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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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begeisterte sich Lion und Natascha fühlte sich ein wenig geschmeichelt. »Und wie hast du uns gefunden? Und wie überhaupt... Was ist passiert?«
    »Leute, habt ihr irgendetwas zu essen?«, antwortete Natascha mit einer Gegenfrage. »Ich habe seit dem Morgen kein bisschen gegessen.«
    »Ich habe was«, gab ich zu.
    Es ist natürlich nicht sehr kultiviert, vom Abendessen etwas mitzubringen. Ich hatte mir aber ein Sandwich mit Schinken und eine Teigtasche mit Kohl mitgenommen, einfach so, sicherheitshalber, für den Fall, dass Lion und ich vielleicht länger aufbleiben und Hunger bekommen würden.
    Während ich das Essen holte, gab Natascha Lion eine sehr dünne Schnur, die aus dem Fenster hing. An deren Ende war ein Beutel mit Kleidung angebunden.
    »Zieh das hoch!«, befahl sie. »Ich werde mir die Hände mit Seife waschen, Schweiß zersetzt den Kleber... Wo ist das Bad?«
    »Einen Moment, ich mache das Licht an«, sagte ich und reckte mich zum Lichtschalter über dem Bett.
    »Lieber nicht!«, bat Natascha. Es war jedoch schon zu spät, ich hatte die Lampe bereits angeschaltet.
    Aha, das also war es! Natascha trug wirklich ein eng anliegendes Trikot, mit einer über den Kopf gezogenen Kapuze, aber das Trikot war durchaus nicht aus normalem schwarzem Stoff, wie ich anfangs dachte. Den Bruchteil einer Sekunde schien es, als ob das Licht verschwinden, nicht zu ihr herankommen würde. Nataschas Silhouette schien zu erzittern und sich in Luft aufzulösen. Danach wurde sie durchsichtig, man konnte die Wand hinter ihr sehen, lediglich das Gesicht schwamm in der Luft.
    Ich streckte die Hand aus und traf sie in den unsichtbaren Bauch.
    »Idiot!«, regte sich Natascha auf.
    »Wie machst du das?«, wollte Lion wissen.
    »Das ist Chamäleonhaut. Ein uralter Scherzartikel, kein Sicherheitsdienst benutzt sie heute noch. Sie reflektiert aber nicht und ist sehr leicht.«
    »Woher hast du so eine Ausrüstung?«, fragte ich erstaunt. »Hast du das alles mitgehabt?«
    »Jungs, ich möchte mich waschen«, bat Natascha. »Ich habe Angst, das Sandwich anzufassen, es klebt fest.«
    »Stimmt, und dann verklebt es den Magen«, stichelte Lion. »Geh dich waschen.«
    Er fing an die Schnur hochzuziehen, wickelte sie dabei über den Ellenbogen auf und Natascha verschwand im Bad.
    »Das gefällt mir gar nicht«, sagte ich, als das Wasser im Bad rauschte.
    »Natascha gefällt dir nicht?« Lion schaute mich unschuldig an.
    »Mir gefällt nicht, dass sie hergekommen ist. Wir hatten uns nicht verabredet, also bedeutet es, dass irgendetwas passiert ist.«
    Lion nickte. Er wickelte die Schnur zu Ende auf, holte das Päckchen und brachte es zum Bad. Er klopfte, und als Natascha die Tür öffnete, reichte er es ihr durch den Türspalt.
    »Vielleicht hat der alte Semetzki eine Verbindung zum Avalon?«, überlegte ich. »Dann könnten wir alles berichten, was wir bisher herausgefunden haben.«
    Natascha war schnell mit dem Waschen fertig. Sie erschien normal gekleidet in einem knielangen Rock und einer Bluse.
    Im Beutel war sicherlich das Chamäleonkostüm versteckt.
    »Iss erst einmal«, sagte ich. Solange sie aß, stellten Lion und ich keine Fragen, obwohl wir sehr gespannt waren. Es war schon zwei Uhr nachts, morgen würden wir unausgeschlafen aufstehen...
    Plötzlich wurde mir klar, dass wir hier nicht aufstehen würden. Es war wirklich etwas passiert. Etwas, das unseren gesamten Plan, ruhig auf Neu-Kuweit zu leben und Informationen für die Phagen zu beschaffen, hinfällig machen würde.
    »Natascha, wir sind nicht zufällig in dieses College geschickt worden, stimmt’s?«, fragte ich.
    Natascha nickte und kaute den Rest des Sandwichs zu Ende. Ungeniert leckte sie sich die Finger ab. Sie hätte sich das sicherlich nicht erlaubt, bevor sie zum Partisanentrupp gekommen war. Wo ihr Großvater ein Millionär vom Avalon war... mit allen Schikanen des guten Tons, Etikette, zehn Gabeln auf dem Tisch...
    »Sind wir aufgeflogen?«, fuhr ich fort, sie auszufragen.
    »Nicht ganz.« Natascha schüttelte den Kopf. »Bislang nicht ganz... Habt ihr nichts anderes mehr? Jungs, es sieht folgendermaßen aus: Als ich euch am Ufer abgesetzt hatte, bin ich noch etwas weiter gefahren, dort gibt es eine Stelle...«
    Sie winkte ab und entschloss sich die ganze Wahrheit zu sagen.
    »Dort am Fluss ist eine alte Anlegestelle. Sie wird von fast niemandem benutzt. Der Wächter der Anlegestelle ist einer unserer Freunde, ein Mitglied des Widerstandes. Anfangs wollte ich mich bei

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