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Das Schlangenmaul

Titel: Das Schlangenmaul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Fauser
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etwas. Deine Freundin Tex Netzle hält mich auch schon für kriminell – nur weil ich im kriminellen Milieu recherchiere. Kein Wunder, daß Leute wie ihr panische Angst vor Polizisten habt.«
    Evelyn nahm einen Schluck Perrier, betrachtete nachdenklich den zartrosa Lippenstiftabdruck auf dem Glas und stellte es dann auf den Tisch. Ich hatte meine liebe Mühe, den Blick von ihren Beinen wegzubekommen.
    »Starr nicht so auf meine Beine, Harder.«
    »Immerhin ein Kompliment.«
    »Aber nicht, während du solchen Unfug erzählst.«
    »Daß ich mit einem Bein im Knast stehe? Ich finde, das gibt mir die innere Berechtigung, deine Beine anzustarren.«
    »Du bist ein hoffnungsloser Fall.«
    »Endlich siehst du es ein.«
    »Endlich? Wir sind schon seit fünf Jahren geschieden.«
    »Kommt mir vor wie gestern.«
    »Unsere Scheidung?«
    »Unser erster Kuß.«
    »Das war ja wohl mehr als nur ein Kuß.«
    »Es war eine Explosion.«
    »Aber das Schicksal von Explosionen ist nun mal, daß sie schnell vorbeigehen.«
    »Und viele Trümmer hinterlassen.«
    »Manchmal auch Tote.«
    »Ja, manchmal auch Tote.«
    »Warum starrst du mich denn jetzt an?«
    »Ich mußte gerade an die Sache denken, an der ich arbeite.«
    »Nun komm, erzähl schon. Wenn jemand ein Recht hat, als erste von deinem Comeback zu erfahren, dann doch ich.«
    »Dräng nicht so, Evelyn. Erzähl mir lieber, wie es Anna geht. Aus ihren Briefen werde ich nicht recht schlau.«
    »Tony hat sich bei mir über dich beschwert.«
    »Wer ist Tony?«
    »Das solltest du aber wissen, Harder. Du hast neulich erst wieder nachts um zwei dort angerufen.«
    »Nachts ist die Zeit, wenn man sich Sorgen macht, Evelyn.«
    »Aber eine unmögliche Zeit, um in der Schule anzurufen.«
    »Ich denke, es ist eine Freie Schule.«
    »Du machst Anna damit unmöglich. Nachts, wenn du betrunken bist, dort anzurufen.«
    »Warum kann unsere Tochter nicht auf eine normale Schule gehen?«
    »Diese Freie Schule ist das beste, was wir Anna bieten können.«
    »Eine Freie Schule, die sechstausend Mark im Jahr kostet.«
    »Wovon du in diesem Jahr noch keine müde Mark bezahlt hast.«
    »Evelyn, in diesem Jahr war ich verdammt knapp dran. Und jetzt habe ich auch noch die Steuerfahndung auf dem Hals.«
    »Warum das denn?«
    »Das weißt du doch ganz genau. Sie haben sich schließlich bei dir sachkundig gemacht, bevor sie morgens um sechs meine Wohnung auf den Kopf gestellt haben.«
    »Ich habe für so etwas einen Steuerberater, Harder. Du etwa nicht?«
    »Richtig. Für so etwas habt ihr immer eure Leute – Steuerberater, Bullen, Politiker, Putzfrauen, Klempner, und all das Kanonenfutter, das ihr im Krieg verbraucht. Oder im Bett.«
    »Armer Harder. Kannst du mir nicht genau sagen, worum es geht?«
    »Das wäre völlig sinnlos, Liebling. Probier doch mal dein bezauberndes Lächeln beim Barkeeper, und wenn wir noch etwas zu trinken haben, erzähle ich dir, was für heute Abend auf dem Programm steht.«
    Sie brauchte nur den Kopf zu heben, und schon hatten wir unsere Drinks. Selbst die Verkaufskanonen waren verblüfft. Was konnte diese Traumfrau nur an dem Kerl mit der dunklen Brille und dem Lederschlips finden? War das Showbusineß?
    »Grins nicht so überlegen, Heinz. Ich weiß genau, was dir durch den Kopf geht, und es ist eine Todsünde.«
    »Ich wußte gar nicht, daß Mitleid eine Todsünde ist.«
    »Erzähl mir lieber, was auf deinem Programm steht.«
    »Wollten wir nicht essen gehen?«
    »Ja, und damit hat sich der Abend auch für mich. Ich habe morgen Vormittag noch zwei wichtige Termine und muß die Mittagsmaschine nehmen.«
    »Ich hatte noch den Besuch einer Soiree eingeplant.«
    »Was machst du denn auf einer Soiree?«
    »Ich suche ein verschwundenes Mädchen.«
    »Und ich dachte, du arbeitest an einer Reportage.«
    »Das schließt sich ja nicht aus.«
    »Kommt mir nicht ganz koscher vor, Heinz.«
    »Wenn du noch einmal Heinz zu mir sagst, laufe ich laut schreiend aus der Hotelhalle, Pussycat.«
    Sie machte den Mund auf, um zu schreien, aber dann tat sie lieber etwas, wofür ich sie mal geheiratet hatte – sie sank in meinen Sessel, schlang die Arme um mich und drückte ihren geöffneten Mund auf meinen. Früher hätte sie dabei allerdings auch mein Glas umgeworfen. Manches ändert sich eben doch.

19
    »Das Essen schmeckt wunderbar, Harder.«
    »Ich weiß nur nicht, ob ich davon satt werde.«
    »Du solltest langsam auf deine Figur achtgeben.«
    »Das passiert Boxern immer, wenn sie mit dem Sport

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