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Das Schlangenmaul

Titel: Das Schlangenmaul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Fauser
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geschrieben.«
    »Irgend etwas an dem Laden hat mir so gestunken, Harder, daß es mir unheimlich war. Solche Institute, in denen sie mit einer Masche ein paar betuchte Leute ausnehmen, die gibt es ja wie Sand am Meer, jedenfalls in Berlin. Und daß das über Indien läuft, über Sex, über Kunst, über Therapie – alles klar. Ich meine, sie hocken da bei Kerzenschein und Sitarmusik auf dem Boden und halten Händchen oder vögeln gemeinsam oder machen Pantomime und warten auf den Urknall – Schnee von gestern. Bei denen geht es mit Schlangen ab, angeblich – warum nicht?«
    »Was machen sie denn mit Schlangen?«
    »Um das herauszufinden, mußt du zum inneren Kreis gehören, Harder.« Sie blätterte in einem Notizblock. »Im September gab es eine Ausstellung indischer Künstler – ziemlich schwaches Zeug –, und dazu einen Vortrag von dieser Tante. ›Die Schlange führt uns zurück in den Mittelpunkt des Seins‹, ›Die Schlange ist die Nabelschnur zur Urmutter‹, also weißt du. Für mich sind Schlangen einfach eklig. Aber es waren nicht die Schlangen, die mir gestunken haben.«
    »Was hat dir denn gestunken?«
    »Ich wollte dann wieder dreißig Zeilen für meine Rubrik ›Wir laden ein‹ machen, weißt du, Neues von Vernissagen, der Tratsch, Insidergeklatsche, und bringe es absolut nicht fertig, auch nur einen Anfang zu finden.«
    »Wenn du wüßtest, wie oft mir das passiert.«
    »Ich hab aber schließlich herausgefunden, woran es lag. Das sind keine Leute, die in Kunst machen, Harder, um ein bißchen abzusahnen. Bei der Kunst-Szene gibt es eine Menge Möglichkeiten, die Leute zu verscheißern und damit abzusahnen, und ich kenne sie fast alle und kann damit umgehen, das gehört dazu. Aber dieses Institut, Harder, das gehört nicht dazu. Ich weiß nicht, was die da wirklich machen, aber mit Kunst hat es nichts zu tun.«
    »Aber vielleicht mit physio-sozialer Therapie?«
    »Was soll das denn sein, Harder? Ich habe gefragt und nur Blabla gehört. Nein, was mich bei denen angeweht hat, das war beinharte Kriminalität.«
    »Aber recherchiert hast du nicht mehr.«
    »Harder, ich bin Kunstkritikerin.«
    »Ihr hättet ja einen Lokalreporter hinschicken können.«
    Sie zuckte zusammen, als ob ein kalter Windhauch sie gestreift hätte. »Augen sind der Spiegel der Seele, sagt man.«
    »Sagt man.«
    »Damals im September habe ich diesen Manager kennengelernt, Harder.«
    »Michael Malzan.«
    »Heißt er so? Den Namen hab ich nicht behalten. Ich hab nur behalten, wie seine Augen aussehen. Sind die dir nicht auch aufgefallen?«
    »Aus der Nähe hab ich sie noch nicht gesehen, Tex.«
    »Dann mach das mal. Geh mal hin und schau sie dir an. Dann weißt du, warum ich nichts geschrieben habe. Und niemand hingeschickt habe.«
    »Aber Tex, du als Journalistin …«
    Der Bärtige an der Schreibmaschine sah von seinem Artikel hoch. »Mach du doch was darüber«, schlug er vor.
    »Harder arbeitet für den Playboy «, erklärte Tex.
    »Na und? Deswegen kann er ja trotzdem auch etwas für uns darüber machen – falls das wirklich eine kriminelle Sache ist. Kriminalität fehlt dem Blatt, Tex, vergiß das nicht. Organisiertes Verbrechen.«
    »Ich werde mal drüber nachdenken«, sagte ich und ließ mich von Tex zum Ausgang begleiten.
    »Was macht Evelyn, Harder?«
    »Sie ist morgen hier. Sicher kommt sie mal vorbei.«
    »Fein. Das mit dem Playboy stimmt doch nicht, oder? Du schreibst doch schon lange nichts mehr. Hängst du da etwa mit drin?«
    »Wo?«
    »Es muß schlimm sein, wenn man nicht mehr schreibt. Paß auf dich auf, Harder.«
    Verrücktes Huhn. Tex Netzle hielt mich für kriminell. Das kam davon, wenn man sich zulange mit Künstlern abgab.

17
    »Institut für physio-soziale Therapie, guten Abend.«
    »Guten Abend. Ich habe von Ihrem Institut gehört und hätte mich gerne mal genauer informiert.«
    »Wenn Sie mir Ihre Adresse geben, Herr …«
    »Harder.«
    »… schicken wir Ihnen unser Informationsmaterial zu.«
    »Ach, wissen Sie, mit Broschüren kann ich nicht soviel anfangen. Ich suche lieber den direkten menschlichen Kontakt, da spürt man doch gleich, ob es das ist, wonach man sucht.«
    »Ich verstehe, Herr Harder. Sie sind ein Suchender.«
    »Ein Suchender und ein Hoffender, gnädige Frau.«
    »Das gehört ja meistens zusammen.«
    »Richtig.«
    »Und wonach suchen Sie?«
    »Ja, mit Worten kann ich das schlecht ausdrücken. Deswegen dachte ich ja, wenn ich sehe …«
    »Darf ich fragen, welchen Beruf Sie ausüben, Herr

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