihr Gesicht, eine Frage auf der Stirn und eine Antwort auf den Lippen, als ich leise die Tür aufmachte und mich verzog.
    Bis morgen, Kleines.
    Als ich an der Ecke stand, fuhr ein Mercedes vor dem Haus vor, und drei Männer stiegen aus und betraten es. Noch eine Innung, sicher. Aber vielleicht auch ein Rollkommando.

13
    Es war elf Uhr abends, und ich stand in meinem Apartment im 13. Stock und starrte auf die Leuchtreklame in der Bismarckstraße, die an- und ausging: WÄSCHE … KLEBBA … WÄSCHE … KLEBBA. Vor der hell erleuchteten Oper warteten die Taxis. Dunkler, niedriger Himmel, die Lichter am Funkturm, der SFB, die roten Warnlichter der Kirchtürme, die Lichtkette der Stadtautobahn, Tegel und Reinickendorf sendeten: Berlin auf Posten.
    Das Abbruchhaus lag verlassen da, nur in zwei Zimmern noch ein heller Schein. Vor der Diskothek gegenüber der Oper ein Pulk von Jugendlichen, knatternde Mopeds, kreischende Mädchen. Einer warf eine Bierflasche, verfehlte knapp die Bogenlampe an der Ecke. Die Flasche krachte vor einem Auto auf die Kreuzung, zersplitterte. Der Wagen stoppte kurz, die Jugendlichen setzten sich schon in Gang, Action, tierisch. Der Wagen fuhr weiter. WÄSCHE … KLEBBA. Ich nahm einen Schluck Wodka und füllte in der Küche das Glas auf. Auf dem Küchentisch meine Notizen. Harder, Heinz, Beruf: Zeilenschinder. Der Wind fauchte um den Beton.
    Das ist also dein Zuhause, dachte ich. Jedenfalls, wenn du mal sauber machen und die Flaschen wegwerfen und den Müll vom Balkon räumen und die Bücher aufstellen und einen Schrank kaufen und deine Klamotten reintun und deinen Spion blank putzen und dein Bett beziehen und dein Bad schrubben und den Fußboden scheuern würdest, hättest du den Anfang für ein Zuhause. Der Trouble mit dir ist, Harder, daß du lieber den Anfang für eine Story hättest als den Anfang für ein Zuhause.
    Immerhin hatte ich eine Zimmerpalme. Ich hatte sie von einem Bekannten übernommen, der nach London gegangen war, um ins Videogeschäft einzusteigen, jetzt verkaufte er in Lesotho Antibabypillen, und die Zimmerpalme gedieh. Mich beunruhigten nur ein paar gelbe, fasrige Blätter, ich rieb sie einmal in der Woche mit Bier ab, aber jede Woche kam eins dazu. Ich gab ihnen Wasser. Vielleicht durfte man nur noch abgekochtes Wasser nehmen. Die meisten Leute tranken angeblich nur noch abgekochtes Wasser und kochten ihren Kaffee nur noch mit abgefülltem Tafelwasser, das Leitungswasser in Berlin ist völlig vergiftet, hieß es. Ich gab es trotzdem der Palme. Dafür bekam sie ja auch Bier. Zu einer Zimmerpalme gehört auch eine Zimmerschlange, dachte ich, etwas, das den Steuerfahndern einen Schreck einjagt, sie muß ja nicht giftig sein, nur so aussehen, und dann kriecht sie aus deinem Hemdsärmel, wenn der Mann dir gerade das Formular hinhält, auf dem du dein Urteil gegenzeichnen sollst. Im Namen des Fiskus.
    Das Telefon klingelte. Es war meine Exfrau.
    »Ich komme am Donnerstag nach Berlin«, verkündete Evelyn. Sie wohnte nur in Hamburg, aber wenn sie Berlin sagte, klang es wie die Hauptstadt der mandschurischen Volksrepublik. »Ich kann nur bis Freitag bleiben, aber ich hoffe doch sehr, daß wir uns sehen können. Ausführlich.«
    »Ich werde es einrichten, Pussycat.«
    »Nenn mich nicht Pussycat. Du hörst dich an, als ob du beschäftigt bist. Arbeitest du endlich wieder?«
    »Kann

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