Das Schlangental - Neal Carey 3
Handtuch und ein Stück Seife.
»Wagen 3. Und tu dir einen Gefallen, Cowboy, dusch diesmal vorher , die strenge Lehrerin mag schmutzige kleine Jungs gar nicht leiden.«
Ein ungeduschter Neal saß auf dem lila Laken, als Doreen die Tür öffnete und hereinmarschierte. Wie versprochen trug sie einen Holzstock, ein langes bedrucktes Kleid, und hatte ihr hellbraunes Haar zu einem strengen Dutt gebunden. Sie sah aus, als wäre sie Ende zwanzig. Sie war groß und dünn. Sie blitzte ihn mit ihren blauen Augen an. Der Ärger, den sie spielte, war nicht sehr überzeugend.
»Steh auf, wenn ich ins Zimmer komme!« befahl sie.
»Spar dir den Auftritt, Doreen. Ich will bloß reden.«
Sie setzte sich neben ihn aufs Bett. »Ich werd’ dir nicht die Geschichte meines Lebens erzählen, falls du darauf hoffst.«
Aus der Nähe betrachtet war sie älter, als Neal gedacht hatte. Jetzt hielt er sie für Mitte dreißig und vermutete, daß sie diesen kleinen Auftritt hier ins Programm genommen hatte, um ihr Arbeitsleben noch ein paar Jahre zu verlängern.
»Nein«, sagte Neal. »Ich habe gehofft, du könntest mir was über meinen Kumpel Harley McCall erzählen.«
Sie lehnte sich zurück und lachte.
»Es gibt nur sehr wenig, was ich dir nicht über dieses Arschloch erzählen kann«, sagte sie. Ihre Stimme klang hart und verbittert. »Aber warum sollte ich?«
In diesem Augenblick wußte Neal bereits, daß McCall schon wieder verschwunden war.
»Warum nicht, wenn er ein Arschloch ist?« fragte er.
Sie sah ihn an.
»Du bist kein Freund von Harley«, sagte sie.
»Du auch nicht.«
»Aber deswegen sind wir noch lange keine Freunde.«
Neal stand auf und holte seine Brieftasche aus seiner Hosentasche. Er legte fünf Hunderter aufs Bett. »Aber vielleicht deswegen.«
Doreen betrachtete das Geld und grunzte. »Ich bin«, sagte sie, »immerhin eine Hure. Meinst du das?«
»Ungefähr.«
»Tja, da hast du ungefähr recht.«
Sie schaufelte das Geld zusammen und stopfte es in die Tasche ihres Kleides.
»Harley ist vor einer Weile mit dem kleinen Jungen hier gewesen«, sagte sie. »Deswegen suchst du wahrscheinlich nach ihm, oder?«
Neal sagte nichts.
»Okay«, sagte sie. »Er hatte ‘nen Job als Aufseher der Nachtschicht. Bobby hat ihm und dem Jungen einen der Wohnwagen hinten zugewiesen, das gehörte zum Deal. Harley und ich haben uns am zweiten Tag, den er hier war, zusammengetan. Er sieht verdammt gut aus. Ich hab’ sogar auf die Tagesschicht gewechselt, damit ich nachts auf Cody aufpassen konnte. Hab’ für ihn gekocht, hab’ mit ihm Fernsehen geguckt, ihn zu Bett gebracht. War ganz schön. Ich schätze, ich hab’ mir vorgestellt, das könnte eine echte Familie werden, hat aber nicht geklappt.«
»Was ist passiert?«
»Da ist ein Schwarzer hierher gekommen, von einer der Stationen um Fallon. Hat mich ausgesucht. Harley hat Wind davon bekommen und ist durchgedreht. Hat sich besoffen und Sachen gesagt.«
»Was für Sachen?«
»Du willst viel für dein Geld.«
»Es ist viel Geld«, entgegnete Neal.
»Er hat gesagt, er würde nicht mal daran denken, sein Ding dahin zu stecken, wo ein Nigger sein’s hatte, hat mich eine beschissene Hure genannt. Schätze, er hat recht. Das ist keine Arbeit für eine weiße Frau. Jedenfalls hat er seine Sachen gepackt, hat Cody in den Pick-up gesetzt und ist abgezischt.«
Sie klemmte sich ein Kissen hinter den Kopf und lehnte sich gegen die Mauer.
»Weißt du, wohin er gefahren ist?« fragte Neal.
»Vielleicht. Wir haben viel darüber geredet, weil wir gemeinsam hin wollten. In der Nähe von Austin gibt es eine Ranch, auf der sie Leute suchen. Harley kannte den Besitzer aus Kalifornien, ein paar seiner Kumpels arbeiten da. Wir haben hier bloß gearbeitet, um Geld zu sparen, um uns irgendwann unser eigenes Ding zu leisten. Ich bin sicher, er ist ohne mich dahin gefahren. Ich hab’ sogar daran gedacht, selber nach ihm suchen zu gehen, um rauszufinden, ob … Findest du, das war jetzt deine fünfhundert wert?«
»Erinnerst du dich an den Namen der Ranch?« fragte Neal, aber er glaubte nicht wirklich, daß er so viel Glück haben würde.
Sie schüttelte den Kopf. »Den hat das Arschloch nie gesagt. Vielleicht hatte er die ganze Zeit vor, mich hier sitzen zu lassen.«
»Wie lang ist das jetzt her?«
»Ich schätze, ungefähr ‘nen Monat.«
Na, immerhin kommen wir der Sache näher, dachte Neal. »Okay, danke.«
Sie richtete sich auf und bedachte ihn mit einem gemeinen, wissenden
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