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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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ausgeschöpft sind« – war besonders hervorgehoben. Als ob man diese Zeile kräftig mit einem Fingernagel unterstrichen hätte.
    Bei Lion fand sich dasselbe.
    »Was es nicht alles gibt«, murmelte er. Er wirkte verlegen.
    Im Schrank war Kleidung hinzugekommen. Wir hatten jetzt auch Unterwäsche, Schlafanzüge und Sportsachen. Lion freute sich offenkundig und betrachtete die neuen Sachen. Ich setzte mich aufs Bett, legte die Kleidung vor mir zurecht und versank in Gedanken.
    Das alles hier ist doch keine billige synthetische Kleidung wie die, die an moralisch nicht gefestigte arbeitsscheue Leute ausgegeben wird. Es ist teure Kleidung aus Pflanzen, aus Baumwolle und Leinen. Und Leinen wächst ausschließlich auf der Erde. Das weiß jeder, überlegte ich.
    Als mir meine Eltern echte Jeans aus Baumwolle geschenkt hatten – das war vielleicht ein Feiertag! Natürlich ist Neu-Kuweit viel reicher als Karijer, aber trotzdem... Aus welchem Grund wurden wir mit diesen Geschenken überschüttet?
    In Gedanken versunken spürte ich nicht sofort, wie sich die Schlange am Körper bewegte. Sie hatte nach wie vor die Form eines Gürtels und kroch nicht aus den Schlaufen, steckte jedoch das Köpfchen nach vorn und schaute damit in alle Richtungen. Dann erstarrte sie, das Maul geöffnet, aber nicht für eine Plasmagarbe, sondern als ob es ein Miniteleskop als Antenne bilden würde.
    Nach einer Sekunde glitt die Schlange über meinen Körper und kroch mir in den Ärmel. Ich blieb still – vielleicht gab es hier nur Abhörgeräte, aber keine Kameras. Ich wartete. Die Schlange kringelte sich um den Arm, kroch danach zur Schulter und berührte den Neuroshunt.
    Vor meinen Augen erschien eine virtuelle Leinwand. Das ganze Zimmer war in Miniquadrate unterteilt. Und diese Quadrate füllten sich sehr schnell mit grüner Farbe... bis eines von ihnen, über dem Türrahmen, rot aufleuchtete. Dorthin tastete sich sofort ein dünner, pulsierender Strahl und das Quadrat leuchtete nun gelb. Die restlichen Quadrate färbten sich grün, weitere rote gab es nicht.
    Ich war im Bilde.
    »Lion, über dem Türrahmen ist eine Wanze.«
    »Hä? Was?« Er hörte sofort auf, seinen Schlafanzug mit tanzenden Elefanten zu bewundern, und blickte erschrocken zur Tür. »Woher weißt du das?«
    »Das Schlangenschwert«, erklärte ich und hob die Hand.
    »Was machst du da?«, flüsterte Lion. »Bist du verrückt geworden?«
    »Es ist alles in Ordnung, das Schlangenschwert hat die Wanze ausgeschalten«, beruhigte ich ihn. »Nein, nicht einfach ausgeschalten, sondern viel besser...«
    »Na was?«
    Die Schlange hatte natürlich nicht mit Worten zu mir gesprochen. Aber ich wusste trotzdem, was genau sie gemacht hatte. Und ich versuchte es, so gut ich konnte, zu erklären.
    »Sie hat die Wanze umprogrammiert: Die sendet weiterhin Bild und Ton, aber als Aufzeichnung. Aus Teilen von vorhergegangenen Mitschnitten. Wenn man genau hinschaut, kann man Ungereimtheiten feststellen, aber man muss schon sehr genau hinschauen. Gleich schaltet die Schlange die Wanze wieder ein, und wir müssen uns benehmen, als ob nichts wäre. Und so viel wie möglich bewegen, allen möglichen Blödsinn quatschen... Damit wir für später, wenn die Wanze wieder abgeschaltet werden soll, daraus eine falsche Aufzeichnung zusammenschneiden können.«
    »Alles klar«, sagte Lion betrübt. Er hatte sich schon darüber gefreut, dass wir endgültig von der Abhöranlage befreit waren.
    »In der Nacht machen wir sie aus«, ermunterte ich ihn. »Dann können wir uns unterhalten. Also, setz dich dorthin, wo du gesessen hast!«
    Lion seufzte und beugte sich über den Schlafanzug. Ich gab der Schlange den Befehl und begann ebenfalls meine Sachen anzuschauen.
    In der Kleidung waren Gott sei Dank keine Wanzen versteckt. Ziemlich komisch! Vielleicht ging man davon aus, dass wir auf der Straße nicht beobachtet werden mussten, oder wir wurden sogar verfolgt. Und die zweite Variante wäre gefährlich für uns. Wir hatten bisher ohne jegliche Vorsichtsmaßnahmen miteinander gesprochen.
    »Ich hatte schon einmal einen Schlafanzug mit Igeln«, sagte Lion. »Einen sehr schönen...«
    »Und, ist er kaputtgegangen?«
    »Nein, zu klein geworden. Jetzt hat ihn Sascha. Tikkirej, hast du Lust auf Schach?«
    Ich wollte erwidern, dass ich nicht gerne Schach spiele, aber Lion fügte mit listiger Stimme hinzu:
    »Wir spielen doch eigentlich jeden Tag Schach. Und heute haben wir noch kein einziges Mal gespielt.«
    Das war

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